Juli 1998
Endlich klingelte es an der Haustür.
Marco hatte sich etwas verspätet, was Susan sehr missfiel.
Es gab nichts, was sie mehr hasste, als Unpünktlichkeit."Du bist spät dran", fauchte sie.
"Tut mir leid. Auf den Straßen war eben viel los."
"Na gut. Komm erstmal rein."Susan führte ihren Ex Liebhaber in die Küche.
Von hier aus konnte sie Amalia beim Spielen zusehen.
Obwohl sie schon sechs Jahre alt war, wollte sie sie nicht komplett unbeaufsichtigt lassen.Marco nahm am Esstisch Platz und lehnte sich entspannt zurück.
"Ist schon eine Weile her, dass wir uns das letzte Mal gesehen haben."
"Stimmt."
"Du hast dich kein bisschen verändert. Immer noch genauso hübsch wie früher."
Susan setzte sich ihm gegenüber.
"Versuch es erst gar nicht. Ich hab dich nicht eingeladen, um von dir angebaggert zu werden."
"Hm. Ich dachte, du würdest dich vielleicht über ein nettes Kompliment freuen."Er tippte rhythmisch mit den Fingern auf der Tischplatte herum.
"Tja, falsch gedacht. Was ist jetzt mit dem Angebot, von dem du gesprochen hast?"
"Du hast wohl echt kein Interesse mehr an mir, oder?"
"Richtig. Ich bin fertig mit dir."
"Nun, das ist bedauerlich", seufzte Marco. Sein Atem roch nach Zigarrenrauch.
"Für dich vielleicht.""Also gut, da du es ja gar nicht abwarten kannst, werde ich dir nun mein Angebot präsentieren. Bevor du direkt Nein sagst, solltest du dir erst einmal vor Augen halten, wie viel Geld für dich dabei rausspringen würde. Du müsstest nie wieder Angst haben, die Miete nicht zahlen zu können. Mehr noch, du könntest dir sogar ein eigenes Haus davon leisten."
"Ist ja gut, komm zum Punkt. Sag mir einfach, was ich tun soll."
Auf Marcos Gesicht breitete sich ein Grinsen aus, das Susan nicht richtig zuordnen konnte."Gib mir deine Tochter."
Susan traute ihren Ohren nicht.
"Wie bitte...?"
"Du hast mich schon verstanden. Keine Sorge, du sollst dich gar nicht für immer von ihr trennen. Wenn du sie mir einmal die Woche ausleihst, reicht das locker."Susan konnte immer noch nicht glauben, was sie da eben gehört hatte.
Sie brauchte eine Weile, bis sie ihre Stimme wiedergefunden hatte."Was hast du mit ihr vor?"
"Ich besitze eine Art Unternehmen. Meine Kunden würden sich sicher sehr über deine Tochter freuen. Sie ist ein ganz bezauberndes Kind mit wunderschönen, großen Augen. Sowas kommt immer besonders gut bei meiner Kundschaft an."
"Spinnst du?! Ich gebe meine Tochter doch nicht in die Obhut von Pädophilen! Da bleibe ich lieber für den Rest meines Lebens arm!"
Susans Stimme bebte vor Wut.Unglaublich, dass Marco sich getraut hatte, etwas Derartiges überhaupt vorzuschlagen.
"Ich hab mir schon gedacht, dass du so reagieren würdest. Aber glaub mir. Die Summen, die meine Kunden für ein paar Stunden mit deinem Kind zahlen würden, sind wirklich immens hoch.""Die Summen können noch so hoch sein, auf so ein Angebot lass ich mich nicht ein!"
"Wie schade. Um ehrlich zu sein hätte ich bereits ein Auge auf deine Tochter geworfen, als ich sie das erste Mal gesehen habe. Sie ist so ein schönes Kind."
"Du bist doch krank im Kopf! Verlass sofort meine Wohnung und lass dich hier nie wieder blicken!""Okay, es gibt da nur folgendes Problem: Ich habe meinen Kunden bereits versprochen, dass sie dieses Mädchen bekommen. Im Grunde ist es also egal, was du sagst, verstehst du? Du musst eine Wahl treffen. Entweder du leihst mir deine Tochter einmal pro Woche aus, verdienst massenhaft Geld und bekommst sie abends wohlbehalten zurück, oder ich nehme sie dir für immer weg, du siehst sie nie wieder und bekommst keinen müden Cent von mir. Also, wie entscheidest du dich?"

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Verlangen
Mistero / ThrillerNachdem Fred etwas auf einer ominösen Internetseite bestellt hat, bekommt er seltsame Pakete zugeschickt, deren Inhalt ihn zuerst an einen Scherz glauben lässt. Als der Absender jedoch androht, seine Freundin zu ermorden, erkennt er den Ernst der La...