Die Zeremonie

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Nach zwei Stunden erreichte Atana das Ende des Tunnels und den Eingang zur Festung, in der er ein paar Chakren bemerkte. Er konnte sie aus der Entfernung nicht auseinanderhalten, aber das war keineswegs schlimm. Schließlich machten die ersten beiden Träger mit lauter Streiterei schon direkt auf sich aufmerksam.
»Die Ewigkeit gibt es doch gar nicht! Nichts ist ewig. Aber es gibt tausende Momente, von denen jeder ein besonderer sein muss. Ha! Die wahre Kunst liegt eindeutig im Moment! In dem Bruchteil einer Sekunde!«
»So einen Blödsinn höre ich immer wieder von dir, was mal wieder zeigt, dass du keine Ahnung von Kunst hast. Du bist nur ein dummer, ungebildeter Bengel, nichts weiter. Lerne vom Meister. Nichts ist schöner als die Ewigkeit.«

Ein Lächeln schlich sich auf Atanas spröde Lippen und es war so ehrlich, dass sein Körper die Glücksgefühle kaum einordnen konnte. Nach Tagen der Verzweiflung, Wochen der Verwirrung und einem Jahr Unsicherheit fühlte er sich endlich wieder präsent. Deidaras Chakra war für ihn klar von den anderen unterscheidbar. Die Hitze, der imense Druck und die Farbe von flüssigem Gold würde er überall wiedererkennen. Das letzte Mal, als er es gespürt hatte, war er ziemlich unfreundlich zu ihm gewesen. Aber daran dachte er kaum, er wollte viel lieber den Streit unterbrechen, bevor Deidara Sasori zu Kleinholz sprengte. Vorsichtig stieg er die Treppen hoch. Es fühlte sich an, als würde er nach Hause kommen.

»Sieh Mal einer an.« brummte Sasori, als er Atana bemerkte. Auch Deidara blieben seine Beleidigungen im Hals stecken. Dann fing er spöttisch an zu lachen.
»Ganz Recht, Sasori. Das entlaufene kleine Küken ist wieder zurück im Nest. Es war richtig angenehm ohne dich.«
Deidara war wütend auf Atana. Was ist noch wütender machte war der Fakt, dass er überhaupt nicht wusste, wieso. Stimmungsschwankungen eines Teenagers? Oder war er böse, weil er sich Sorgen um Atana gemacht hatte? Er wünschte, er könnte sich das erklären.
»Lügner.« antwortete Atana prompt und grinste. »Du hast mich vermisst.«
»Hab ich nicht, Schwachkopf!«
Lachend zog Atana seinen Mantel aus und begab sich vom Treppenhaus aus in den zweiten Stock.

Aus der Wand trat plötzlich Zetsus Chakra hervor. Die lebende Zimmerpflanze erschreckte ihn immer wieder.
»Was gibt's?« fragte Atana ungeduldig, als die weiße Hälfte nicht mit ihm redete.
»Heute Abend werden sie dir deine Augen operieren, damit sie bis morgen ausgiebig abheilen können.« säuselte er nun. »Begebe dich um neun Uhr in den großen Saal im dritten Stockwerk.«
»Hast du das kapiert?« fragte der schwarze Zetsu unfreundlich nach. Atana nickte und öffnete seine Zimmertür. Die Operation würde in einer halben Stunde schon beginnen.

Er machte sich pünktlich auf den Weg, frisch geduscht und auch sichtlich erschöpft von der langen Reise. Eigentlich würde er jetzt lieber schlafen als operiert zu werden, doch er hatte keine andere Wahl. Endlich wieder vernünftig sehen zu können war für ihn gerade wichtiger als Schlaf.
»Leg dich dort hin, wir setzen eine lokale Betäubung ein.« erklärte die Haushälterin mit den roten Haaren, die wohl auch leidenschaftlich operierte. Ein wenig Angst machte das Atana schon.
»Nicht nötig.« beteuerte er und tat das, was ihm befohlen wurde. »Ich bin seit neustem ziemlich Schmerz-«
Er spürte einen Pieks an seinem Arm, Sasoris Chakra und wusste, dass er mal wieder mit seinem Gift betäubt wurde, bevor ihn das Bewusstsein verließ.

*

Am nächsten Morgen fühlte er sich, als hätte er den Abend zuvor flaschenweise Sake getrunken. Als er jedoch die Augen aufschlag und die weiße Decke verschwommen betrachten konnte, wusste er, dass die Operation vom gestrigen Abend ein Erfolg war. Voller Tatendrang setzte er sich auf, bewegte sich so schnell wie nur möglich zum Spiegel und sah sich endlich wieder selbst.

Dunkle Augen, seine Augen, schief geschnittene Haare und ein kränklich graues Gesicht, auf dem sich ein erleichtertes Lächeln zeigte. Von Zeit zu Zeit gewöhnten sich seine Augen an die Umwelt und er war sogar der Auffassung, er erkenne mehr Details als vor seiner temporären Blindheit. Bevor er aber das Zimmer verließ und sich zum Frühstück gesellte brachte er seine Haare wieder in Ordnung, zog sich einen der Mäntel über und packte seine Tasche vom Vorabend aus. Er fand sein Stirnband, welches er sicherlich heute Abend bräuchte, eine Hand voll Kunais aus der Waffenschmiede und ein kleines Bingobuch. Es war, als würde er in Jahrzehnte alten Erinnerungen schwelgen.

Blindfight - Die Fänge der AkatsukiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt