Kapitel 3 Eine Unerwartete Begegnung

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Leif erwachte mit dröhnenden Kopfschmerzen und ohne sofort zu wissen, wo er sich befand. Kornelius hatte nicht untertrieben. Das Fass war definitiv leer, allerdings war das auch das Letzte, an das sich der Schmied sicher erinnern konnte. Graues Morgenlicht fiel in die kleine Gästekammer, in der er sich befand. Ein umgebauter Raum, ganz oben in der Scheune des Hofs, vor dem er gestern Kornelius begegnet war. Eine dünne Holzwand trennte den Raum vom restlichen Heuboden ab.

Der Geruch von Stroh erfüllte die Luft, etwas, das Leif schon als kleiner Junge genossen hatte. Der Duft vermittelte einfach etwas heimisches, das Gefühl, das alles in Ordnung war. Aber irgendetwas hatte ihn geweckt...

Obwohl er wusste, dass der das bereuen würde, setzte Leif sich auf und begann im Halbdunkel, nach einer Lampe zu suchen. Normalerweise musste hier irgendwo eine sein. Er hätte die Laterne beinahe umgestoßen, als er sie schließlich fand. Alles war noch ein wenig verschwommen und er selber schien sich unendlich langsam zu bewegen. Wie, als ob ihn jemand in Watte gepackt hätte. Oder in Bier. Er musste bei dem Gedanken grinsen, gleichzeitig stieg aber auch die Sorge um Kornelius in ihm auf. Den alten Mann davon zu überzeugen, seinen Hof vielleicht doch zu verlassen war sinnlos, das wusste er. Diesen Kerl von irgendetwas abzubringen, was er sich in den Kopf gesetzt hatte... eher hatte man Erfolgsaussichten einen Berg zu verschieben.

Sobald Leif den Docht der Öllaterne entzündete, blendete ihn das Licht kurz. Rasch drehte er die Stellschraube für das Öl etwas zurück, bis die grelle Flamme zu einem schwach glimmenden Funken wurde, dann stand er auf und trat ans Fenster. Kühle Morgenluft wehte ihm entgegen, als er die Holzläden vorsichtig öffnete und nach draußen spähte. Nebel lag über den Feldern um Westfall und hüllte alles in einen grau-weißen Schleier, durch den nur die vereinzelten Lichtpunkte der Häuser hindurchstachen. Die Sonne wiederum hing als blasse Scheibe knapp über dem Horizont und würde wohl noch eine ganze Weile brauche, um den Dunst über der Landschaft zu vertreiben.

In der Stille hörte Leif die sich nähernden Hufschläge sofort. Ein noch fernes Vibrieren, das sich dumpf durch die in der Luft schwebenden Wasserstropfen verteilte.

Jetzt wusste er, was ihn geweckt hatte. Reiter....

Die Gestalten waren in der Ferne nur verschwommen zu erkennen, kamen jedoch schnell näher. Es mussten wohl ein Dutzend sein, die sich schwere Mäntel als Schutz vor der Feuchtigkeit umgelegt hatten. Tief über die Hälse ihrer Tiere gebeugt, preschte die kleine Gruppe, ohne auf irgendetwas zu achten, am Hof vorbei und verschwand wenig Augenblicke später wieder im Nebel. Der kurze Augenblick, in dem er die Gestalten deutlich sehen konnte, reichte Leif allerdings schon, um zu wissen, dass sie Ärger bedeuteten. Einer der Reiter trug einen türkisfarbenen Umhang, auf dem zwei Wappentiere zu sehen waren. Ein Adler und ein Löwe. Die zwei Tiere schienen um ein drittes Symbol angeordnet, das entweder Wasser... oder Blutstropfen darstellen sollte.

Späher, überlegte Leif. Allerdings wohl nicht an Westfall interessiert, wie es schien. Die Hufschläge verklangen bereits in der Ferne. Trotzdem war das sicher kein gutes Zeichen. Wenn die Ausläufer von Belfares Armee jetzt schon so weit reichten, dann war es hier definitiv nicht länger sicher.

An Schlaf war für ihn jetzt nicht mehr zu denken und keine Stunde später klopfte Kornelius auch schon unten gegen das Scheunentor um ihn zu wecken.

Nach einem Frühstück, das größtenteils aus einigen Scheiben Brot bestand, hatte Leif es eilig, nach Goldbrück zurückzukommen. Mit den Vorräten, die Kornelius ihm in einen schweren Sack mitgab, in den er auch noch seinen Rucksack stopfte, würde er leicht doppelt so lange für den Rückweg brauchen und erst am Mittag zurück sein. Und das auch nur, wenn er bald losging.

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