Thirty

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A L I

Grübelnd saß ich auf meinem Bett.
Die letzte Stunde hatte ich bloß über Hunter und mich nachgedacht.
Ganz zufrieden war ich mit diesem „Ding" zwischen uns nicht, doch ich wusste, dass ich auch nichts dagegen unternehmen konnte.

In meiner Hand hatte ich ein frisch gemachtes Sandwich und in der anderen ein Buch.
Schließlich konnte ich auch nicht immer über Hunter nachdenken.
Da passte mir ein Buch über Elizabeth Bennet und Mr.Darcy ziemlich gut in den Kram.

Ich war gerade im Begriff in mein Sandwich zu beißen, als ich ein Quietschen von meinem Fenster hörte.
Sekunden später kletterte ein komplett Schwarz gekleideter Mann in meinem Zimmer.

„Hunter? Was machst du denn hier?" fragte ich ihn aufgebracht, als er verschmitzt lächelnd vor mir stand.

„Hey, Baby."

Hunter drückte mir einen Kuss auf die Lippen und ich konnte nicht anders, als in den Kuss hineinzulächeln.

„Meine Mutter ist Zuhause." informierte ich ihn, ehe er sich auf mein Bett pflanzte.
„Wir wissen beide, ich kann sehr leise sein." sagte er und wackelte mit den Augenbrauen.
Er deutete mir, mich neben ihn zu legen und ohne jede Umschweife tat ich dies.

So lief das Ding also zwischen uns.
Doch an den Gedanken, dass Hunter nun öfter durch mein Fenster in mein Zimmer klettern würde, könnte ich mich gewöhnen.

„Du hast dir also was zu essen gemacht." sagte Hunter mit einem Lächeln und schnappte sich mein Sandwich.

„Ey! Ich hatte wirklich Hunger!" jammerte ich und legte mich halb auf Hunter drauf.

„Ach, du wirst es Überleben." sagte er und schluckte den Rest meines Sandwiches herunter.

„Das Angebot mit den Eier-Abschneiden gilt noch!" drohte ich ihn an, was ihm ein kleines Lächeln entlockte.

Dann sah er mich an und spielte mit einer meiner Haarsträhnen.
Ich beobachtete jeden seiner Gesichtszüge.

Seinen Mund, mit dem er wirklich Wunder vollbringen konnte, doch welcher eindeutig zu wenig Lächelte.
Seinen markanten Kiefer, bis hin zu seinen beinahe Perfekte Augen.

Der Kontrast von dem Eisblau, zu seinen Dunklen Haaren war mehr als Stark.
Und ich liebte ihn.

Hunter schien dasselbe mit mir zu tun, doch schließlich legte er zufrieden seine Lippen auf meine.
Man sollte meinen, ich sollte mich während der Zeit etwas an den Geschmack seiner Lippen gewöhnt haben, oder an dieses besondere Gefühl, doch es fühlte sich jedesmal auf's neue wie etwas an, was so vorher noch nie erlebt hatte.

Ich griff in seine Haare und er umfasste meine Taille und zog mich schließlich ganz auf ihn drauf.

„Übrigens, ich fand dich auf der Party damals echt heiß."
Unterbrach Hunter unseren Kuss. Sein Blick klebte immer noch an meinen Lippen.

„Du meinst auf der Party, auf der ich Betrunken auf der Toilette mein Kleid Sauber gemacht hab?" ich konnte sein Lachen unter mich spüren.

„Ganz genau, die."
Dann lehnte er sich nach vorne, sodass ich nun auf seinem Schoß saß und Küsste mich weiter.

Seine raue Hand fand langsam den Weg unter mein Shirt.

Ich liebte diese Momente mit Hunter.
Und ich hoffte, sie würden niemals enden.
Doch wie immer wurden meine Gebete nicht erhört.

„Ali? Darf ich reinkommen?"
Fuck. Meine Mutter.
Sie durfte Hunter auf keinen Fall sehen.

Schnell löste sich Hunter von mir, und sofort vermisste ich seine Wärme.

Hilflos sah ich ihn an und war gerade am Überlegen, ob er unter das Bett passen würde, da entschied er sich auch schon für den Kleiderschrank.
Ich half ihm, die weiße Tür zu schließen und betete, dass meine Mutter keine frisch gewaschene Wäsche vorbei bringen wollte.

