Mit pochenden Schmerzen in seinen Augenhöhlen erwachte Atana aus der Ohnmacht und sah, dass es draußen noch dunkel war. Der metallische Geruch von frischem Blut stieg ihm in die Nase. Seine gesamte Körperhälfte war von der Flüssigkeit bedeckt, verklebte Haare und Haut. Wie immer wurde ihm übel. Er konnte zu viel Blut nicht ertragen. Seine Knie wurden weich, und dennoch stand er auf um sich am rostigen Waschbecken das fremde Blut aus den Haaren und von den Händen zu waschen. Dabei nahm er nicht den Ring ab, niemals tat er das. Er war ein Teil seiner Identität und sein kostbarster Besitz.
Langsam verging das Zittern, die Kopfschmerzen wurden schwächer. Atana war irgendwie froh einen Freund seines Vaters getötet zu haben. Er hatte keine Ahnung ob sein Alter im Gefängnis schon längst gestorben war, und er stellte zufrieden fest, dass ihm der Umstand auch egal war. Als er in den Spiegel sah erkannte er weder die Gesichtszüge seines Vaters, noch die seiner Mutter. Sie beide waren tot oder verschollen, was sollte ihn das kümmern? Er hatte immernoch sich selbst. Die einzige Person, für die sich das kämpfen lohnte, war er. Schuldgefühle waren nicht seine Art, in die Vergangenheit blicken ebensowenig. Warum nur fühlte sich das töten heute an, als wäre es das erste Mal?
Seufzend hievte Atana sich die Leiche auf den Rücken und löschte das Licht im Salon, bevor er die Tür öffnete und in die angenehme Nachtluft trat. Das Fest war immernoch nicht abgeklungen, laut Stand des Mondes müsste es aber schon zwei oder drei Uhr sein. Niemand hatte gehört oder gesehen wie der alte Mann in seinem kleinen Holzhaus brutal ermordet wurde, denn die Menschen waren zu sehr damit beschäftigt den Alkohol in sich strömen zu lassen. Vielleicht war Tsunade schon nach Hause gegangen um sich für den morgigen Tag auszuruhen, aber vielleicht saß sie noch dort und spielte ein paar Kartenspiele mit den vielen gierigen Männern, die sie umwarben. Atana konnte sich gut vorstellen, dass sie einen Toast auf Kakashi ausbrachte, bevor sie sich flaschenweise am Sake bediente. Dort, wo jeder trinkfeste Shinobi morgen vor Übelkeit kaum laufen konnte, saß sie an ihrem Schreibtisch und regierte eine Großstadt.
Ein Lächeln umspielte seine Lippen bei der Vorstellung, das dies wahrscheinlich Wirklichkeit wurde. Er hatte Tsunade schon immer bewundert. Doch nun war es an der Zeit Konohagakure zu verlassen, das wusste er. Den Körper musste er ins Reich der Wasserfälle bringen, dort erhielt er das Kopfgeld. Dieses Mal nahm er nicht den konventionellen Weg sondern flüchtete mit hoher Geschwindigkeit über die Dächer, bis er endlich das Tor erreichte. Hier musste er so unverdächtig wie möglich aussehen. In der Dunkelheit schaffte er es an den Wachen vorbei, zumindest dachte er das, denn fälschlicherweise wiegte er sich zehn Meter hinter dem Tor in Sicherheit. Er strafte sich selbst dafür dumm genug gewesen zu sein die Konohanin zu unterschätzen.
In der Dunkelheit strahlten ihm sieben verschiedene Anbu-Masken entgegen, wobei er hinter sich deutlich das mächtig, honig-artige Chakra von Tsunade spürte. Einen kurzen Anflug von Panik konnte er nicht leugnen. Es war keine Spezialeinheit, doch einige von ihnen kämpften sicher schon länger in der Anbu. Tsunade konnte kaum glauben, dass Atana sich tatsächlich ins Dorf gewagt hatte. In ihrem benebelten Kopf herrschte nun wieder Klarheit. Im sanften Sommerwind wogen die dunklen Locken leicht hin und her. Der umstellte Shinobi ließ achtlos die Leiche auf seiner Schulter fallen und drehte sich langsam zu ihr um.
»Was wagst du es dich hier aufzukreuzen, Atana?« herrschte sie ihn an und ballte ihre Hände zu Fäusten. »Und warum schleppst du diesen Mann mit dir herum?«
Sie betrachtete den Mann genauer.
»Das ist der alte Hyuga, der Älteste des Clans! Aus welchem Grund hast du diesen alten, unschuldigen Mann umgebracht?«
In dieser kritischen Situation konnte Atana sein Augenrollen leider nicht verhindern.
»Auch wenn mich das nicht rettet, er war nicht unschuldig. Sonst hätte wohl niemand ein Kopfgeld in Höhe von einer halbe Milliarde Ryo auf ihn gesetzt.«
Die Kälte, mir der Atana diese Worte aussprach, vereiste Tsunades Brust und machte ihr das Atmen schwer. ›Wer ist dieser grausame Typ vor mir und was ist aus Atana geworden?‹, fragte sie sich trostlos.
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Blindfight - Die Fänge der Akatsuki
Fanfiction[Teil 2 der Blindfight-Reihe] In den Fängen der Akatsuki verarbeitet Atana seine Vergangenheit und seine Liebe zu Kakashi unter ständiger Beobachtung. Dabei stößt er auf tiefgreifende Intrigen, entdeckt die Geschichte des Chakras neu und verliert si...