1 || Eiskaffee

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Noch drei Minuten.

Ich versuchte außer Atem meinen Gang noch weiter zu erhöhen, wie er eh schon war. Bald würde ich hier noch joggen, was wahrscheinlich auch die schlauere Idee wäre.

Aber ich durfte einfach nicht zu spät kommen. Das war erst mein zweiter Arbeitstag und fest eingestellt war ich ja auch nicht.

Scheiße.

Ich überquerte hastig eine Straße und hetzte weiter geradeaus. Viel Zeit blieb mir nicht mehr und ich musste noch ein gutes Stück zurücklegen. Ich würde wieder zu spät kommen und das war's dann.

Nur nicht stehenbleiben.

Wieso musste ich auch immer verschlafen? Es konnte ja nicht so schwer sein, mal pünktlich zu sein. Dass das jetzt nicht meine Stärke war, wusste ich ja selber, aber gerade heute hätte es doch mal funktionieren können.

Noch zwei Minuten.

Innerlich verabschiedete ich mich schonmal von meinem Job. Ich würde es niemals schaffen, pünktlich dort anzukommen. No way.

Ich bog in eine andere Straße ein, ohne zu schauen, ob jemand anderes schon so früh morgens ebenfalls durch die Gegend hetzte. Und natürlich stieß ich mit einem anderen Fußgänger zusammen.

"Passen Sie doch auf" beschwerte dieser sich sofort.

Ich beachtete ihn nicht weiter, sondern versuchte die versäumte Zeit von einigen Sekunden wieder aufzuholen, was fast unmöglich war.

Noch eine Minute.

Endlich erreichte ich den Marktplatz, das Starbucksgebäude lag schon in meinem Sichtfeld. Ein Grinsen erschien auf meinem Gesicht, ich hatte es fast geschafft.

Die letzten Meter joggte ich dann doch, aber erst, als ich sicher war, dass niemand mich beobachtete. Man wollte ja nicht direkt komisch angeschaut werden.

Kurz vor dem Café machte ich halt und atmete tief durch, was aber sowieso nichts brachte außer eine Zeitverschwendung. Also betrat ich keuchend den Laden.

"Ms Cain" mein Chef musste auf mich gewartet haben. Er blickte auf seine Uhr. "Auf die Sekunde genau."

Innerlich gab ich mir High Five. Wenn das mal kein Timing war...

"Aber nächstes Mal wünsche ich mir, dass es doch noch etwas früher geht" er warf einen mahnenden Blick in meine Richtung.

"Selbstverständlich" erwiderte ich sofort und ging hinter die Theke.

Er drehte das Schild von geschlossen auf geöffnet um und verschwand dann im Lagerraum hinter der Theke. Ich war auf mich alleine gestellt.

Erleichtert, dass ich es doch geschafft hatte, atmete ich tief durch. Ich musste dringend an meiner Pünktlichkeit arbeiten, so viel stand fest.

Es dauerte eine ganze Weile, bis die ersten Kunden eintrafen. Aber im Laufe des Vormittags wurde es immer voller, einmal bildete sich sogar eine kleine Schlange.

"Schönen Tag noch" rief ich einer Frau und ihrem kleinen Sohn noch freundlich hinterher, die gerade bei mir einen Cappuccino und einen Pfefferminztee bestellt hatten.

Sie drehte sich nochmal um, lächelte höflich, und verließ anschließend den Laden.

Zufrieden mit meiner Arbeit klopfte ich mir innerlich auf die Schulter. Schade nur, dass mein Chef dies nicht gesehen hatte.

Dear heart, why him? ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt