9 - Sind die immer so?

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Nachdem sich auch die restlichen vorgestellt und erklärt haben, dass Phil und Franco über meinen Fall geredet haben, um ihn zu verarbeiten, kommt auch Phil wieder dazu. „Krass Franco, oder?", richtet er an ihn, danach dreht er sich zu mir. „Wieso hast du nie erwähnt, dass du auch Sanitäterin bist?" Ich zucke mit den Schultern. „Es gab nie eine passende Situation. Außer vorhin, aber ich habe wirklich die Zeit vergessen." „Zum Glück habe ich dich gefragt, sonst hätten wir wahrscheinlich noch ewig gequatscht." Ich steige in Phils Lachen mit ein und nicke, von den anderen kommen nur komische Blicke, also erkläre ich es auch ihnen.

Der Check des NEF ist schnell gemacht und kaum zurück im Aufenthaltsraum, kommt unser erster Einsatz rein. „Wofür sind wir jetzt genau hochgekommen?", fragt Franco lachend, als wir wieder runter in die Fahrzeughalle eilen. Mein Platz ist hinten, Francos hinterm Steuer und Phil setzt sich entspannt auf den Beifahrersitz.

Hinter dem ersten Einsatz steckte eine einfache Schmerztherapie, da ohne Schmerzmittel der Patient nicht transportfähig war. Unspektakulär.

Hier in der Umgebung scheint heute nichts los zu sein, denn als wir wiederkommen, sind noch immer alle da.

Während der restlichen Schicht erzähle ich etwas von mir, aber lerne auch einiges über die anderen kennen. Vor allem mit Paula, die heute neben Phil die zweite Notärztin ist, verstehe ich mich schon super. Aus uns können wirklich gute Freunde werden.

Phil war heute öfter am Handy und ständig haben alle Handys der Anwesenden auf einmal geklingelt. Kurz vor Schichtende fragt mich Phil: „Hast du heute noch was vor?" Verwirrt von dieser Frage schüttele ich mit dem Kopf. „Super", antwortet er nur und widmet sich dann wieder seinem Handy. Kleiner Suchti. Und wieder klingeln Sekunden später alle Handys gleichzeitig.

Alle Ablösen kommen gleichzeitig zu uns in den Raum, weshalb auch wir anderen gleichzeitig Feierabend machen und uns umziehen gehen. In der Frauenkabine sind neben mir noch Paula und Jacky, wir sind die einzigen Frauen gewesen. Wir warten gegenseitig aufeinander und treten gemeinsam vor die Wache, vor der alle Männer schon warten. „Eine Frage, ist das bei euch so üblich? Also immer gemeinsam ablösen und vor der Wache als Gruppe warten?" Statt einer Antwort höre ich nur Lachen, was mich ziemlich verwirrt. „Du kommst jetzt mit", meldet sich endlich Paula zu Wort, hakt sich bei mir unter und zieht mich, komplett überrumpelt von der Situation, hinter der Gruppe hinterher, die sich allmählich in Bewegung gesetzt hat. „Und damit du noch eine Antwort bekommst: Nein, das war heute alles einfach nur geplant. Deswegen auch andauernd die Nachrichten, nicht, dass du denkst, wir wären alle Suchtis und reden nicht miteinander. Gleich kommst du auch noch in die Gruppe rein", kommt es von Phil. „Aha, und was für ein Plan war das? Was soll das hier werden? Eine Entführung?" Wieder lachen alle kurz auf. „Wir gehen ein Willkommensbier mit dir trinken. Es sei denn, du hast absolut keine Lust, dann halten wir dich natürlich auch nicht fest", Paula guckt mich von der Seite an. „Wie lieb von euch. Natürlich habe ich nichts dagegen."

In der Kneipe, zu der sie mich führten, gehen alle zielstrebig an einen Tisch, wo schon drei Personen sitzen. Etwas unbeholfen folge ich ihnen und setze mich auf den einzig freien Platz zwischen Phil und Paula. „Also, das ist Sofia, Sofia, das sind noch Alex, Oliver, genannt Oli und Julia. Alles Notärzte", stellt Phil vor und deutet auf die jeweiligen. Ich nicke. Auch die anderen Namen kriege ich alle noch zusammen und kann sie zuordnen, darin war ich schon immer gut. „Die erste Runde geht auf mich, ich habe noch ein paar Wettschulden einzulösen", seufzt Franco. Bevor ich mein Gesicht überhaupt zu einem Fragezeichen verziehen kann, beginnt er sich schon zu erklären: „Wir haben gewettet, wann Paula und Alex zusammenkommen. Die standen schon ewig auf den anderen. Ich hätte damit deutlich früher gerechnet, die anderen waren ungefähr richtig. Seit einer Woche sind die beiden jetzt ein Paar." „Bitte was habt ihr gemacht?", entfährt es Alex angesäuert, auch Paula sieht entrüstet in die Runde. Anscheinend haben die beiden nichts davon mitbekommen. Die anderen heben entschuldigend ihre Hände, als auch schon die erste Runde kommt.

Beim dritten Bier sind alle schon ganz schön angeheitert. Mir haben zwei für heute gereicht. „Los Sofia, erzähl mal. Wie sieht es bei dir im Thema Liebe aus? Immerhin haben wir hier ein paar reizende Männer. Dustin, Flo und Phil", Franco wackelt mit den Augenbrauen, ich verschlucke mich an meinem Wasser, was Phil mit einem Klopfen auf den Rücken direkt behebt. „Danke", sage ich zu ihm, bevor ich mich an die anderen interessierten Blicke wende. „Mach mal ganz langsam, ich kenne euch erst seit heute. Also gut, dir und Phil bin ich vorher schon begegnet, aber wirklich kennen kann man das nicht nennen. Aber um deine Frage zu beantworten: Ich habe seit fast einem Jahr keinen Freund mehr gehabt. Was auch immer du jetzt vorhast." „Na dann, gut zu wissen. Du passt gut mit Phil zusammen", kommt es Franco locker über die Zunge. Verlegen gucke ich den genannten kurz an, unsere Blicke treffen sich. Er ist mein Typ vom Aussehen her, ohne Zweifel, das ist mir schon bei meinem Unfall aufgefallen, obwohl ich dort nicht wirklich da war. „Sag mal, wurde dir etwas ins Trinken gemischt?", frage ich und schüttele lachend den Kopf. „Bei Alkohol haut er immer alles raus, was ihm im Kopf herumschwirrt, daran gewöhnst du dich mit der Zeit noch", setzt mich Paula in Kenntnis, die nach dem zweiten Bier ebenfalls nur noch ein Wasser bestellt hat.

Alles in allem war es eine super entspannte und witzige Runde. An die kann ich mich wirklich gewöhnen und ich fühle mich jetzt schon pudelwohl. Als würde ich sie schon ewig kennen. Trotz der ruhigen Schicht falle ich Abends todmüde ins Bett. Zu viele neue Eindrücke, schätze ich.




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