Die erste Schicht mit Phil nach dieser Nacht verlief holperig, doch dann wurde es allmählich wieder normal zwischen uns. Obwohl unser Verhältnis seitdem, sagen wir mal, angeknackst ist. Woran auch immer das liegt, einen wirklichen Grund sehe ich nämlich nicht. Doch schlaflose Nächte hatte ich seitdem ständig. Irgendwann kam mir eine Frage in den Sinn, die mir seitdem unermüdlich durch den Kopf schwirrt. Was wäre, wenn Phil und ich miteinander geschlafen haben und ich schwanger bin? Die Pille nehme ich nicht, und ob Phil und ich in solch einer Trunkenheit an Verhütung denken, weiß ich nicht.
Mal wieder sitze ich im Aufenthaltsraum, die Nachtschicht ist fast herum, und zähle die Tage, bis ich meine Regel bekommen müsste. Das Ergebnis ist ernüchternd. Vor drei Wochen war diese Nacht, eine Woche bin ich bereits überfällig. Angst steigt in mir empor, ich probiere, mich zu beruhigen. Meine Regel war noch nie wirklich eingespielt, also keine Panik. „Sofia? Sofia!", Paula wedelt mit ihrer Hand vor meinem Gesicht herum. „Mhm? Hast du was gesagt?", verwirrt gucke ich sie an. „Wo du nur wieder mit deinen Gedanken bist. Na ja, jedenfalls wollte ich dich fragen, ob wir heute mal wieder zusammen was machen wollen?" „Klar, gerne. Um drei in der Stadt?", ich bemühe mich um einen unbeschwerten Ton. Etwas skeptisch nickt sie, lässt es jedoch auf sich beruhen.
Die Uhr zeigt kurz vor 6 Uhr, als ich wie aus dem Nichts aufspringe und zum Klo renne. Auf dem Weg dorthin renne ich beinahe Phil um, der jetzt die Ablösung für Paula ist. Dieser guckt mich verdattert an, doch das ist mir egal. Auf dem Klo übergebe ich mich einmal, danach geht es mir wieder blendend. Während ich so über dem Klo hänge und warte, ob noch etwas kommt, klopft es an der Tür. „Sofia? Alles okay?" Phil. „Ja, alles gut", antworte ich, spüle und komme wieder aus der Kabine. Dann spüle ich mir erst mal den Mund aus, wasche meine Hände und drehe mich um. Phil steht mit skeptischem Blick noch immer da. „Du siehst ja gar nicht scheiße aus", stellt er überrascht fest, greift nach meinem Handgelenk und fühlt den Puls. „Vielen Dank für das nette Kompliment, aber wieso sollte ich auch scheiße aussehen?" „Du hast dich doch da gerade übergeben, oder?" Ich zucke nur mit den Schultern. „Ja, aber mir geht es wieder gut, wirklich." Mit einer hochgezogenen Augenbraue erwidert er: „Ooookay, wenn du das meinst." Überzeugt klingt er nicht. „Wirklich Phil, alles gut. Kann ich jetzt bitte? Ich habe jetzt Feierabend", mit dem Kopf deute ich auf die Tür der Frauentoilette, die er mir gerade versperrt. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren verlässt er die Toilette, ich folge ihm. Auf dem halben Weg dreht er sich plötzlich nochmal um. „Ach Sofia, ich wollte fragen, ob du vielleicht morgen Abend Zeit hast, dass wir uns treffen und mal reden können." „Klar", antworte ich so gleichgültig wie nur irgendwie möglich. „Dann bin ich um 6 bei dir", damit ist er dann wirklich weg.
Was war das jetzt mit der Übelkeit? Ich würde ja auf einen Virus tippen, aber dafür würde es mir jetzt scheiße gehen. Ich ziehe gedankenverloren in Erwägung, mir heute in der Stadt einen Schwangerschaftstest zu kaufen. In der Hoffnung, dass das mit meiner Regel einfach nur in den nächsten Tagen kommt und die Übelkeit von schlechtem Essen war.
