17 - Doppelt hält besser

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„Ich dachte, es würde keiner merken. Aber gut. Kannst du mir sagen, wie ich es ihm morgen sagen soll?" „Morgen?", ihre Stirn legt sich in Falten. „Ja, er hat mich vorhin auf der Wache abgefangen und gefragt, ob wir uns morgen treffen können. Er möchte mit mir reden." „Mh. Weißt du, es kommt, wie es kommt. Du könntest das jetzt so oft üben, morgen würde es eh komplett anders kommen." Langsam nicke ich. „Würdest du mich vielleicht zum Arzt begleiten?" Ohne zu zögern antwortet Paula: „Natürlich! Wie wäre es damit, dass wir morgen vor der Schicht in die Klinik gehen? Die werden uns schon dazwischenschieben." Ich nicke nur. „Und da wäre noch etwas....", fange ich leise an. „Das wäre?" „Könntest du heute vielleicht hier schlafen?", frage ich zögerlich. „Auf jeden Fall, ich lasse dich doch jetzt nicht allein. Ich muss nur kurz Alex Bescheid sagen, sonst macht er sich Sorgen."

Paula hat mit mir in meinem Bett geschlafen, so ging es mir einfach besser. Tausende Male musste sie sich ein Dankeschön von mir anhören, was sie mittlerweile schon komplett ignoriert. Nun parkt sie ihr Auto auf dem Mitarbeiterparkplatz der Klinik. Ist näher am Eingang, wir sind bekanntlich faul. Plötzlich greift sie nach meiner Hand. „Hey Süße, alles wird gut. Du hast mir doch mal gesagt, dass du dir sowieso Kinder wünscht, mh?" „Nein, also ja, schon, aber eben nicht so. Ich habe mir immer vorgestellt, dass ich mit meinem Freund zusammen das Kind großziehe, dass das Kind beide Eltern zusammen hat. Nicht so." „Ich bin davon überzeugt, dass Phil dich unterstützen und ein guter Vater wird. Er ist sehr verantwortungsbewusst, glaub mir. Gut, eigentlich weißt du das selber, immerhin müsstest du ihn inzwischen noch besser kennen als ich, so viel wie ihr unternommen habt."

„Paula, Sofia, was macht ihr denn hier?", Linda sitzt an der Schwesternkanzel der gynäkologischen Station, zu der wir sofort gegangen sind. „Wir sind wegen Sofia hier. Hat gerade zufällig ein Arzt Zeit? Egal wer, Hauptsache, ich kenne ihn." Linda hebt eine Augenbraue, greift zum Telefon und telefoniert kurz. „Geht schon mal in den Behandlungsraum, Johanna kommt gleich", antwortet sie kurz darauf und Paula zieht mich in das besagte Zimmer. „Johanna ist eine ganz Liebe, wirklich. Ich habe schon viel mit ihr zusammengearbeitet", redet Paula und lächelt mir aufmunternd zu. Sie arbeitet teilweise auch hier in der Klinik, weshalb sie hierher mehr Kontakte hat, als ich. Ich bin hier mit der Notaufnahme und ihren Ärzten vertraut, Paula mit der dreiviertel Klinik. Nur die neuen Ärzte sind ihr eher unbekannt.

Kurz darauf kommt Linda zu uns, im Schlepptau eine ältere Ärztin. Diese gibt mir nun auch die Hand. „Guten Tag, Johanna Krämer mein Name." „Sofia Wegener", gebe ich nervös zurück, dann wendet sie sich an Paula. „Na Paula, seelische Unterstützung? Wofür eigentlich?" „Sofia hat da etwas, was abgeklärt werden müsste." Und wieder liegt der Fokus auf mir. Kurz und knapp schildere ich ihr die Situation. „Du hast einen Freund? Seit wann denn, du hast mir davon gar nichts erzählt", bemerkt Linda überrascht, während ich mich auf die Liege lege und alles für ein Ultraschall freimache. „Es wäre schön, wenn er mein Freund wäre", seufze ich und bin erneut den Tränen nahe. Glücklicherweise hinterfragt keiner mehr etwas.

