Sofias Sicht
Immer mehr Leute kommen in den Kreißsaal. Ganz hinten Linda. „Wo ist Phil?", fragt sie leicht entsetzt. „Einsatz. Natürlich mal wieder mein Glück. War doch klar. Weißt du, den ganzen Tag verbringe ich in der Wache und dann, genau dann, wenn die Kinder kommen, wird er nur Sekunden vorher zu einem Einsatz gerufen." Bevor Linda etwas sagen kann, gehen zwei Melder los. Paulas und Francos. Die beiden haben mich noch hierher begleitet und meinten, sie bleiben bis zum nächsten Einsatz oder bis Phil kommt. „Wir müssen. Du meldest dich, wenn die beiden Kleinen da sind. Bei der nächsten freien Zeit kommen wir euch dann besuchen." Paulas Augen funkeln. Sie freut sich extrem auf die beiden, zumal sie und Alex auch langsam in die Kinderplanung gehen wollen. Die zwei sind wirklich glücklich miteinander und ein Kind von den beiden? Das kann ja nur was werden.
Stürmisch wird die Tür zum Kreißsaal aufgerissen und Phil erscheint atemlos neben mir. Der wird gerade in Lichtgeschwindigkeit durch die ganze Klinik gerannt sein. „Phil du Arsch, da bist du ja endlich!", schreie ich den Schmerz der gerade gekommenen Wehe aus. „Was eine nette Begrüßung. Tut mir leid Schatz, dass ich nicht früher konnte. Habe gerade erst den Patienten hier abgeliefert und bin dann sofort zu dir, nachdem Charlotte mich informiert hat." Er gibt mir einen Kuss auf die Stirn und nimmt meine Hand. Die Wehen kommen in sehr geringen Abständen und laut der Ärztin ist die Geburt weit fortgeschritten. Der Kreißsaal wimmelt nur so vor Personal, immerhin muss bei einer Zwillingsgeburt ja alles doppelt vertreten sein. „Drück einfach ganz fest meine Hand, wenn die nächste Wehe kommt", spricht Phil beruhigend auf mich ein, streicht über meinen Kopf und verteilt sanfte Küsse auf meiner Stirn. Kaum zwei Minuten später kommt die nächste Wehe. Und ich drücke wirklich fest zu. „Und dann hatten wir nicht mal etwas vom Spaß beim Machen der Kinder", beschwere ich mich, nachdem der Schmerz nachgelassen hat. Die einzigen beiden, die hier lachen, sind Phil und Linda. Linda ist mal wieder vertreten und steht an meiner Seite. Die anderen gucken uns verwirrt an. Nur Linda habe ich die ganze Geschichte erzählt. Mit den anderen stehe ich nicht so gut im Kontakt, dass sie alles wissen müssen. Drei der hier anwesenden kenne ich nicht mal. „Bei der nächsten Wehe musst du pressen!", bekomme ich die Anweisung der Ärztin. Gesagt, getan. Und beim Drücken drücke ich mindestens genauso fest Phils Hand, die nach einer Zeit auch verdächtig knackt. Doch er lässt sich nichts anmerken und lächelt mich weiterhin aufmunternd an. Na wenn ich dem Guten mal nicht die Hand gebrochen habe. Wird sich alles später noch herausstellen.
Das war meine erste Geburt. Und die ging rasend schnell, auch wenn das nicht üblich ist. Sofort setzt das Schreien meines Babys ein. „Ein Mädchen!", verkündet die Ärztin glücklich, Phil durchtrennt die Nabelschnur und mir wird sie auf die Brust gelegt. Doch irgendwas stimmt nicht. Mir ist total schwindelig und ich bekomme alles wie durch eine Glaskuppel mit. „Schatz, alles gut?" Natürlich ist Phil nicht entgangen, dass mit mir etwas nicht stimmt. Dafür ist er zu aufmerksam, kennt mich zu gut und - nicht zu vergessen - er ist selber Arzt. „Irgendwie....", fange ich an zu stottern, werde von einer neuen Wehe jedoch unterbrochen und belasse es dabei. Mit letzter Kraft bringe ich fünf Minuten später auch unser zweites Kind zur Welt. Jedoch sind alle Stimmen total schwammig, wirr. Ich schnappe Wörter wie ‚Blutverlust' und ‚schnell gehen' auf, kann sie jedoch nicht wirklich zusammensetzen. Was mich an dieser Situation jedoch am meisten stört: ich habe das Kind nicht schreien hören. Die leichte Hektik, die im Kreißsaal ausbricht, bekomme ich schon gar nicht mehr wirklich mit. Mir wird das erste Kind abgenommen. Ein Junge? Ein Mädchen? Ich weiß es schon gar nicht mehr. Die ganze Umgebung scheint zu verschwimmen. „Sofia, Schatz, bleib bei uns." Phil tätschelt meine Wange, doch ich kann nicht. Mein Sichtfeld verkleinert sich immer mehr, bis mir schließlich die Augen ganz zufallen. Nur noch etwas wie ‚Blutsturz' schnappe ich schwirrend auf. Doch das Schreien meines Babys war bis da noch immer nicht zu hören.
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Zufälle verbinden (Asds)
FanfictionSofia zieht nach Köln, um Neues zu erleben. Doch gleich ihr erster Tag gestaltet sich anders als erwartet. Öfter als gedacht kreuzen sich die Wege mit bestimmten Personen, was sehr bald zur Regelmäßikeit wird. Wird aus dieser Freundschaft auch Liebe...