In der Stadt probiere ich, mich einfach mal abzulenken, doch das will irgendwie nicht so wirklich klappen. Irgendwann halte ich es einfach nicht mehr aus. „Paula, ich muss noch in die Apotheke", sage ich, als wir gerade in einem Café sitzen. „Wieso das denn?", fragt sie etwas überrascht. Ich druckse herum. „Na ja, also.... Ich.... Da gibts.... Ich möchte einen Schwangerschaftstest holen." Sie holt hörbar Luft und starrt mich durch geweitete Augen an. „Gibt es da etwas, was du mir sagen möchtest?" „Später, okay? Mal gucken, wie das Ergebnis ausfällt. Außerdem möchte ich mir jetzt nicht noch den Nachmittag versauen. Aber wäre es okay für dich, nachher zu mir zu kommen und dabei zu sein?" „Aber sicher doch, das ist doch selbstverständlich." Dann wechselt sie das Thema. Und dafür liebe ich Paula so. Sie ist verständnisvoll und hakt nicht weiter nach, wenn man einmal sagt, man möchte jetzt nicht darüber reden. Abgesehen davon kann ich mit ihr eh über alles reden, aber manches braucht eben so seine Zeit.
Die Wartezeit ist unerträglich. Wie ein aufgescheuchtes Tier im Gehege tigere ich im Wohnzimmer hin und her, darauf versteift, nicht wie eine Irre auf diesen Teststreifen zu gucken. Paula sitzt einfach ruhig auf der Couch und sagt nichts. Dafür bin ich ihr gerade so unglaublich dankbar. Einfach für ihre Anwesenheit und seelische Unterstützung.
Ihr Handywecker lässt mich so erschrecken, dass ich einen Satz nach hinten mache, mit zusammengekniffenen Augen nach dem Test greife und mich neben Paula setze, die ebenfalls ihre Augen geschlossen hat. „Auf drei?", frage ich und halte die Luft an. „Auf drei. Eins, zwei drei." Gleichzeitig reißen wir die Augen auf. Vorher haben wir beide studiert, wie er aussehen muss, wenn er positiv ist. Augenblicklich steigen mir die Tränen in die Augen. Scheiße, scheiße, scheiße! „Das hat erst mal noch gar nichts zu sagen. Du weißt, dass solche Tests auch spinnen können. Mach dir aber sofort einen Termin bei deiner Frauenärztin." „Solche Tests können vielleicht spinnen, aber in Verbindung mit den Symptomen? Eine Woche überfällig, Übelkeit, Müdigkeit", zähle ich verheult auf. „Weißt du denn, wer der Vater ist?" Entrüstet gucke ich sie an. „Natürlich weiß ich das. Denkst du, ich steige mit jedem Typen ins Bett, der nicht bei drei auf dem Baum ist? Es kann nur einer sein, denn er ist der einzige, mit dem ich innerhalb des letzten Jahres geschlafen hatte." Beruhigend nimmt Paula mich in den Arm. Also stimmt es, Phil und ich haben vor drei Wochen ernsthaft miteinander geschlafen. Wir hätten niemals so viel trinken dürfen. „Hast du denn noch Kontakt mit ihm? Immerhin hat er ein Recht darauf, zu erfahren, dass er Vater wird." „Es war ein One-Night-Stand", nuschele ich unter Tränen und löse mich aus ihrer Umarmung. „Trotzdem kannst du ja die Nummer haben und dich mit ihm treffen, um zu reden, oder?" „Verdammt, Paula, es ist Phil!", bricht es nun aus mir heraus, begleitet von Tränenbächen. Verzweifelt vergrabe ich mein Gesicht in meinen Händen. Und dann bricht wirklich alles aus mir heraus. „An Weihnachten sind wir zu zweit in eine Bar gegangen. Wir haben so viel getrunken, dass wir uns nicht mal mehr erinnern können, wie wir bei mir gelandet sind. Am Morgen sind wir jedenfalls nebeneinander in meinem Bett aufgewacht. In Unterwäsche. Dabei haben wir uns so erschrocken, dass er aus dem Bett gefallen ist. Daher kamen auch seine Schmerzen am Steißbein. Keiner von uns wusste, ob wir miteinander geschlafen haben, weil wir einfach zu dicht waren." Paula weiß offensichtlich so gar nicht, was sie darauf sagen soll. Sie nimmt mich einfach erneut in den Arm und beruhigt mich. „Du liebst ihn, oder?", flüstert sie plötzlich. Verdutzt gucke ich sie an. „W-woher weißt du das?" „Das sehe ich. Mann Sofia, du bist meine beste Freundin. Denkst du ernsthaft, ich bekomme das nicht mit?"
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Zufälle verbinden (Asds)
FanfictionSofia zieht nach Köln, um Neues zu erleben. Doch gleich ihr erster Tag gestaltet sich anders als erwartet. Öfter als gedacht kreuzen sich die Wege mit bestimmten Personen, was sehr bald zur Regelmäßikeit wird. Wird aus dieser Freundschaft auch Liebe...