Kapitel 27

47 11 10
                                    

Der Maskierte stand wie angewurzelt in dem engen Raum.
Wenn Osakr es nicht besser gewusst hätte, hätte er ihn für eine Statue gehalten.
Wie viel Zeit wohl schon verstrichen war, seitdem er ihm diese Frage gestellt hatte?
Für Oskar fühlte es sich wie eine Ewigkeit an.
Brauchte der Kerl so lange, um zu überlegen, ob er seine Identität preisgeben sollte?
Wieso rührte er sich nicht?

Oskar überlegte, ob er seine Frage noch einmal wiederholen sollte.
Allerdings hatte ihn das schon beim ersten Mal unglaublich viel Überwindung gekostet.
Immerhin war es schon schwierig genug, einfache Leute auf der Straße anzusprechen.

Andererseits wollte er endlich Gewissheit darüber, um wen es sich bei seinem geheimnisvollen Entführer handelte.
Er war sich sicher, dass er diesen Mund schon mal irgendwo gesehen hatte.
Oskar nahm all seinen Mut zusammen und stellte die Frage noch einmal, dieses Mal mit festerer Stimme.
"Sag schon. Wer bist du?"

Der Entführer drehte sich zu ihm um und senkte den Kopf.
Er führte seine rechte Hand an die Maske, so als wäre er im Begriff, diese abzunehmen.
Kurz vorm Ziel geriet er jedoch ins Zögern.

Er ging auf Oskar zu, kniete sich neben ihn und schloss die Arme um ihn.
Oskar war völlig perplex und verstand nicht so recht, was gerade geschah.
Der Entführer positionierte sich so, dass Oskar ihn direkt ansehen konnte.
Jetzt war er endlich bereit, seine Maske abzunehmen.

Oskar konnte nicht glauben, wen er dahinter erblickte.
Es dauerte eine Weile, bis er seine Sprache wieder gefunden hatte.

"Charlotta...?"

"Ja, ich war es. Ich hab dich an diesen Ort gebracht."
"Aber wieso...?"

Oskar war deutlich anzusehen, dass er mit der Situation restlos überfordert war.

"Trink erstmal was. Du hast fast achtzehn Stunden geschlafen. Dein Körper braucht Wasser."

Oskar gehorchte.
Seine vertrocknete Kehle hatte er fast schon völlig vergessen.
Ein Glas Wasser zu trinken hatte sich lange nicht mehr so gut angefühlt.
Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund.

"Und jetzt raus mit der Sprache. Wozu diese komische Entführungsaktion?"
Charlotta sah ihm mit ernstem Blick in die Augen.
"Ich hab das getan, um dein Leben zu retten."

VerlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt