12. Kapitel

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Megans POV:

Der Stift in meiner Hand schwebte nur wenige Millimeter über dem Papier. Ich musste nur diese kurze Entfernung überwinden und meinen Namen auf die Linie setzen. Das konnte doch eigentlich nicht so schwer sein, oder?

Sechs Augenpaare beobachteten seit mindestens zehn Minuten jede meiner Bewegungen, jeden Atemzug, jedes Zucken. Immer wieder setzte ich zum Schreiben an, nur um jedes Mal erneut mit einem Seufzer inne zu halten.

"Megan, jetzt unterschreib endlich."

Luke stupste mich in die Seite und nickte mir aufmunternd zu. Beinahe synchron nickte auch der Rest meiner Familie.

Doch ich konnte nicht.

Jedes Mal, wenn ich drauf und dran war endlich zu unterschreiben, schoss mir ein 'Was-Wenn-Gedanke' durch den Kopf.

Was, wenn einer meiner Brüder mich brauchte und ich am anderen Ende der Welt war?

Was, wenn Mum mit der ganzen Verantwortung und den Aufgaben überfordert war?

Was, wenn ...

Tausende dieser Gedanken tummelten sich in meinem Kopf und ich schaffte es einfach nicht sie abzustellen.

"Ich brauch frische Luft!"

Verzweifelt warf ich den Stift auf den Tisch, rannte aus der Küche, zog mir Schuhe und Jacke an und schnappte mir im Hinausgehen meine Schlüssel von der Kommode im Flur. Ohne das Tempo zu drosseln sprang ich die fünf Stufen vor unserer Haustür hinunter und hastete durch den Vorgarten. Am Gartentor hielt ich kurz an um es zu öffnen, doch dann rannte ich weiter. Im Laufen stopfte ich mir meine Kopfhörer in die Ohren und drehte die Musik voll auf.

Ich wusste nicht wie lang ich schon durch Londons winterliche Straßen geirrt war, als ich plötzlich von der Seite angerempelt wurde. Absolut nicht darauf vorbereitet, verlor ich das Gleichgewicht und stürzte zu Boden.

"Kannst du nicht aufpassen?"

Die wütende Stimme lenkte mich von dem Schmerz ab, der mein Handgelenk durchzog. Als ich aufsah blickte ich in braune Augen. Aber es waren nicht diese ach so unglaublich sanften, liebevollen, braunen Augen, die in jedem Film oder Buch beschrieben wurden. Nein, diese Augen hätten eisblau sein sollen, so kalt funkelten sie mich an. Schnell rappelte ich mich auf.

"Ich soll aufpassen?! Du rennst hier doch rum, wie ein Irrer. Pass du mal lieber auf, dass ich dir nicht gleich deine Zähne ausschlage, Arschloch!"

Ohne ein weiteres Wort, jedoch nicht ohne meinen Todesblick, drehte ich mich um und ging weiter. Was für ein arroganter Mistkerl! Wie ich solche Menschen hasste!

Wutentbrannt machte ich mich auf den Heimweg.

Ich hatte mich entschieden...

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Hey Leute :-)

Das Kapitel war eigentlich gar nicht geplant, aber irgendwie wollte es geschrieben werden. Ich hoffe es gefällt euch ;-)

M.

PruneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt