Die Jagt einer Tigerin

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Viele Meilen lagen zwischen der Insel, auf der Atana eingesperrt war, und Sunagakure, der verschlafenen Sandstadt mitten in der Wüste des Windreiches. Vor genau drei Tagen wurde ein neuer Kazekage vom Feudalherren des Windreiches ernannt, mitten in einem unnachgiebigen Sandsturm, der durch die gelben Straßen fegte. Er war der neue Lord, der Sunagakure wieder Sicherheit und Stabilität garantieren würde.

Seine Verbundenheit zu Konohagakure und dem Feuerreich brachte dem Herrscher viel Ansehen unter der jungen Generation Sunas, auch wenn er von dem Rat der Ältesten oftmals degradiert und verachtet wurde. Sie kamen jedoch nicht umher einzusehen, dass die Reinkarnation des Sandgeistes die beste Verteidigung Sunas war, die seit dem vorletzten Kazekage existierte. Die Einwohner wiegten sich in Sicherheit und begannen dem jüngsten Kage aller Reiche mehr Vertrauen entgegen zu bringen.

Auch Kakusa Mamoto war überzeugt von den Führungsqualitäten ihres neuen Vorgesetzen. Mühevoll hatte sie ihre Haare zusammengebunden und wischte sich ein paar kleine Sandkörner von der Brust. Heute schien Sunagakure so verlassen wie noch nie, als hätte der Sandsturm sie alle weggefegt. Stören würde Kakusa das nicht, sie mochte keinen von den Suna-Nin. Sie alle waren zielorientierte Schafe, machthungrig und eingebildet. Dabei konnte sie als junge Frau bestimmt mehr als die Hälfte von ihnen schlagen, ohne ein Jutsu ausführen zu müssen.

Nicht ohne Grund würde ihr mit neun Jahren der Titel ›Chunin‹ verliehen, was nun bereits zwölf Jahre in der Vergangenheit lag. Aber der alte Kage hätte ihr nichtmal ein Stirnband gegeben, wenn er gewusst hätte, dass sie nur für sich selbst und das Geld Missionen ausführte, nicht für Sunagakure. Patriotismus war in ihren Augen ein unnötiger Zeitvertreib, aber heute musste sie dem Kazekage vertrauen und sich ihm öffnen, so schwer ihr das auch fiel.

Einsam hallten ihre Schritte durch den großen Eingangsraum, als sie die Sandfestung des Kazekage betrat. Schon gestern hatte Kakusa un einen Termin gebeten, wurde jedoch abgelehnt. Wenn sie nicht unter Druck stehen würde, hätte sie noch ein paar Tage gewartet, doch nun musste sie unangemeldet in das große zentrale Büro hereingehen, ohne ihre sonst so stetige Geduld auszureizen.

»Lord Gaara,« sagte sie demütig und neigte ihren Kopf, »ich habe ein wichtiges Anliegen.«
Auch wenn ihr Autoritätspersonen meistens völlig egal waren wusste sie sich in der Gegenwart eines Kages durchaus zu benehmen. Er war noch sehr jung, doch gerade deswegen sollte man ihm Respekt erweisen. Respekt und Anstand kam in dieser Welt oft zu kurz, fand sie.
»Kakusa. Es tut mir leid, dass ich deine Audienz gestern ablehnen musste. Geht es um die selbe Sache wie gestern?«
Seine Stimme war dunkel für die eines vierzehnjährigen, sein Haar feuerrot und ungebändigt. Kakusa war verwundert über seine Ausdruckweise, denn niemand hatte sie jemals mit ›Sie‹ angesprochen.

»Lord Kazekage, sprecht mich bitte nicht so förmlich an. Ich bin einundzwanzig Jahre, nicht scheintot.«
»Sie sind eine der besten Kunoichi in Suna. Es ist nur Recht Ihnen Respekt entgegen zu bringen, den Sie verdienen. Aber wenn du darauf bestehst, spreche ich dich persönlicher an.« sagte der Kazekage und legte den Stift bei Seite, mit dem er bis jetzt geschrieben hatte. »Dein Anliegen. Erzähl mir davon.«

»Ich werde Suna für eine unbestimmte Zeit verlassen.« erklärte Kakusa streng ihr Vorhaben und hielt dem überraschten Blick von Gaara mühelos stand. Er fragte:
»Hast du eine Begründung dafür?«
»Durchaus. Nur werde ich Euch diese nicht mitteilen.« antwortete die Kunoichi und zuckte gelassen mit den Schultern. Der Junge vor ihr kam sich durchaus merkwürdig vor, als er anmerkte:
»Du kannst Suna nicht einfach so verlassen, Kakusa. Ich gebe die Befehle.«
»Und ich befolge sie nicht.« entgegnete sie kühl. »Der Grund ist sehr persönlich. Es geht um meinen Bruder.«
Gaaras Blick wurde misstrauisch. So viel Einfühlungsvermögen hatte sie von der Kunoichi, welche tötete wie eine Maschine, nicht erwartet. Sie erschien ihm immer skrupellos und distanziert, aber niemals wie eine Frau, die sich um ihre Familie sorgte. Er hatte ihre Akte gesehen, ihre neuste Punktzahl von 32,5. Was verleitete die Jonin dazu, so sentimental zu werden?

Blindfight - Die Fänge der AkatsukiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt