2 - Glück im Unglück

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Gewusel um mich herum bekomme ich schwammig mit. Meine Lider sind schwer wie Blei. Wie, als würde mein Körper wissen wollen, was los ist, bekomme ich die Übergabe des Notarztes an das Klinikpersonal mit. „Sofia Wegener, 24 Jahre alt, wurde von einem PKW mit geschätzten 40 km/h angefahren, Claviculafraktur, vermutlich SHT zweiten Grades, stark bradykard und sehr hoher Verdacht auf Milzruptur. Ist uns am Unfallort einmal kurz zu sich gekommen, ein zweites Mal kurz im RTW, seitdem nicht mehr ansprechbar und auch nicht durch Schmerzreiz zu erwecken." Mit 40 km/h? Und dann lebe ich noch? Mh, wer weiß, wie lang. Denn da war ich auch schon wieder weg.

Nach geschlagenen zwei Wochen wurde ich aus dem künstlichen Koma geholt. Laut meiner behandelnden Ärztin, Doktor Charlotte Engel, wurde ich wegen meiner temporären Herzschwäche, meines SHTs und meines hohen Blutverlusts durch die tatsächliche Milzruptur in ein künstliches Koma gelegt. Nur durch tausend Schutzengel habe ich überlebt, selbst die Ärzte hatten Anfangs keine große Hoffnung. Super, ich weiß selber, wie meine Chancen standen. Und das alles nur, weil ich bei einer Hals-über-Kopf Aktion dachte, nach Köln ziehen zu müssen, um Neues zu erleben. Hat super geklappt, gleich am ersten Tag mal den Rettungsdienst hier in Köln auf die Probe gestellt und die erste Klinik kennengelernt. Der Unfall an sich scheint durch Unachtsamkeit meinerseits passiert zu sein. Erinnern kann ich mich nicht, Schutzfunktion meines Kopfes. Eine Woche noch auf Intensiv, dann eine Woche auf Normalstation und ich bin hier raus. Das werde ich wohl auch noch schaffen.

Ein Moment, der mir dann doch nochmal die tatsächliche Ernsthaftigkeit meines Falles vor Augen geführt hat, war der, in dem eine Krankenschwester in mein Zimmer kam und fragte: „Hier stehen der Notarzt und ein Sanitäter, von denen Sie am Unfallort behandelt wurden. Sie würden sich selber gern von Ihrem Zustand überzeugen, dürften die beiden Herren kurz rein?" Zu dieser Zeit lag ich noch auf Intensiv. Rettungskräfte informieren sich oft darüber, wie es ausgegangen ist. Aber selber überzeugen? Das kommt im seltensten Fall vor.

„Natürlich, ich würde mich auch gern bedanken", erwiderte ich nickend. Kurz darauf kamen auch schon zwei mir nicht unbekannte Männer in Einsatzkleidung rein.

„Guten Tag Frau Wegener, Sie sehen wirklich schon deutlich besser aus", stellte der Notarzt erleichtert fest.

„Ja, mir geht es auch schon wieder ganz gut. Ich wollte mich bei Ihnen für die schnelle Behandlung bedanken. Ohne Ihre schnelle Reaktion hätte ich das hier wohl eher nicht überlebt."

„Das ist unser Job. Ich bin übrigens Franco Fabiano, aber nennen Sie mich ruhig Franco. Ich habe mich nicht bei Ihnen vorstellen können, jedoch ist mir Ihr Fall nicht mehr aus dem Kopf gegangen." Den Italiener hatte ich im RTW auch gesehen und wahrgenommen.

„Ich bin Sofia", bot auch ich ihnen das Du an.

„Na dann bin ich mal Phil", schloss sich der Notarzt zum Schluss auch noch grinsend an, ehe beide Melder losgingen. Das vertraute Geräusch vermisste ich, ich muss mich dringend um eine Stelle als Sanitäterin hier kümmern. Der akute Kräftemangel an nahezu allen Ecken dürfte mir daraus ein leichtes Spiel machen.

„Wir müssen leider. Aber ich wünsche Ihnen, äh dir, noch eine weitere gute und schnelle Besserung", verabschiedete sich Phil und auch Franco wünschte mir noch was, ehe beide schnellen Schrittes weg waren. Nette Kerle, die beiden.


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