»Elian, mein Elian!« Ihre Tränen durchnässten meine Schulter und ihre Hände krallten sich so sehr in meinen Rücken, dass ich vermutete, heute Abend Fingernagelabdrücke zu haben. Sanft drückte ich sie näher an mich, obwohl schon kein Blatt mehr zwischen uns passte und vergrub meine Nase in ihren Haaren. In ihren wohlduftetenden, nach einer Frühlingswiese riechenden Haare, die mich in meine Kindheit zurückversetzten, als ich ihr immer nachgelaufen war, nur weil mich ihr Geruch immer beruhigt hatte. »Mutter...«, seufzte ich erleichtert, atmete ihren Duft tief ein, saugte ihn förmlich auf. Er ummantelte meine Sinne und hieß mich willkommen. Ich war Zuhause. Endlich, nach so vielen tausend Jahren.
Schniefend löste sie ihren Klammergriff und zog sich etwas zurück, jedoch ließ sie mich noch immer nicht los. Ihre Hände legte sie an meine Wangen und musterte jeden Fleck in meinem Gesicht. So als suche sie nach irgendwelchen Anzeichen, dass ich nicht ich war. Und dass dies kein Traum war. Ein klägliches Wimmern entkam ihren Lippen, als sie zu realisieren schien, dass ich tatsächlich vor ihr stand. »Wo warst du nur all die Jahre?«, flüsterte sie und erneut löste sich eine Träne aus ihren Augenwinkeln. Sanft legte sich ein Lächeln auf meine Lippen, während ich ihr mit zitternden Händen die Träne wegwischte. »Es ist viel passiert, sehr viel.« Sie zog meinen Kopf zu sich runter und legte ihre Stirn an meine, ehe sie ihre Handflächen an meinen drückte und wir sie neben uns hochhielten. Es war eine Begrüßung, die Vater und sie damals immer gemacht hatten, wenn er aus einer Schlacht zurückkehrte. So hatte sie ihn willkommmen geheißen.
»Wir dachten, du seist tot«, hauchte sie und löste ihre Stirn von meiner. Sah mich aus großen, vor Terror leuchteten Augen an. »Du wurdest von all ihren Waffen durchbohrt und dein Kopf.« Sie strich mir meine Kehle entlang, an der die Narbe zu sehen war, die nach der Rückkehr meiner Erinnerungen erschienen war. »Überall war Blut. Das...Das hätte nur dein Tod sein können, wenn dich nicht jemand gerettet hätte, dann hättest du tot sein müssen, Elian.« Verzweifelt kniff sie ihre Augen zusammen und wieder begannen ihr Tränen über die Wangen zu laufen. »Das ist alles meine Schuld. Du wärst niemals so schwer verletzt worden, wenn ich nicht so dumm gewesen wäre und diesen Vertrag unterzeichnen wollte. Ich hätte mir denken können, dass sie niemals Frieden wollten. Hätte mir ihren Hinterhalt denken können. Melchior hätte nun nicht diese Narben und du...wo warst du nur all die Jahre, und wer hat dich gerettet? Wir sahen doch, wie sie dir-«
Erschöpft seufzte ich und zwang mich dann zu einem Lächeln. Probierte stark für sie zu sein, obwohl mir das deutlich schwer fiel. Eigentlich musste ich es mir nie erzwingen, wenn ich Silvan ansah, doch all das kostete mich so viel Kraft, dass ich es mir zum ersten Mal erzwingen musste. Leicht drehte ich meinen Kopf zu Silvan und sofort sah meine Mutter auch zu ihm.
»Mutter, das ist Silvan.« Sie wirkte leicht verwirrt, was ich an ihrer gerunzelten Stirn erkennen konnte. Ich schmunzelte ehrlich und doch mit trüben Augen. »Mein Gefährte.« Vor Überraschung weiteten sich ihre Augen. »Dein Gefährte«, wisperte sie fassungslos, wusste von unseren Legenden. »Ist das er Grund, wieso du nicht zurückkamst? War er derjenige, der deine Wunden versorgte? Aber wie wäre das möglich. Er ist ein Mensch, nein, ein Wolf. Halb Mensch und halb Wolf. Unsterblich ist er nicht, dann kann er dich nicht gerettet haben. Vielleicht seine Blutlinie und du standst somit in ihrer Schuld? Aber dann hättest du uns ein Zeichen zukommen lassen können.«
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Forest Spirit
FantasyElian, der verfluchte Waldgeist, der zu einem Walddämonen wurde und seinen Gefährten in der Geschichte von Harper, erhält nun seine eigene Geschichte. Eine Liebe zwischen zwei Personen, deren Liebe reiner und wahrer ist, als alles andere. Und ihr...