Kapitel 20 Die fliegende Stadt

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Die fliegende Stadt bestand aus einer Unzahl kleinerer und größerer schwebender Inseln. Tausende, silbern schimmernde Brücken verbanden die einzelnen Stadtteile, wie in einem gewaltigen Spinnennetz. Einem Spinnennetz aus Gold, Marmor und Glas, das etwa in der Höhe eines dreistöckigen Gebäudes, über dem Land schwebte. Schwindelerregende Bauten, gehalten nur durch Magie und unendliche Raffinesse ihrer Baumeister. Marmorgalerien und weite, offene Plätze glitzerten im Sonnenschein. Kleinere schwebende Inseln, waren zu prachtvollen Gärten umgestaltet, von deren Höhe beständig Wasser lief. In unüberschaubaren Kaskaden rieselte das Nass herab, brach das Sonnenlicht und schien damit alles beständig, in einen einzigen Regenbogen zu hüllen.

Doch all die Pracht verblasste, verglichen mit dem einen Gebäude, im Zentrum der Stadt. Die goldenen Hallen, der kaiserliche Palast, nahm eine ganze eigene Insel ein, mitten im Zentrum des unmöglichen Spinnennetzes. Von unten konnte man nur einen kleinen Blick darauf erhaschen, aber was Celani sah genügte ihr.

Trotzdem war der Irrsinn über ihr, nichts im Vergleich zum Wahnsinn, um sie herum. Schon aus der Ferne, hatte sie den endlosen Strom aus Menschen, Wagen und Karren gesehen, der der Stadt folgte.

Soldaten in schimmernden Panzern, einfache Handwerker, niedrige Adelige und alles, was es an Schattierungen dazwischen gab, schien sich als Schlange, hinter der Stadt/ zusammengefunden zu haben. Einige hielten sich auch direkt unter den fliegenden Inseln, die das Land unter sich in ewige Nacht tauchten, die nur von der Abend oder Morgensonne durchbrochen wurde. Lampen und Fackeln erweckten den Eindruck, eine Horde monströser Glühwürmchen, hätte sich in den Schatten eingenistet.

Und inmitten dieses Mahlstroms fand sich Celani nun wieder. Sie hatte längst aufgegeben, irgendwie die Übersicht zu behalten, sondern hatte sich, wie so viele andere Flüchtlinge auf einen der Wagen ihrer Karawane gerettet, während sie irgendwie durch den Menschenstrom navigierten, der der fliegenden Stadt folgte. Allein der Lärm um sie war kaum auszuhalten. Pferdehufe, Menschen riefen, das Klirren von Stahl und Panzern und über allem das undefinierbare Geräusch, von einer Unzahl schwerer Stiefel. Vielleicht waren nicht alle Menschen irre, selbst die nicht die die Straßen bauten, die hier waren es jedoch ganz sicher. Und wer immer diesen Ort erschaffen hatte, konnte sich nicht länger zu den Sterblichen zählen, dachte sie. Er hatte den Göttern ihren Platz im Himmel würdig streitig gemacht. Es war steingewordener Wahnsinn.

Leif und Ruben, hatten sich mit ihr im gleichen Wagen eingefunden, ließen den Wahnsinn dort draußen, aber mit scheinbar stoischer Gelassenheit über sich ergehen.

„Hört das je auf?" , fragte sie über den ohrenbetäubenden Lärm der Massen hinweg.

„Keine Sorge, wir sollten bald durch sein." Leif schien zumindest zu spüren, was in ihr vorging und legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter. Das half nicht viel. Aber es half etwas.

„Was machen all diese Menschen hier?"

„Sie folgen der Stadt.", erklärte Ruben. „Es sind all jene, die nicht innerhalb der Mauern geduldet sind. Handwerker und Soldaten, aber auch Adelige, deren Haus keinen eigenen Sitz, auf den schwebenden Inseln, um die Goldenen Hallen unterhalten. Allerdings bin ich überrascht, dass die fliegende Stadt so weit im Norden ist. Und Ihr Leif ?"

Der Schmied zuckte nur mit den Schultern.

„Die fliegende Stadt ist ein Überrest der alten Welt, des alten Volkes. Es heißt, es braucht eine ganze Gruppe mächtiger Zauberer, um diesen Ort zu steuern. Vielleicht ein simpler Navigationsfehler, den sie nicht mehr ausbügeln können."

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