42 - Die Ruhe vor dem Sturm

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Auch Phils erster Arbeitstag ist super verlaufen und hat mit einer netten Begrüßung begonnen. Der Alltag, in dem Phil und ich beide wieder arbeiten, hat sich schnell eingependelt. Wir arbeiten beide jedoch nur noch Teilzeit, was eine große Erleichterung ist. Zweisamkeit kommt bei uns nicht mal zu kurz, was echt ein Wunder ist.

Komplett fertig komme ich von einem anstrengenden Arbeitstag wieder nach Hause. Phil hat heute und morgen Frei und bleibt mit den Kindern zu Hause. Nachdem ich die Tür aufgeschlossen habe, ist es mucksmäuschenstill. Diese Stille macht mir jedoch etwas Angst. Wie spät ist es? Erst siebzehn Uhr. Da sind die Kinder eigentlich noch nicht im Bett. Auch der Fernseher läuft nicht. Mit schnellen Schritten gehe ich ins Wohnzimmer und fange direkt an zu grinsen. Phil liegt mit völlig zerzausten Haaren auf der Couch, links und rechts ein Kind im Arm, die an ihn gekuschelt beide schlafen. Auch Phils Augen sind zu und er schläft, zu hundert Prozent. Sonst hätte er mich ja bemerkt. Mein Blick schweift durchs Wohnzimmer. Das pure Chaos. Überall liegen Spielzeuge verteilt auf dem Boden, als wäre eine Bombe eingeschlagen. Na hier wird was los gewesen sein. Schnell ein Foto gemacht und auf ins Badezimmer, wo ich dusche. Danach setze ich mich leise auf die Couch und beobachte meine drei Lieblingsmenschen. An ihnen könnte ich mich niemals sattsehen.

Es vergeht bestimmt eine halbe Stunde, bis Phil langsam seine Augen öffnet und sich kurz verwirrt umguckt. „Ihr scheint Spaß gehabt zu haben", stelle ich grinsend fest. Phil zuckt zusammen, was auch Mila und Leni aufweckt, die sich nun langsam in Phils Armen drehen und sich die Augen reiben. „Seit wann bist du denn da?" Seine Stimme klingt noch total verschlafen. „Seit einer Dreiviertelstunde ungefähr. Aber ihr saht so süß aus, da konnte ich euch nicht wecken." Jetzt nehmen mich auch Mila und Leni wahr. Sie stehen beide auf, wobei Leni jedoch ihr Gleichgewicht auf der Couch verliert und Phil mit ihrem Po voran ins Gesicht zurückplumpst. Grade noch so kann Phil Lenis Oberkörper greifen, sodass sie nicht direkt auf seine Nase fällt. „Das war knapp", stößt Phil aus und setzt sich hin, noch immer Lenis Oberkörper fest im Griff. Erst, als sie wieder sicher steht, lässt er sie auf mich los. Mila sitzt mir schön längst im Schoß. Nachdem Phil mich mit einem netten Kuss begrüßt hat, verschwindet er mit den Worten: „Ich mache dann mal Abendessen", in der Küche. Ich mache es mir in der Zeit mit den Kindern auf dem Sofa gemütlich.

Phils Sicht

Räuspernd stehe ich vor dem Spiegel im Schlafzimmer. Leni und Mila habe ich gerade zum Mittagsschlaf hingelegt. Ich hole tief Luft. „Ich.... Nein, das mache ich doch jetzt nicht ernsthaft", rede ich mit mir selbst und wende mich dem Spiegel ab. Verwundert über mich selbst halte ich erneut kurz still. Seit wann rede ich mit mir selber? Hilfe, das macht mich alles ganz wirr im Kopf. Um mich etwas zu beruhigen, gehe ich ins Wohnzimmer und schalte den Fernseher ein. Doch konzentrieren kann ich mich nicht. Immer mehr mögliche Wortkombinationen fliegen mir durch den Kopf, doch ich kann keine für länger als zehn Sekunden im Kopf behalten. Immer wieder klingt es anders. Instinktiv geht meine Hand zu meiner Hosentasche und fühlt eine quadratische Schachtel. Gut, ist noch da. Und jetzt?

Mit wippendem Bein warte ich auf die ersten Laute meiner Kinder, die ich mir sehnlichst wünsche, um endlich mal wieder etwas machen zu können. Ich sitze in deren Zimmer und gucke sie abwechselnd an. Das könnte ich Stunden machen. Langsam fängt sich Leni an zu bewegen, bis sie sich schließlich aufrecht hinsetzt. Ein leises „Papa" murmelt sie, während sie sich die Augen reibt. Einzelne Wörter, unter anderem Mama und Papa, können sie schon sagen. Freudig nehme ich sie aus dem Bett und ziehe sie um, danach ist auch Mila aufgewacht. Nachdem ich Mila ebenfalls umgezogen habe, gehe ich mit den beiden zum nächstgelegenen Blumenladen und kaufe einen großen Blumenstrauß.

„So meine Süßen, ich hoffe sehr, dass sich die Mama nachher freuen wird." Die zwei gucken mich neugierig an, als mein Handy einen Nachrichtenton abgibt. Erst jetzt fällt mir auf, dass Sofia in zehn Minuten kommen müsste. Eine Nachricht von Franco: Wir haben gerade einen Autounfall bekommen. Wird länger dauern, du musst dich leider noch gedulden. Aber dafür hast du jetzt mehr Zeit, falls du noch etwas vorbereiten willst. ;) Ich seufze. Na schön, das wird meine Aufregung ja nur von Minute zu Minute steigern. Aber so ist eben unser Job.

Eine Stunde vergeht. Nichts. Zwei Stunden vergehen. Nichts. Muss wohl ein großer Unfall gewesen sein. Kurz hoffe ich, dass Sofia nicht allzu schlechte Laune hat, wenn sie nach Hause kommt. Doch im nächsten Moment finde ich diesen Gedanken den Betroffenen und Angehörigen gegenüber, die bei eben diesem Unfall gerade womöglich um das Leben kämpfen oder bangen, egoistisch. Immerhin kann ich froh sein, dass Sofia als Retterin vor Ort ist, nicht als Opfer.

Ich setze gerade zu einer neuen Runde Turmbauen an, da Leni und Mila so einen Spaß daran haben, diese dann wieder umzukippen, als mein Handy klingelt. Ich erschrecke mich kurz, da ich damit nicht gerechnet habe. Zu sehr war ich in Gedanken vertieft. Franco ruft mich an. Mit der Erwartung, von ihm: „Sofia kommt gleich, mach dich bereit", oder so ähnlich zu hören, hebe ich ab. Doch allein Francos Stimme beschert mir eine unangenehme Gänsehaut. Die Worte jagen mir im Gegensatz dazu obendrauf eiskalte Schauer über den Rücken, die meine Umwelt zum Drehen bringen.

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Einen schönen Morgen, Tag oder Abend noch :)


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