41 - Babyglück 2.0

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„Kann ich mich darauf verlassen, dass du die Kinder wirklich in den Kindergarten bringst? Insgeheim lässt du sie doch hier", frage ich Phil, während ich an ihm lehne. Ich stehe in der geöffneten Wohnungstür und bin bereit, zu meiner ersten Schicht im RTW nach zwei Jahren aufzubrechen. Über die Schwangerschaft habe ich schließlich auch nur im Büro gehockt. Etwas aufgeregt bin ich schon, muss ich zugeben. „Ja, du kannst dich darauf verlassen. Und jetzt hopp, sonst kommst du zu spät." Er drückt mir einen schnellen Kuss auf den Mund und ich verschwinde zur Wache.

„Nee Leute, nicht euer Ernst. Das ist ja süß!", quietsche ich, als ich den Aufenthaltsraum betrete. Meine Kollegen stehen aufgereiht und breit grinsend vor mir, manche sogar in Zivil. Hinter ihnen ein großes Plakat, auf dem ‚Endlich bereicherst du unser Team wieder' geschrieben steht. Auf dem Tisch stehen ein großer Kuchen und Unmengen an Kaffee. Nacheinander werde ich von jedem in eine feste Umarmung geschlossen, danach gibt es Kuchen. Zum Frühstück. Aber Kuchen kann ich immer essen.

Lange lässt mein erster Einsatz nicht auf sich warten. Gleich mit Notarzt, in diesem Fall springt Paula mit ihrem Fahrer Flo auf. Ich habe mit Franco Schicht.

Gemeldet wurde uns eine bewusstlose Frau in einem Supermarkt, vor dem wir schon von einem Mitarbeiter erwartet werden. Paula eilt ihm vornweg hinterher, wir mit den Materialien im Schlepptau. „Sie soll einfach umgekippt sein. Ohne Grund", schildert der junge Mitarbeiter eher weniger hilfreich. „Wir werden uns das mal angucken. Aber beruhigen Sie sich bitte etwas, sonst haben wir hier gleich zwei Patienten." Kaum hat Paula ihren letzten Satz beendet, bleibt sie abrupt stehen, sodass ich ihr volle Kanne in die Hacken laufe. „Paula, alles gut?", frage ich, nachdem ich mich etwas von diesem kleinen Überraschungsmoment erholt habe. Ich stelle Franco und Flo, die sich schon zur Patientin gehockt haben, die Absauge hin und wende mich dann wieder an Paula. „Paula? Hallo, was ist?" „Mir ist so...." Ihr Körper zittert und sie starrt wie hypnotisiert das rohe Fleisch an. Doch besonders auffällig zittert ihr Kinn. Ohne zu Zögern drehe ich mich zum bereits geöffneten Notfallrucksack, greife nach einer Tüte und halte diese Paula gerade noch so unter die Nase, denn im nächsten Moment übergibt sie sich. „Ich muss hier weg", murmelt sie eher zu sich selbst, bevor sie sich laut an unser Team wendet: „Könntet ihr sie bitte nach draußen bringen? Dann kümmere ich mich sofort um sie." Mit diesen Worten dreht sie sich um und eilt an die Frische Luft, ich ihr hinterher. „Was war denn das gerade?", frage ich etwas entsetzt. „Ich weiß selbst nicht so richtig. Mir ist in letzter Zeit oft übel, wenn ich rohes Fleisch sehe. Aber gerade überkam es mich einfach richtig." Mir schießt sofort ein bestimmter Gedanke in den Kopf, doch bevor ich diesen äußern kann, kommt Flo raus. „Paula, gehts?", fragt er, während er die Trage aus dem RTW holt, vor dem Paula und ich stehen. „Ja, mir geht es richtig gut. Kommt ihr? Dann kümmere ich mich um sie." Flo zieht eine Augenbraue hoch, lässt es aber so stehen.

Die Patientin ist noch immer bewusstlos und Paula und ich sitzen hinten bei ihr. „Also. Du und Alex.... Wie läuft es denn so zwischen euch?", komme ich zu meinem Gedanken zurück. „Perfekt." „Gut. Verhütet ihr?" Paula runzelt die Stirn. Sie scheint auf dem Schlauch zu stehen. „Ja", sagt sie etwas zu langgezogen. Sie scheint zu überlegen, bis es ihr wie Schuppen von den Augen fällt. „Nee, meinst du wirklich?" Ich nicke. „Da kann immer etwas schiefgehen. Aber gerade du als Ärztin musst doch dieses äußert eindeutige Symptom deuten können." „Wenn es nicht um mich geht, dann ja. Aber doch nicht bei mir selbst." „Teste doch mal", schlage ich vor. „Ja, das werde ich wohl machen."

„Ähm, Gisela?" Verwirrt gucke ich hoch. Paula und ich stehen am Empfang und füllen noch etwas aus. Paulas Stimme ist gesenkt, als sie Giselas Aufmerksamkeit hat. „Kannst du mir vielleicht schnell einen Schwangerschaftstest besorgen?", hinterfragt Paula mit einem schiefen Grinsen. „Du bist doch nicht etwa....", fängt Gisela an, kommt dann jedoch wortlos hinter dem Tresen hervor und verschwindet in einem Materialraum, um kurz darauf mit einem Frühschwangerschaftstest zurückzukommen. Heimlich steckt sie Paula diesen zu, um keine Aufmerksamkeit des Personals auf uns zu locken. „Danke."

„Tatsächlich! Ich kann es nicht glauben! Eindeutig!" Paula guckt mich mit strahlenden Augen an und fällt mir um den Hals. Wir stehen in der Frauentoilette, wo Paula gerade den Test gemacht hat. Die anderen müssen sich schon fragen, wo wir bleiben. „Alex und ich werden Eltern! Unfassbar!", quietscht sie weiter und starrt ungläubig auf diesen Teststreifen. Besser gesagt auf den zweiten Test, denn Gisela hat ihr zwei zugesteckt. Es kann ja immer ein Fehler unterlaufen.



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