Während der kurzen Untersuchung hält Paula meine Hand und guckt gespannt auf den Monitor, ich jedoch drehe meinen Kopf demonstrativ weg. „Also Sofia, du bist schwanger", verkündet Johanna erfreut, wir haben uns auf das Du geeinigt. Erneut kommen mir die Tränen. „Aber da gibt es noch etwas", wendet Paula vorsichtig ein. „Du bekommst Zwillinge", ergänzt sie in einem Atemzug. Mit aufgerissenen Augen und offenem Mund starre ich sie nun an. „Das ist nicht dein Ernst", flüstere ich. „Zwei Kinder auf einen Schlag. Und das ohne Vater", murmele ich verzweifelt und mit tränenerstickter Stimme, während ich meinen Bauch vom Kontaktgel befreie, meine Hose schließe und mich aufsetze. Paula nimmt mich fest in den Arm. „Ich habe dir gesagt, dass er für dich, beziehungsweise für euch, da sein wird. Glaub mir, er ist nicht so, dass er dich jetzt allein sitzenlassen würde", spricht mir Paula gut zu.

Nachdem ich mich bedankt und wir uns verabschiedet haben, verlassen Paula und ich die Klinik mit einem Ultraschallbild. Es sind zwar erst zwei kleine Punkte, aber die Vorstellung, das werden die Kinder von Phil und mir, macht mich fertig. Einerseits könnte ich der glücklichste Mensch sein, doch der Gedanke, Phil und ich sind kein Paar, zerstört alles. Trotzdem werde ich mich in jedem Fall für die Kinder entscheiden. Eine Abtreibung kommt auf gar keinen Fall infrage.

Mit den Worten: „Was macht ihr denn hier?", fängt uns Charlotte in der Notaufnahme ab. Durch die müssen wir gehen, da Paula hier auf dem Mitarbeiterparkplatz geparkt hat. „Wir mussten wegen Sofia etwas abklären, aber alles gut", winkt Paula ab und zieht mich dann weiter. Unglaublich, wie gut mich Paula kennt und Situationen erfasst. Auch Linda und Johanna habe ich nicht gesagt, wer der Vater ist. Einzig allein Paula weiß das.

„Eigentlich darfst du gar nicht mehr arbeiten", Paula wirft mir in der Kabine der Wache einen Seitenblick zu. Schulterzuckend schließe ich gerade meinen Gürtel der Arbeitshose. „Ich weiß, aber ich habe die letzten drei Wochen auch schwanger gearbeitet. Außerdem würden alle sofort fragen, was denn los sei. Zuerst sollte ich Phil aber erst mal verklickern, dass er ungewollt Vater wird." „Wann hast du dir das denn vorgestellt?" „Frag mich bitte was anderes", seufze ich und lasse mich verzweifelt, wie ich es seit gestern eigentlich durchgängig bin, auf die Bank fallen. Paula tut es mir gleich. Meinen brummenden Kopf voller Fragen lasse ich gegen die kühle Wand sinken und schließe die Augen. „Er wollte heute Abend doch zu mir kommen und mit mir reden. Hat er gestern jedenfalls gesagt." „Na dann sagst du es ihm heute Abend, ist doch gut." „Ich weiß aber nicht, ob ich ihm so unter die Augen treten kann, wenn er es nicht weiß. Und er hat jetzt immerhin auch Dienst." „Hey, das wird schon. Zur Not gehst du mit ihm in eine ruhige Ecke und sagst es ihm jetzt schon. Und bitte tue mir den Gefallen und lasse dich vom Einsatzdienst freistellen. Denk an deine Kinder." „Meine Kinder, das klingt irgendwie falsch."




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