Mehrere Gejarn arbeiteten in den kleinen Gärten zwischen dem Zaun und der Siedlung. Vermutlich hauptsächlich Futter für die Tiere, überlegte Leif. Nach allem was er wusste, zogen die meisten Gejarn, Fleisch allem anderen vor, sofern sie die Wahl hatten. Aus der Ferne machte die Siedlung einen aufgeräumten Eindruck.
Sobald die ersten Dorfbewohner sie bemerkten, drehten sich praktisch alle Köpfe in ihre Richtung.
Offenbar sollte Erik Recht behalten.
Löwen. Leif hätte sich angenehmere Zeitgenossen vorstellen können. Selbst der kleinste von ihnen überragte ihn noch ein Stück. Und auch wenn sie für den Augenblick einfach nur neugierig auf die zwei Fremden schienen... das Gefühl aus einem Dutzend bernsteinfarbener Augen gemustert zu werden, gefiel ihm überhaupt nicht. Ruhig bleiben. Sie waren hier, weil sie Hilfe brauchten. Und sie würden nicht ohne gehen.
Celani redete eine Weile auf die Leute ein, die schweigend zuhörten. Manche sahen auch nervös zu ihm herüber. Welchen Eindruck die Gejarn auch immer auf ihn gemacht hatten... sie hatten wohl genau so viel Respekt vor einem bewaffneten Menschen, wie er davor, mit einer Löwenpranke in Kontakt zu kommen.
Leif verstand das Gespräch nur in Bruchstücken, auch wenn er ein paar Mal seinen Namen heraushören konnte. Offenbar ging es in erster Linie darum, ein paar Formalitäten auszutauschen. Die versammelten Gejarn quittierten die letzten Worte Celanis mit einem kurzen Nicken.
Erst dann fuhr sie fort und erläuterte endlich, warum sie hier waren.
„Ihr habt sicher schon gemerkt, das Erindal für Reisende gesperrt wurde. Aber ich und mein Begleiter hier müssen in diese Stadt. Deshalb hoffe ich, das sich einer eurer Anführer für uns verbürgen könnte."
Ein Gejarn mit grau-gelbem Pelz nickte.
„In letzter Zeit ziehen viele Fremde durch unser Land. Und viele von ihnen wollen nach Erindal." Er lächelte freundlich und wendete sich dabei an Leif.
„Aber ihr seid die ersten, die uns um Hilfe bitten." Den letzten Satz sprach er in klar verständlicher Amtssprache. Auch wenn er die Worte völlig falsch betonte. Leif nickte lediglich und kramte seinerseits das wenige zusammen, was er von der Clansprache beherrschte.
„Vielleicht weil wir die Verzweifelten sind."
Der Löwe nickte ebenfalls.
„Vielleicht." Er hob den Arm und deutete über das Dorf und den Geisterbaum hinweg zu einer der Steinbauten.
„Soll Mhari entscheiden, ob man euch trauen kann."
„Mhari..." Der Name hatte einen seltsamen Beiklang, dachte Leif. Hätte er noch einen Beweis gebraucht, dass er viel zu weit von den Herzlanden entfernt war, der Name hätte ihm den letzten Hinweis gegeben.
„Ist das euer Anführer?" , wollte Celani wissen.
„Wie gesagt, es liegt nicht an uns irgendetwas zu entscheiden. Nicht bevor ihr nicht Mharis Einverständnis habt."
Offenbar würde sich der Mann nicht weiter dazu äußern. Und es hatte wohl auch keinen Sinn, länger auf ihn einzureden. Aber wenn diesen Leuten die Entscheidung einer einzigen Person so wichtig war... dann mussten sie jetzt besonders vorsichtig vorgehen.
Celani bedankte sich mit ein paar Abschiedsworten, bevor sich die Zwei auf den Weg durch die Siedlung machten. Der gedrungene Bau, der ihr Ziel darstellte, war anders, als alles, was Leif bisher untergekommen war. Zumindest auf der dem Dorf zugewendeten Seite gab es keine Fenster. Die Steine waren sauber mit Mörtel gefügt, trotzdem waren die Wände nicht ganz gerade. Wer immer das gebaut hatte, hatte schlicht keine Erfahrung im Maurerhandwerk. Dafür aber definitiv mit Schnitzereien, dachte der Schmied. Eine einzige Treppe führte zur Tür des Hauses hinauf. In das Holz der Pforte waren kunstvolle, fast lebendig anmutende Jagdszenen geschnitzt. Vögel und Tiere, die so wirkten, als würden sie jeden Moment lebendig werden und dem Kunstwerke entfliehen wollen.
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Lichtbringer
FantasyDas Kaiserreich von Canton, versinkt im Krieg, zwischen den rivalisierenden Armeen des Zauberfürsten Simon Belfare und den Streitkräften der Herrschenden Ordeal-Dynastie. Während beide Seiten das Land, ohne Rücksicht verbrennen, versuchen tausende v...