Fifteen

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H U N T E R

Ich bin ein Idiot.

Ich bin so ein beschissener Idiot.

Dieser Satz ging mir die ganze Heimfahrt durch den Kopf.
Nachdem ich Ali nach Hause gebracht hatte, ließ ich erschöpft meinen Kopf gegen das Lenkrad fallen.

Es dauerte ganze zehn Minuten, bis ich mich dazu aufraffen konnte, endlich von diesem verdammten Haus wegzufahren.

Aber was hätte ich auch anderes sagen sollen?

Ja klar, es war die beste Nacht meines Lebens.

Oder was?

Sowas war nicht mein Stil.

Dennoch saß ich jetzt in dieser komplett verzwickten Situation.
Eigentlich sollte ich mir keine Gedanken um ein unbedeutendes Mädchen machen, mit dem ich zwei mal geschlafen hatte.
Ich hatte wesentlich wichtigere Dinge zu regeln.

Wie zum Beispiel dafür zu sorgen, dass Adam mir noch den nächsten Termin mitteilte.

Nachdem ich vor meinem Haus geparkt hatte, suchte ich in meiner Kontaktliste nach Adam, und stieß dabei automatisch auf Ali's Kontakt.
Wobei wir wieder bei diesem Thema angelangt waren.

Fuck!
Man, wieso musste ich ihr gestern auch unbedingt helfen ihren blöden Bruder zu suchen.
Das war doch alles seine Schuld.

Aber Gefühle?
Ich war doch kein Weichei.
Das letzte, was ich für diese Frau fühlen würde, würden romantische Gefühle sein.

Klar, hatte sie mich mit der Nummer gestern Geil gemacht, aber das hatten andere auch schon vor ihr geschafft.

Plötzlich sah ich mich selbst doch nicht mehr, als einen allzu großen Idioten an.
Ich hatte ihr ja schließlich nur die Wahrheit gesagt.
Letztes Mal waren auch keine Gefühle im Spiel, also wieso jetzt?
Außerdem bezweifelte ich, dass ich jemals wieder ein Wort mit Ali wechseln würde.

Dank diesem Sinneswandel konnte ich nun unbekümmert mein Auto verlassen und schloss die untere Haustür im Treppenhaus auf.

Fünf Minuten und drei Flüche über den kaputten Fahrstuhl später, kam ich im sechsten Stock an.
Der vertraute Geruch von etwas verbranntem Essen und billiger Vanille Duftkerzen stieg mir in die Nase.

Im Hintergrund hörte ich den Fernseher laufen, und in der Küche stand eine Pfanne auf dem Herd mit einem verbranntem Schnitzel drin.

„Mom?"
Suchend machte ich mich auf den Weg in ihr Schlafzimmer, doch von ihr war keine Spur.

„Die ist schon auf der Arbeit." klärte Zach mich auf, als ich mich zu ihm ins Wohnzimmer setzte.

„Hatte sie nicht gestern schon Frühschicht?" verwirrt sah ich auf die Uhr.
Halb zwei.

„Ja, aber sie wollte heute früher anfangen." unbeteiligt richtete mein kleiner Bruder seinen Blick wieder auf das Fernsehen.

Zach guckte irgendeine Serie die wohl für Zwölfjährige gemacht sein musste, denn es fiel dabei nicht ein Schimpfwort und keiner wurde ermordet.
„Was guckst du für'n Scheiß?" fragte ich Zach schließlich, und sank auf dem Sofa etwas weiter in mich zusammen.

Ich hatte heute keine Termine mehr, also konnte ich auch ruhig meinen Kater hier auskurieren.
Dass Zach hier war, wäre eigentlich ein blöder Nebeneffekt gewesen, doch in Anbetracht meiner jetzigen Situation eine willkommene Ablenkung.
Selbst wenn er nervig war.

„Hey!" protestierte Zach, als ich ihm die Fernbedienung aus der Hand riss und auf irgendeine Krimiserie umschaltete.
„Ich war zuerst hier!"versuchte Zach es weiter, doch ein scharfer Blick von mir genügte, und er verstummte.

Zwei Stunden später hatte ich meine Jeans durch eine Jogginghose getauscht und war inzwischen auch endlich unter der Dusche gewesen.
Ich zog mir gerade ein weißes Shirt über, als mein Handy klingelte.

„Was?" ohne den Namen gelesen zu haben, hob ich ab.

„Dir auch einen schönen Guten Tag, Hunter." lachte Luke.

Gott, er und sein krankhaft abfuckender Humor.

„Was willst du?" genervt machte ich mich auf den Weg in die Küche, um etwas zu essen, was nicht komplett Schwarz war.

„Hör zu, wir stecken heftig in der Scheiße."
Sofort hielt ich in meiner Bewegung inne.
„Naja, nicht wir. Aber Carter." fügte Luke schließlich hinzu.

„Was hat der Wichser getan?"
Ich war außer mir vor Wut.
„Er hat sich mit ein bisschen Ecstasy bei ner Straßenkontrolle erwischen lassen."
Am liebsten wollte ich meinen Kopf irgendwo gegen rammen.
„Wie zum Teufel konnte sowas passieren? Wieso haben die überhaupt seinen Rucksack durchsucht?"
Ich musste mich dringend beherrschen und meine Stimme senken, sonst würde Zach die kleine Petze noch Wind davon bekommen.

Luke schwieg eine Sekunde, bevor er sagte:,,Er ist nach der Party gestern bekifft nachhause gefahren. Oder er hat es zumindest versucht."
Innerlich rammte ich meinen Schädel gegen den Kühlschrank.

Um mich nicht über seine Unfähigkeit aufzuregen, atmete ich einige Sekunden tief durch, bevor ich Luke antwortete.
„Was machen wir jetzt?"

„Wir machen ganz normal weiter wie bisher. Carter's Eltern klären die Sache."
Ich musste fast lachen.

Carter's Eltern waren irgendwelche Reichen Schnösel, die selbst einen Mord vertuschen konnten, wenn sie wollten.
Was war da schon ein bisschen Ecstasy?

„Okay, ruf mich an wenn's was neues gibt." mit diesen Worten legte ich auf.

Ich lehnte mich mit dem Rücken an den Kühlschrank und atmete etwas erleichtert aus.
Zumindest war es nur Carter.
Es hätte definitiv schlimmer für einen von uns ausgehen können, der keine Eltern hatten die Geld scheißen konnten.

Zum Beispiel mich.

Das hasste ich an dem Job.
Jedes Mal diese Angst, von den Bullen erwischt zu werden.

Klar genoss ich beim dealen auch diesen kleinen Adrenalin Kick, weil es etwas verbotenes war.
Jedoch schleppte ich immer dieses Wissen im Hinterkopf mit mir herum.

Was, wenn es keinen Carter treffen würde?

Sondern einen Hunter.

Stay away from Drugs Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt