Nur wenige Außenstehende hatten je die Gelegenheit, den kaiserlichen Palast auch nur zu betreten. Eine Auszeichnung für manche. Für andere, ein gewagter Balanceakt, um ihre politische Position und für einige wenige ein Schicksal schlimmer als der Tod.
Der Mann, der von drei Gardisten flankiert, durch die hohen Flure geschleift wurde, gehörte zu Letzteren. Den Unglücklichen, die das Pech hatten, die Aufmerksamkeit des Kaisers selbst auf sich zu ziehen. Oder besser, dessen Zorn.
Kornelius stolperte auf die Füße, als ihm jemand einen Stoß gegen die Schulter versetzte. Genau auf die nur unzureichend verheilten Schusswunden. Brennender Schmerz fraß sich durch seinen ganzen Körper, trotzdem zwang er sich, weiterzugehen. Er wusste nicht mit Sicherheit, wo er sich befand, aber ein Blick reichte ihm um es sich denken zu können. Und das machte dem alten Mann Angst. Kornelius hatte bisher selten in seinem Leben so etwas wie echte Furcht verspürt. Er war abgehärtet. Oder zumindest hatte er das immer gedacht.
Aber allein dieser Ort, konnte einen gestandenen Mann schon einschüchtern. Es waren nicht nur die titanischen Ausmaße der Stadt, dieses Monuments, das sich gegen jede Natur zu richten schien... es war die ganze Atmosphäre. Die Luft selbst vibrierte geradezu vor magischer Energie, sodass selbst jemand ohne das entsprechende Gespür, ihre Auswirkungen wahrnehmen konnte. Die Fäden der Welt, die sich ständig verschoben, um die fliegende Stadt am Himmel zu halten. Dieser Ort war ein gigantischer, magischer Webstuhl.
Kornelius stolperte einen weiteren kurzen Gang entlang, der vor einer großen, holzvertäfelten Tür endete. Einer seiner drei Wächter verschwand kurz durch die Tore. Kornelius konnte nur einige Wortfetzen verstehen, aus denen er nicht schlau wurde. Aber war es nicht egal, was mit ihm passierte? Es war ein Wunder, das er überhaupt noch am Leben war... er hatte gespielt und mehr als nur verloren.
Die Türen schwangen auf und er erhaschte einen Blick auf den Abendhimmel. Oder auf das, was er zuerst für den Abendhimmel hielt. Kornelius erkannte seinen Fehler erst, als er weiter in die Halle hinein stolperte, kurz geblendet von dem seltsamen Lichtverhältnissen. Gewaltige, von leuchtenden kristallen gekrönte, Marmorsäulen trugen die kunstvoll bemalte Decke.
Sein Blick wanderte von den Säulen zum Thron, der sich im Zentrum der Halle erhob. Zu dem Mann der darauf saß... und den zwei Gestalten an dessen Fuß.
Tiberius Ordeal, nahm den zerlumpten Gefangenen kaum zur Kenntnis, als er hereingebracht wurde.
Mit einem Blick wandte er sich an Darian Karr. Der Hofzauberer trat von seinem Platz am Thron auf Kornelius zu.
„Er wurde aufgegriffen, als wir eine von Simon Belfares Patrouillen verfolgten, Herr.", erklärte er. „Nur einige Späher, aber wir mussten sichergehen, dass sie wieder aus der Gegend verschwunden waren. Offenbar haben sie nach jemanden gesucht, wie man uns verraten konnte. Nach einer Gejarn wie es scheint."
„Und ? Was hat das mit diesem Bauern zu tun? Ihr würdet es nicht wagen, einen simplen Querulanten hier anzuschleppen, wenn es nicht wichtig wäre. Solche Leute gehören einen Kopf kürzer und entsorgt. Sie sind ohne Wert für uns."
„Geduld, bitte. Er wurde aufgegriffen, als eine Gruppe Gardisten sein Haus durchsuchte. Im Keller stießen wir auf einen Fluchttunnel. Als der Gang entdeckt wurde, hat er den Kommandanten der beteiligten Gardisten erschossen. Darauf haben die Überlebenden ihn schwer verletzt. Eigentlich hatten sie wohl nicht gedacht, dass er überlebt. Aber offenbar ist er ziemlich stur für sein Alter."
„Seid Ihr bald fertig ?" , knurrte Kornelius. Er hatte ohnehin nicht mehr viel zu verlieren, das wusste er. Aber dieser Kerl in seiner violetten Robe.... er hatte ihn während seiner Gefangenschaft gesehen. Er hatte ihn sehen und spüren können. Die Präsenz eines mächtigen Zauberers, konnte man schwer verkennen. Und Kornelius war sich mittlerweile sicher, dass der Kerl in seinem Geist herumgepfuscht hatte.
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Lichtbringer
FantastikDas Kaiserreich von Canton, versinkt im Krieg, zwischen den rivalisierenden Armeen des Zauberfürsten Simon Belfare und den Streitkräften der Herrschenden Ordeal-Dynastie. Während beide Seiten das Land, ohne Rücksicht verbrennen, versuchen tausende v...