Leif wischte sich den Schweiß von der Stirn, bevor er sich die schweren Schmiedehandschuhe überstreifte. Unter den schweißglänzenden Locken kam kurz eine Tätowierung auf seiner linken Schläfe zum Vorschein, bevor er die Haare wieder darüber kämmte.
Die kleine Schmiede, die er betrat, lag offen unter einem von mehreren Säulen/ getragenen Holzdach. Im Winter wurde der Ort trotzdem dank der Schmiedefeuer nicht kalt und jetzt im Sommer war es der reinste Segen an der frischen Luft arbeiten zu können. Nicht wie in den großen Armee- oder Manufaktur-Schmieden in den Städten, wo sich ein Dutzend/ Arbeiter in den stickigen Hallen zusammendrängen konnten.
Wie immer begrüßte ihn der vertraute, kaum wahrnehmbare Geruch brennender Kohlen, während er sich eine lederne Schürze überwarf und an die Esse trat und beinahe über die davor aufgestapelten Kohlensäcke stolperte.
Leif musste sich oft genug anhören, wie dumm es sei, das Brennmaterial so nah am Feuer aufzubewahren, aber verdammt, was wussten die schon... und er wollte das Zeug sicher nicht bei sich im Haus aufstapeln. Er tat, was er für richtig hielt und die anderen Dörfler wussten, dass er dem auch mit den Fäusten Nachdruck verleihen konnte. Meist jedoch reichte sein Wort und das war ihm lieber.
Die Hitze des Kohlenfeuers versengte die Haare auf seinem Arm, als er nach dem rot glühenden Stück Stahl griff und es aus den Flammen zog. Funken stoben auf, die sich als kurze Stiche in sein Gesicht brannten. Ohne zu zögern, legte er das Stück Eisen auf den Amboss ab und begann das Metall mit mehreren präzisen Schlägen zu bearbeiten. Jeder Hieb ging ihm bis ins Mark. Während der Stahl langsam seine gewünschte Form annahm. Eine Sensenklinge für Westfall. Kornelius wartete bestimmt schon darauf, jetzt wo die Ernte praktisch vor der Tür stand.
Es war eine körperlich anstrengende Arbeit, nur kurz unterbrochen vom Kühlen und Wiedererhitzen des Rohlings. Anstrengend, aber den Aufwand wert. Etwas mit den eigenen Händen zu erschaffen hatte etwas Schönes, egal wie Kleines sein mochte...
Leif wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er den Stahl erneut in einem Wasserbecken neben dem Amboss abkühlte. Eine Dampfwolke hüllte ihn kurz ein bevor er die fertige Sichel aus dem Wasser zog. Einen Augenblick besah sich der Schmied den Rohling, bevor er zufrieden mit sich selbst nickte. Sobald die Kline geschärft wäre, könnte er sich auf den Weg machen.
Ein Blick unter dem Dach der Schmiede hervor zeigte ihm, das es bereits Abend wurde. Die Sonne stand bereits tief im Westen, direkt über der Straße, die von der Schmiede aus ins Dorf führte. Zu spät um die fertige Klinge heute noch nach Westfall zu bringen und vor Einbruch der Dunkelheit wieder zurück zu sein. Er würde entweder bis Morgen warten oder die Nacht in der Wildnis verbringen müssen. Wenn er nicht in Westfall unterkam. Götter, er hatte die Zeit bei der Arbeit völlig aus den Augen verloren...
Leif hatte seine Hütte ganz am äußeren Rand der Siedlung errichtet, nicht weil er die anderen Dorfbewohner mied, aber hier draußen hatte er zumindest meistens seine Ruhe, wenn er sie wollte. Und das kam in letzter Zeit immer öfter vor, dachte er amüsiert. Die wenigen Reisenden, die den Pfad entlang kamen, waren meist genau so wenig an einem/ Gespräch interessiert wie er. Aber die Nachrichten, die er bekam, waren ohnehin/ beunruhigend genug. Er hatte das alles hinter sich gelassen, erinnerte Leif sich. Dieser verfluchte Krieg ging ihn nichts mehr an.
Er streifte die Handschuhe und die Schmiedeschürze ab und hängte beides an einen Nagel in der Hauswand. Leif hatte die Hütte selbst gebaut. Es hatte ihn zwei Sommer und einen Winter gekostet, aber dafür waren die massive Fassade aus Baumstämme stabil und hielten auch den schwersten Herbststürmen stand. Die Scharniere für die Tür, durch die er nun ins Innere trat, hatte er mit etwas Übung selber angefertigt. Sein alter Meister würde ihn auslachen, dass er sich so lange damit herumgeschlagen hatte, aber er war nun mal kein Juwelier, der sich mit feineren Arbeiten auskannte. Gut, dass der Alte seit einigen Jahren/ schon in seinem Grab ruhte. Er war gestorben, noch bevor Leif sich in Goldbrück/ niedergelassen hatte. Der kleine Ort war ihm mittlerweile ans Herz gewachsen, auch wenn ihn das halbe Dutzend Bewohner auch nach all den Jahren noch immer als den Neuen sah./ Aber sie stellten nicht viele Fragen und respektierten ihn.

DU LIEST GERADE
Lichtbringer
FantasíaDas Kaiserreich von Canton, versinkt im Krieg, zwischen den rivalisierenden Armeen des Zauberfürsten Simon Belfare und den Streitkräften der Herrschenden Ordeal-Dynastie. Während beide Seiten das Land, ohne Rücksicht verbrennen, versuchen tausende v...