Vergebung

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Kakashi sah, wie Atana sich langsam wieder beruhigte und sich erschöpft gegen den Baum lehnte, an den er vorher noch gefesselt war. Seine linke Hand glitt schlaff an Kakashis Oberarm herunter, bis ihre Hände aufeinander lagen. Er wollte in diesem Moment eigentlich nur sterben, wenn Yahika nicht auf ihn warten würde. All die Schmerzen, egal ob körperlich oder geistig, die überforderten ihn. Womit hatte er all das nur verdient? Als letzten Ausweg legte Atana seine Hand auf seinen Unterarm und versuchte seine Gefühle zu bändigen, bis er keine seelischen Qualen mehr fühlte. Kakashi erinnerte sich daran, dass Atana dies auch bei ihrem letzten Kampf getan hatte und stoppte ihn sofort.

»Das macht es alles nur noch schlimmer, Atana.« flüsterte er und setzte sich neben ihn an den Baum. »Je länger du deine Gefühle ignorierst, desto schlimmer wird es am Ende.«
Atana ließ sein Chakra in Frieden und spürte sofort wieder die Ängste und Sorgen in sich. Seine Kehle schnürte sich zu, doch er zwang sich dazu nicht wieder zu weinen. Kakashi legte seinen Arm um die zitternden Schultern seiner ehemaligen großen Liebe und befahl ihm:
»Zähl sie auf. Die Fehler, die du gemacht hast. Sie alle.«
Atana befürchtete weinen zu müssen, doch er vertraute Kakashi. Die Wärme seines Körpers war die Beruhigung, nach der er sich so schrecklich gesehnt hatte.

»Ich habe dir nicht davon erzählt, dass ich das Dorf verlassen muss.«
»Weil dies dein Auftrag war.«
Atana nickte.
»Ich habe dir deine Erinnerungen genommen.«
»Du dachtest, du könntest mich damit beschützen.«
Als nächstes würde Atana eigentlich aufzählen, dass er mit einem Monster geschlafen hatte, doch das war ihm eine Spur zu peinlich und er fürchtete sich sehr vor Kakashis Reaktion darauf.
»Ich habe Kakusa angegriffen. Dann habe ich der Akatsuki-Organisation Loyalität geschworen und einen alten Mann bedroht, damit er mir den Ring anfertigt. Damit habe ich die Akatsuki betrogen. Ich habe viele Menschen getötet, Konoha angegriffen, das Sharingan erweckt, die Technik weiterentwickelt, mehr gelesen als mich mit meinen Problemen zu befassen, hab die Akatsuki ein weiteres Mal betrogen, wollte Kakusa töten... Und jetzt sitze ich hier. Es ist ein Wunder, das ich noch lebe. Ein schreckliches Wunder. Vielleicht eher ein Alptraum.«

Atana sah Kakashi tief in die Augen. Er wartete auf Beschimpfungen, ein Augenrollen, oder Enttäuschung. Aber er sah nur Mitleid, und das in seiner ehrlichsten Form. Atana wünschte sich sehnlich Kakashis ganzes Gesicht zu sehen, so wie früher, doch nichts würde jemals wieder so sein wie früher. Diese ganzen Fehler waren unverzeihlich und irreversibel. Kakashi würde ihm genauso wenig verzeihen wie Kakusa. Und er hatte ihnen nichtmal die ganze Wahrheit gesagt. Niemals würde er es übers Herz bringen Kakashi zu sagen, dass er mit Hidan geschlafen hatte und Deidara geküsst hatte. Und zu allem Überfluss wusste er auch nicht, dass Obito noch lebte und die Akatsuki anführte. Er wusste nichts von Itachis Geschichte, nichts von Konans Kind. Es gab doch so viele Dinge, die Kakashi nicht wusste, und das würde sie beide wieder voneinander trennen.

Vorsichtig ergriff Atana mit seiner linken Hand den Rand von Kakashis Maske. Mit klopfenden Herzen erwartete er Gegenwehr, doch Kakashi ließ es einfach über sich ergehen. Er spürte kurze Zeit später die kühle Nachtluft auf deiner entblößten Haut. Atana hatte beinahe vergessen wie attraktiv Kakashi war, so lange, wie er ihn nicht mehr gesehen hatte. Mehr als zweieinhalb Jahre war es nun her. Er erinnerte sich noch genau an Kakashis blasses Gesicht im Schnee, nach dem Kampf, den Atana niemals hätte gewinnen dürfen.

»Du hast dich glücklicherweise kaum verändert.« gab Atana lächelnd zu und spürte Tränen in seinen Augen. Er konnte nicht einordnen ob es Freudentränen waren oder er einfach der Vergangenheit hinterher trauerte. Kakashi blickte gütig in das Gesicht der wechselnden Emotionen und war mit einem Mal unendlich besorgt um Atana. Monatelang wollte er nur einen Tod, dann verlangte er Antworten. Er hatte immer gewusst, dass ihm etwas fehlte. Dass Iruka nicht der war, den er brauchte. Dieses klaffende Loch in seinem Herzen war in dem Moment endlich geheilt. Er konnte Atana nur verzeihen. Jetzt sah er in der Bestie Atana Uchiha wieder den jungen Mann, den er schon seit seiner Jugend geliebt hatte. Er konnte auch Tsunade und seinen Freunden verzeihen, dass sie ihn belogen hatten. Sie wollten ihn alle nur beschützen. Für diese Loyalität war er, trotz seiner Wut über die Unterschätzung seiner psychischen Kräfte, unendlich dankbar.

Blindfight - Die Fänge der AkatsukiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt