Verlangen

Kapitel 28

"Ich hab mich schon die ganze Woche auf diesen Abend gefreut", sagte Gwendolyn, während sie sich im Spiegel betrachtete.
Sie trug zum ersten Mal das Schwarz-Rot karierte Rüschenkleid und konnte einfach nicht die Augen davon abwenden.
Es sah fantastisch aus.

"Komm schon, lass uns endlich gehen", drängelte Fred, der bereits seit einer halben Stunde auf sie wartete.
Er und Gwendolyn hatten sich vorgenommen, diesen Abend zu zweit auszugehen.
Ihr letztes gemeinsames Date lag schon eine Weile zurück.

Gwendolyn hatte vorgeschlagen, wieder ins Running Sushi zu gehen, doch Fred bestand darauf, etwas Anderes zu probieren.
Sie hatten sich schlussendlich für ein italienisches Restaurant entschieden.
Gwendolyn wusste jetzt schon, dass Fred sich sowieso wieder eine Salami Pizza bestellen würde.
Im Restaurant schmeckte sie schließlich mindestens doppelt so gut, wie aus der Tiefkühltruhe.

"Na gut. Ich glaube, ich kann so gehen."
"Klar, du siehst klasse aus. Wie immer eigentlich."
"Eigentlich?"
"Wie immer", korrigierte Fred den Satz.
Er drückte ihr einen liebevollen Kuss auf den Mund, dann nahm er ihre Hand und führte sie in Richtung Haustür, wo sie mal wieder ewig brauchte, um ihre Schuhe anzuziehen.
"Die Pizzeria schließt bald, wenn du dich nicht beeilst."
Eigentlich war Fred selbst schuld. Immerhin war er es gewesen, der Gwendolyn diese Schuhe gekauft hatte.

Als sie endlich fertig war, öffnete sie die schwere Tür - und machte ein überraschtes Gesicht.
"Was ist los?", fragte Fred, der bereits eine schlimme Vorahnung hatte.
"Hast du etwas bestellt?"
Er merkte, wie seine Hände zu schwitzen begannen.
"Ja, genau. Das ist für mich."
Er hatte beschlossen, Gwendolyn nichts von den Vorfällen mit den Fotos und den seltsamen Paketen zu erzählen.
Das würde sie nur unnötig beunruhigen.

Sie reichte ihm das Paket.
Es sah genauso demoliert aus, wie seine Vorgänger.
Fred stellte es auf dem Boden ab.
Öffnen würde er es erst, sobald er allein war.
Er wusste, dass der Inhalt nichts Gutes bereit halten würde.

Vor seinem inneren Auge erschien das Foto der hübschen Frau mit den Hämatomen im Gesicht.
Was würde wohl als nächstes kommen?
Ein Foto der selben Frau, die nun noch übler zugerichtet war?
Oder sogar ein Bild, auf dem sie tot zu sehen war?
Wenn das wirklich der Fall war, was sollte er dann tun?
Die Polizei einschalten?

Auf einmal war Fred überhaupt nicht mehr nach Pizza zumute.
Trotzdem versuchte er sich nichts anmerken zu lassen.
Schließlich wollte er Gwendolyn nicht enttäuschen.