29 - Ende gut, alles gut?

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Da kommt Paula auch schon aus der Küche. „Phil ist noch immer tief bewusstlos. Kommt er uns im RTW nicht wider erwartend wieder, intubiere ich. Sofia, möchtest du ein Beruhigungsmittel?" Ich schüttele nur den Kopf. „Okay, dann kannst du schon mit Franco nach unten in den RTW gehen. Wir kommen gleich mit Phil nach."

„Phil, komm jetzt langsam mal zurück", nuschelt Paula und reibt ihm stark über das Brustbein, was allein beim Zugucken schon wehtut. Meine Augen brennen, die Tränen sind jedoch versiegt. Zu viel habe ich heute schon geweint. Unerwartet entweicht Phil ein kleines Stöhnen. „Lass das", haucht er plötzlich. „Phil! Du bist wach!", schreie ich und mir kommen nun doch wieder Tränen. Wo ich sie auch immer herhabe. „Sofia?", fragt er mit dünner, belegter Stimme. „Ja, ich bin hier." Seine Hand sucht nach meiner, ich gebe ihm sie und er drückt fest zu. Na ja, es gelingt ihm eher schlecht als recht. „Mein Kopf", stöhnt er leise. „Hast du Kopfschmerzen?", hakt Paula sofort nach. Phil nickt nur. „Franco, zieh mir mal etwas Aspisol auf." „Was ist überhaupt passiert? Ich kann mich nur noch daran erinnern, dass ich mich mit Sofia gestritten habe." Eine kurze Pause entsteht. „Ist mit dir und den Kindern alles okay? Du hattest doch Schmerzen", hängt er nun noch ran. Paulas und Francos Blicke schnellen zu mir. „Ja, sie haben sich anscheinend gestritten. Da war was los, die beiden haben so gestrampelt, da hat das eben manchmal wehgetan. Aber es ist alles gut, wirklich." Franco reicht Paula das gewünschte Medikament und sie verabreicht Phil das durch den Zugang, jedoch haben beide noch einen skeptischen Blick wegen meiner Aussage im Gesicht.

Phil starrt an die Decke. Für eine Nacht muss er in der Klinik bleiben, zur Beobachtung. Außerdem warten wir noch auf die Ergebnisse zahlreicher Untersuchungen, die zeigen sollen, woher seine Bewusstlosigkeit denn kam. Ich kann seinen Blick nicht ganz deuten. Zwischen Enttäuschung und Wut scheint alles dabei zu sein. Verloren stehe ich im Raum, ringe nach Worten, doch keines scheint passend. Mein Puls rast, wie ich merke, als ich diesen unauffällig überprüfe. So setzt mir diese ganze Situation zu. „Es tut mir leid", flüstere ich schließlich und senke den Kopf. Ein Rascheln ist aus Phils Richtung zu hören. Bis jetzt hat er kein Wort mehr mit mir geredet, nach seiner Frage im RTW. „Schon gut." Seine Stimme klingt belegt. „Nein, ist es nicht. Ich war so eine Idiotin und habe dir nicht geglaubt. Und das tut mir unglaublich leid." „Ja, das stimmt. Es war doof von dir, mir nicht zu glauben. Ziemlich idiotisch, da gibt es nichts schönzureden. Es hat mich verletzt, Sofia." Seine Worte schneiden mir wie Messer durchs Herz. Ich habe ihn verletzt. Den Mann, den ich nie verletzen wollte, den ich über alles liebe. Bevor ich zu einer erneuten, eigentlich nutzlosen Entschuldigung ansetzen kann, holt er Luft und redet weiter. „Aber weißt du, das war ein Streit. Unser erster Streit. Ziemlich beschissen fühlt sich das an, um es mal einfach auszudrücken. Jedoch gehört Streit zu einer Beziehung dazu, und wir müssen eben noch lernen, wie wir dem anderen gegenüber damit umzugehen haben. So ein Streit ändert aber nichts daran, dass ich dich liebe, mehr als alles und jeden. Außerdem hat das heute doch so gesehen nur bewiesen, wie sehr du mich doch liebst. Ich meine, dir wäre es egal gewesen, wenn ich etwas mit einer anderen Frau hätte und du mich nicht so lieben würdest. Verstehst du?" Sein Schmunzeln ist in den letzten beiden Sätzen nicht zu überhören. Zaghaft gucke ich nach oben und unsere Blicke treffen sich sofort. Er sitzt aufrecht im Bett und scheint mich die ganze Zeit schon angeguckt zu haben. Er lächelt mich sanft an. „Komm mal her. Ich kann nicht lange sauer auf dich sein", mit ausgebreiteten Armen guckt er mich erwartungsvoll an. Das lasse ich mir nicht zweimal sagen und liege kurz darauf in seinen Armen. Wie schon so oft am heutigen Tage kommen mir Tränen. Ich schiebe dieses ganze Gefühlswirrwarr einfach auf die Hormone der Schwangerschaft. „Hör auf zu weinen, es ist doch alles wieder gut. Ich hoffe, du glaubst mir jetzt wenigstens." „Ich werde dir nie wieder nicht glauben", nuschele ich mit brüchiger Stimme. Er drückt mich nur noch ein wenig fester. „Ich liebe dich", schiebe ich schnell hinterher. „Ich dich auch."

So verharren wir eine Weile, bis mich ein erneuter Tritt zucken lässt. „Ouh", entweicht es mir. Das war heftig. „Ist was?", Phil drückt mich von sich weg und guckt mich forschend an. Wortlos nehme ich seine Hände, die ich auf meinen Bauch lege. Und das Gestrampel geht weiter. „Sie sind auch froh, dass sich Mama und Papa wieder vertragen haben", stellt er grinsend fest.

Eine Hand löst sich nach kurzer Zeit von meinem Bauch und greift zielsicher zum Schwesternknopf. „Phil? Ist was mit dir?", frage ich ziemlich verwirrt. „Schatz, bleib jetzt ganz ruhig, okay? Keine Panik, es ist alles gut", spricht er sanft und probiert, seine eigene Panik zu verstecken. So wirklich gelingen will ihm das aber nicht. Seine Nervosität und Sorge sind ihm ins Gesicht geschrieben.

„Hä, was ist denn los? Ich verstehe dich nicht." „Merkst du das denn nicht?" „Was soll ich denn merken?", stelle ich eine Gegenfrage und habe somit auch seine beantwortet.




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