Kapitel 22 Kein ruhiger Tag

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„Die Gejarn sind weg". , erklärte Erik lediglich, als er sich dem Wagen näherte. Mit einer Hand zog sich der junge Gelehrte ins Innere und Sandria tat es ihm gleich. Leif erhob sich von seinem Platz im unter dem aufgespannten Sonnenschutz.

„Was soll das heißen weg?" Celani entging wirklich wenig, dachte der Schmied. Die Gejarn beschleunigte ihre Schritte, bis sie auf gleicher Höhe mit dem Wagen war. Einen Augenblick musterte sie die Zugtiere misstrauisch und trat dann ebenfalls leichtfüßig herauf.

Leif hatte derweil eine weitere von Rubens Waffen fertig aufgearbeitet und reichte dem Milizführer das Schwert zurück.

„Weg heißt weg.", erwiderte Sandria, als die Gejarn in den Wagen kletterte. „Sie sind offenbar gestern Nacht klammheimlich aufgebrochen. Heute Morgen zumindest hat von ihren Wagen jede Spur gefehlt."

„Nicht, das ich besonders traurig darüber wäre.", antwortete Ruben, der die wiedererlangte Waffe einen Moment bestaunte, bevor sie an ihren Platz an seinem Gürtel zurück wanderte. „Auch wenn Ihr das anders sehen mögt Celani, es bedeutet nur, ein paar Leute weniger, die wir durchbringen müssen."

„Sie hätten Hilfe gebraucht."

Erik seufzte.

„Ich kann aber auch niemanden, gegen seinen Willen, hier halten. Sie haben sich freiwillig entschieden zu gehen. Auch wenn ich vorgezogen hätte, dass sie mir wenigstens mitteilen, wann."

„Sie haben sich nicht freiwillig entschieden.", erwiderte die Gejarn heftig. „Der verdammte Wolf hat für alle bestimmt. Sandria, Ihr habt es doch selbst gesehen."

„Der Punkt ist nur... dass sie weg sind.", stellte Leif fest. Er wollte ganz sicher nicht zwischen die Fronten geraten. Wenn es hier so etwas gab. „Wir könne nichts mehr daran ändern oder?"

„Nein." , gab die Gejarn zu. „Aber das heißt nicht, dass es mir gefallen muss."

„Hoffen wir, dass sie ihren eigenen Platz finden." Der Schmied wandte sich an Erik. „Ich hatte ohnehin gehofft, noch mit Euch reden zu können."

„Sicher. Wenn Ihr nichts dagegen habt, mit mir zu kommen? Ich sehe grade noch, ob sonst wenigstens alle in Ordnung sind."

Leif nickte. Etwas Bewegung würde ihm ohnehin gut tun. Die Arbeit an den Waffen war eintönig und mittlerweile waren auch einige Wolken vor die Sonne gezogen. Vielleicht würde es später regnen. Es hatte seit seinem Aufbruch aus Goldbrück, keine Schauer mehr geben, dachte der Schmied. Der Sommer hatte das Land, nach wie vor, in festen Griff. Aber bis sie Erindal erreichten, konnte es schon Mitte Herbst sein.

Er folgte dem Arzt, als dieser vom Wagen sprang. Leif selber kletterte doch lieber vorsichtig hinab, während Erik schon zwischen den anderen Karren verschwand. Der Schmied musste sich tatsächlich beeilen, mit dem Wirbelwind von einem Mann, Schritt zu halten. Verflucht, er wurde doch nicht etwa alt? Das wohl nicht. Aber er konnte nach fast acht Jahren herumsitzen auch nicht erwarten, noch in der gleichen Form wie einst zu sein.

„Also, wie sieht es aus?", wollte er wissen, während sie den Strom der Flüchtlinge passierten.

„Ich meine, ganz ohne hier irgendetwas schön zu reden?"

„Wir komme durch, Leif. Irgendwie. Aber... das wird nicht einfacher werden. Uns bleiben noch Vorräte für ein paar Wochen und wenn die Leute wirklich alles veräußern, was wir gegen Lebensmittel eintauschen können, schaffen wir es, knapp. Dazu kommt die Hitze. Wir sind noch im Herzland, hier gibt es genug Flüsse und Bäche. Näher an Erindal, wird das schon schwieriger."

LichtbringerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt