Kapitel 6 Flucht

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Den Großteil des Abendessens verbrachten sie schweigend. Nur einmal brach Celani die Stimme, als sie fragte:

„Und Du wohnst ganz alleine hier draußen?"

„Es hätte mir nicht an Gelegenheiten gemangelt, daran etwas zu ändern, aber... ich habe meine Gründe dafür, belassen wir es dabei.", erwiderte er, zwischen zwei Bissen Brot.

Sie hatten den Topf mit Schinken und dem Laib Brot, den Leif gebacken hatte auf den schmalen Holztisch bei der Haustür gestellt. Dazu kam noch ein Krug mit Wasser.

Leif hatte die Tür geöffnet, sodass er auf die verlassene Straße und die Schmiede hinaus sehen konnte. Eine alte Angewohnheit und vor allen in den Sommermonaten die beste Möglichkeit es in dem kleinen Raum auszuhalten.

Das Licht der untergehenden Sonne tauchte den Weg in rötliches Licht. Das war definitiv ein seltsamer Tag gewesen, dachte er. Und er war noch nicht ganz zu Ende.

Celani verzichtete auf jegliches Besteck und aß einfach mit den Händen. Leif war überrascht, wie viel die kleine Gejarn verschlang. Sie hatte wohl nicht übertrieben, dass ihre letzte Mahlzeit etwas her war. Er selbst hielt sich eher zurück. Seine Gedanken kreisten mittlerweile wieder um die Frage, was sie so erschreckt haben konnte....

Er war froh darum, dass sie die Entschuldigung akzeptiert hatte, trotzdem stand dieses Rätsel weiter im Raum.

Vielleicht sollte er froh sein, die Antwort nicht zu kennen. Es schien ihr wichtig genug um dafür zu töten... Also doch eine Spionin ?

„Was meintest Du eben, dass die Gejarn in den Städten sich verändern?", wollte er wissen, hauptsächlich um sich weiter vom Grübeln abzuhalten. Egal, was sie war, dieser ganze Krieg ging ihn ohnehin nichts mehr an.

„Genau was ich damit meine. Dir sind sicher schon Gejarn begegnet, die in der Nähe der Menschen leben."

„Na ja, nähe ist gut, wir gehen uns eher aus dem Weg, wo es möglich ist." Auch wenn die Dörfer der Gejarn meist nicht mehr als ein paar Stunden Fußmarsch von den menschlichen Siedlungen entfernt waren, blieben sie doch lieber unter sich. Und meist lagen ihre Lagerplätze so, dass man schon abseits der üblichen Pfade und Handelsstraßen bleiben müsste, um über eines zu stolpern. Trotzdem blieben Begegnungen eben nicht aus.

„Es gibt Clans, die zeigen sich so gut wie nie. Meistens die, die in den weniger dicht/ besiedelten Gebieten Cantons Leben."

„Ich habe davon gehört, allerdings immer nur als Warnung." Verwilderte. Halbe Tiere, die teilweise wirklich nur von ihren Instinkten gelenkt wurden....

„Sie sind... anders als die übrigen Gejarn, oder?"

„Die Herzland-Clans haben viel vom Kaiserreich Cantons übernommen. Offiziell sind sie zwar unabhängig, inoffiziell erkennen die meisten die Gesetze des Kaisers jedoch an. Das ist wohl der Grund, aus dem sie von allen ignoriert werden und man sie in Ruhe lässt. In den Städten ist es noch mal anders. Wir sind ziemlich anpassungsfähig, also... könntest Du bei den meisten Stadt-Gejarn kaum einen Unterschied zu den Menschen dort feststellen."

„Vom Pelzbesatz mal ausgenommen, wie?"

Die Gejarn überging seine Bemerkung, grinste aber kurz.

„Andere Clans hingegen leben derart abgeschieden, dass manche vermutlich nicht mal Wissen, dass es überhaupt einen Kaiser gibt." Celani hielt inne und schien gut über ihre nächsten Worte nachzudenken.

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