Komplimente

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Unter der heißen Dusche, die Atana mehr als nur verdient hatte, dachte er darüber nach, dass er jetzt eigentlich tot sein müsste. Seinen Auftrag konnte er nicht erledigen. Hieße das, Kakashi müsste nun seinen Kopf hin halten?

Atana selbst trug keine Schuld an dem Versagen der Mission, das hatte Deidara allein zu verantworten, aber ob die Akatsuki-Organisation einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit hatte wagte er stark zu bezweifeln. Ein seichtes Gefühl von Angst machte sich in seinem Magen breit und er hoffte wie ein Wahnsinniger darauf, dass die Akatsuki Kakashi nichts tun würden. Nur, weil sie Konoha nicht aktiv angriffen bedeutete dies nicht, dass sie nicht auch außerhalb jagt auf ihn machen würden.

Im Laufe des Tages beschloss der Shinobi sich einen Plan für die zukünftige Zeit zu machen, damit er nicht vor Langeweile mit dem Efeu der Steinwand zusammenwuchs. Vor dem lang ersehnten Abendessen besuchte er ein weiteres Mal die Bibliothek, kramte ein paar relevante Bücher aus den staubigen Regalen und legte sie oben in seinem Zimmer ab. Er stieß dabei aus Versehen gegen den kleinen Holztisch und warf das gläserne Behältnis mit den Pfeilkrautknollenblättern auf den Boden, wo es sofort in tausende Scherben zersprang. Ein Augenrollen über seine Ungeschicklichkeit konnte Atana nicht verbergen.

Blatt für Blatt pflückte er die Heilkräuter aus dem Scherbenhaufen und wunderte sich, warum Deidara den Behälter überhaupt in sein Zimmer gestellt hatte. Dort drin hätte sonst was sein können. Gift vielleicht. Aber der Blonde hatte genug Vertrauen aufgebracht, um die Heilkräuter zu retten. Er wusste doch nicht einmal, für wen oder was diese Kräuter geeignet waren. Bei dem Gedanken daran verfluchte sich Atana für sein Gutes Herz. Pfeilkrautknollenblätter lindern innere Blutungen und der beigemischte Schlafmohn senkt Fieber und Schmerzen. Es zwang einen Shinobi selbst mit zersetzen Organen zu überleben.

Er selbst konnte das Gemisch kaum gebrauchen, aber Itachi schon. Itachi Uchiha, der ihn schon so oft zu töten versucht und ihm den blanken Horror angetan hatte. Aber nach allem, was er getan hatte und wozu er geworden war, überwiegte das Gefühl der Schuld in Atana. Itachi hatte ihm einst das Leben gerettet, ihn aus der Hölle seines Vaters befreit. Jetzt war es in seinem verkorksten Gerechtigkeitssinn nur fair, ihm im Gegenzug das Heilmittel zu geben. Nur wann er das tun wollte, das wusste er nicht. Irgendwie wehrte sich sein Verstand noch dagegen.

Als alle Blätter sicher in einer kleinen Ledertasche verstaut waren und die Scherben achtlos unter den Tisch gekehrt wurden, klopfte es an der Tür. Atana wusste, dass es die Haushälterin war und sagte deswegen entspannt:
»Kommen Sie ruhig rein.«
»Lord Atana,« brummte die rundliche Frau sichtlich demotiviert, »das Essen steht bereit. Zuzüglich dessen habe ich Eure Garderobe angefertigt und erweitert. Lord Deidara erwartet Euch im Speisesaal.«
Überrascht von der übertriebenen Höflichkeit der alten Lady nickte Atana bloß stumm und öffnete seinen Kleiderschrank, als sie die Tür hinter sich schloss. Bei dem Anblick aus Rot und Schwarz wurde ihm mulmig.

Sein Stirnschutz lag im obersten Fach, fliederfarben und Lupenrein, neben seinen Bandagen und den chakraabweisenden Handschuhen, die er immer tragen musste. Darunter hingen fünf Mäntel, die alle nicht so aussahen wie die, die Atana von den anderen kannte. Seine Mäntel waren ebenso bodenlang und tiefschwarz, mit roten Rändern und Wolken versehen, aber sie hatten keine Kapuzen oder hohe Kragen. Man konnte sie nur von der Brust bis zur Hüfte verschließen. Zusätzlich fand er zwei lange, schwarze Hosen aus einem bequemen Stoff und Hosen für die Uniform. Er kannte sie von Deidara. Auch die Sandalen erkannte er wieder.

Atana freute sich, obwohl er sich nicht freuen sollte. Ihm gefiel der Schnitt seiner Uniform viel besser als die der anderen und die schwarzen, bequemen Hosen waren die absolute Krönung. Hier in dieser Burg, mit all seinen neuen Klamotten und der alten Lady als Hausdame fühlte er sich wie ein König. Es sollte ihm nicht gefallen, aber die Akatsuki behandelten ihn besser, als er es sich vorgestellt hatte. Seine Monate in dem dunklen Verlies waren schon lange vergessen, als er in seiner neuen Garnitur den Speisesaal betrat, in dem er sich vor Köstlichkeiten kaum retten konnte.

Blindfight - Die Fänge der AkatsukiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt