Kapitel 32

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Fred stellte das Paket auf dem Küchentisch ab.
Er hatte so lange gewartet, bis Gwendolyn aus dem Haus gegangen war.
Nach dem gescheiterten Date gestern Abend war er froh, ihr für ein paar Stunden nicht unter die Augen treten zu müssen.
Sie hatte zwar behauptet, deswegen nicht sauer zu sein, aber zumindest ein wenig enttäuscht war sie trotzdem gewesen.

Fred war gestern so schlecht drauf gewesen, dass er seine Pizza nicht einmal angerührt hatte. Es lief darauf hinaus, dass sie das Restaurant frühzeitig verließen.
Fred hatte noch genau vor Augen, wie schief der Kellner ihn angeschaut hatte.
Dort würden sie garantiert nie wieder essen gehen.

Gwendolyn hatte noch den ganzen Abend über versucht herauszufinden, was mit Fred nicht stimmte.
Als er sich das Foto der Mitarbeiter auf der Speisekarte angesehen hatte, wirkte er wie hypnotisiert.
Offensichtlich hatte er jemanden darauf erkannt.

Gwendolyn hatte für sich beschlossen, dass sie ihn erst danach fragen würde, wenn sich sein Zustand verbessert hatte.
Falls er sich überhaupt je verbessern würde.

Fred wurde das Gefühl nicht los, dass er erst am Anfang stand.
Am Anfang einer grausamen Tortur, die immer mehr Besitz von seinem Leben ergriff.

Er saß regungslos vor dem Paket und spielte mit dem Gedanken, es einfach zu verbrennen.
Eigentlich wollte er gar nicht wissen, was sich dieses Mal darin befand.
Er wollte nichts mit der Sache zu tun haben, schließlich kannte er die Frau auf den Fotos nicht einmal.
Aber das war dem Kerl, der das alles angezettelt hatte, sowieso scheißegal.
Fred schien jetzt ein fester Bestandteil seines Plans zu sein.
Was auch immer das für ein Plan war.

Er hatte keine Wahl. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als das Paket zu öffnen.
Seine Hände begannen gleichzeitig zu schwitzen und zu frieren.
Wieder kramte er das Küchenmesser hervor und atmete mehrmals tief durch.
Das Messer durchtrennte das Klebeband, als ob es nichts wäre.

Fred kniff die Augen zusammen, bevor er sich überwand, in das Paket hinein zu sehen.
Was er dort erblickte, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.
Es war schlimmer, als alle Möglichkeiten, die er in seinem Kopf durchgegangen war.

Dieses Mal lag nicht nur ein Foto auf dem verbeulten Paketboden, sondern gleich Mehrere. Sie zeigten nicht wie sonst die hübsche blonde Frau, sondern ein Mädchen, das er nur allzu gut kannte.
Gwendolyn.

Die Fotos zeigten sie in den unterschiedlichsten Situationen.
Beim Einkaufen in der Stadt, bei der Arbeit, im Running Sushi Restaurant, in der Bücherei...
Der Stalker war ihr scheinbar überall hin gefolgt.
Es gab sogar ein Foto von ihr, auf dem sie im Bett lag und etwas in ihr Tagebuch schrieb.

Fred musste sich zusammenreißen, damit er nicht alles um sich herum kurz und klein schlug.
So eine Wut wie in diesem Moment hatte er noch nie zuvor gespürt.
Egal wer dieser Psychopath auch war, Fred würde ihn finden und fertig machen.

Plötzlich fiel ihm ein Foto auf, das er vorher nicht bemerkt hatte.

Es zeigte Gwendolyn fröhlich lächelnd.
In der rechten Ecke des Bildes war mit schwarzem Edding ein Pfeil gekritzelt.
Fred folgte der Anweisung und drehte das Foto um.
Der Stalker hatte eine Nachricht auf der Rückseite des Fotos verfasst.
Keine Polizei, sonst stirbt sie. 

Dieser Mistkerl schreckte auch vor nichts zurück.
Was hatte der Kerl mit Gwendolyn vor?
Würde sie das Schicksal der hübschen Blondine ereilen?
Nein, soweit würde es gar nicht erst kommen.

Fred war fest entschlossen, Gwendolyn zu beschützen.
Koste es, was es wolle.

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