„Klar, Mom. Komm rein."
Ich hoffte nur, ich sah nicht allzu zerstreut aus. Immerhin war ich bis vor ein paar Minuten noch in einer hitzigen Knutscherei gewesen.

„Was gibts?"

Meine Mutter schloss die Tür hinter sich und stellte sich mir gegenüber.
Kurz wanderte ihr Blick zum Kleiderschrank, und mein Herz blieb fast stehen.
Doch dann widmete sie sich wieder ganz mir und ich musste ein erleichtertes Seufzen unterdrücken.

„Das Revier hat angerufen. Ein Banküberfall."
Das konnte sie unmöglich ernst meinen.

„Und da können die keinen anderen einsetzen?"
Ich konnte meine Mutter wirklich nicht verstehen.
Sie hatte heute ihren ersten freien Tag seit Monaten. Den wollte sie wirklich sausen lassen?

„Es geht nicht anders, Ali."

„Das sagst du immer."
Ich war wirklich enttäuscht von meiner Mutter.
Sie war oft arbeiten und mir war bewusst, dass es als alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern und einem Haus wie diesem sicherlich nicht immer leicht war, doch sie lebte fast schon auf dem Revier.

Wenn ich die Tage zählen würde, an denen sie Zuhause war und sie mit den Tagen an denen sie auf dem Revier gearbeitet hatte vergleichen würde, dann würde keine gesunde Zahl zustande kommen.

„Ich wollte auch nicht um deine Erlaubnis bitten." Meine Mutter umfasste die Türklinke wieder und sagte noch:,,Ich wollte dich nur bitten, ein Auge auf Leo zu haben." mit diesen Worten schloss sie wieder die Tür.

Fast zur selben Zeit ging meine Kleiderschranktür wieder auf.

„Alles okay?" Hunter setzte sich neben mich.
„Ja, alles bestens."
Ich wollte wirklich nicht darüber reden.

Hunter sah mich noch eine Sekunde besorgt an, dann sagte er:,,Willst du'n Film gucken?"

Es war wirklich eine miserable Idee, Hunter den Film aussuchen zu lassen.
Erst konnte er sich minutenlang nicht entscheiden, bloß um am Ende einen Film zu gucken, welchen er schon bestimmt zehn mal gesehen haben musste.
Er sprach den Text fast mit.

Während des Films lehnte ich mich an Hunters Schulter und genoss das Gefühl der Zweisamkeit mit ihm.

Bis eben diese Zweisamkeit durch einen Klingelton gestört wurde.

„Was?" Hunter's Ton veränderte sich schlagartig.

„Willst du mich eigentlich verarschen?"

Ich konnte leider nicht verstehen, was an der anderen Leitung gesagt wurde, doch es würde definitiv den heutigen Tag zerstören.

„Ja, verdammt ist ja schon gut. Ich mach's. Gib mir ne halbe Stunde."
Dann legte Hunter auf.

„Was ist los?" fragend sah ich Hunter an.
Seine Stirn war in tiefe Falten gelegt und er sah mehr als nur gestresst aus.

„Ich muss weg. Ist ne Familiensache." dann stand er auf und machte sich auf den Weg zu meinem Fenster.

Doch bevor er rauskletterte, drehte er sich nochmal zu mir um und küsste mich lang.

„Hätte ich fast vergessen." sagte er schmunzelnd, dann kletterte er das Fenster herunter und hangelte sich an dem Rohr an unserer Hauswand herab.

Er hätte auch locker durch die Haustür verschwinden können, meine Mutter müsste längst bei der Arbeit sein, doch ich fand die Vorstellung, Hunter allein für mich aus dem Fenster klettern zu sehen, einfach zu verlockend.

Ich schloss das Fenster wieder und machte auch den Fernseher aus.
Eine Familiensache.

Zugegeben, etwas verletzte es mich schon, dass Hunter mir nicht genau erzählt hatte worum es ging, immerhin war er gerade auch mehr oder weniger gezwungen bei dem Gespräch zwischen meiner Mutter und mir dabei gewesen.

Dennoch wollte ich mir heute nicht soviel Gedanken machen, und schnappte mir wieder mein Buch.
Heute nicht.

Doch einen kleinen Gedanken musste ich mir noch erlauben.
Das alles mit Hunter war noch so neu, so aufregend. Wir waren zwar nicht zusammen, dennoch hatte es sich heute für einen kurzen Moment so angefühlt.

Selbst wenn es vielleicht niemals normal werden würde.

Stay away from Drugs Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt