Kapitel 21

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Ohne mich umzudrehen, weiß ich ganz genau wer hinter mir steht. Klar ich habe es an der Stimme erkannt, doch auch an dieses Körpergefühl welches sich in mir breit macht, wenn er in meiner Nähe ist. Bevor das alles passiert ist war es ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit, doch jetzt ist es undefinierbares Gefühl. Wenn ich es beschreiben müsste, würde ich sagen ein Gefühl von tiefster Enttäuschung und Trauer. Ich antworte ihm nicht. Ich senke auf meinen Blick vom Himmel auf den See und mir schießen alle möglichen Gedanken und Erinnerungen durch den Kopf.

Flashback in Nikis Gedanken..

"DARDAN HÖR AUF!" renne ich lachend um den See. "Dann nimm es sofort zurück" er lacht ebenfalls und rennt mir hinterher. Wie soll es auch anders sein, außer dass er schneller als ich ist und mich an meiner Hüfte packen, bevor er mich zu sich umdreht. "So und jetzt wiederhol was du gesagt hast, du kleine freche Provokantin" lacht er und schaut mir in die Augen. "Ich hab doch nur gesagt, dass ich Jacob Elordi hübsch finde" hebe ich meine Hände unschuldig in die Höhe. "Hallooo, du darfst nur mich hübsch finden sonst niemand" sagt er gespielt beleidigt. "Wieso likest du dann Gigi Hadid ihre Bilder auf Insta Mr. Mushkolaj?" ziehe ich meine rechte Augen hoch. "Okay erwischt" lacht er laut. Ich stimme ebenfalls mit ein in sein Gelächter. "Du weißt hoffentlich Zemer das du nach meiner Mutter die einzige Frau in meinem Leben bist und das auch so für immer bleiben wird" Ich lächle breit und gebe ihm ein kurzen Kuss. "Ich weiß Baby, das beruht natürlich auf Gegenseitigkeit" lächle ich und gebe ihm noch ein Kuss.

Flashback Ende..

Und jetzt sitze ich hier mit einen ganzen Erinnerungen. Mit diesen ganzen Lügen, die sich damals noch so echt angefühlt haben. Ich hab es gar nicht realisiert, dass er sich mittlerweile neben mich auf die Bank gesetzt hat. Ich schaue ihn weiterhin nicht an. Ich kann es einfach nicht, wie gerne ich ihn anschreien würde und ihm sagen würde das er das aller letzte ist, doch ich habe keine Kraft dafür und tief in meinem Inneren habe ich immer ein kleinen Funken Hoffnung, dass es dafür eine Erklärung gibt. "Wie geht es dir?" höre ich ihn leise fragen. Ein verbittertes Lachen entgeht meiner Kehle. "Dein scheiß Ernst gerade? Wie es mir geht? Schau mich doch mal an wie es mir geht, dann kannst du dir deine dumme Frage auch selber beantworten." gebe ich kalt von mir. "Okay das war echt eine dumme Frage, tut mir leid.." Er bekommt keine Antwort meinerseits. Wir reden nicht, sondern schweigen uns alle beide einfach an mit dem Blick auf den See gerichtet, der mit so vielen Erinnerungen zusammenhängt. "Ich hab versucht irgendwie an dich ranzukommen die letzten Wochen.. Ich bin froh dich endlich anzutreffen. Ich saß hier in den letzten Wochen die ganze Zeit und habe an die schönen Zeiten gedacht, die wir hatten." murmelt er leise. "Tu nicht so als hätte dir das mit uns überhaupt irgendwas bedeutet. Hättest du mich wirklich so sehr geliebt, hättest du mir sowas nie im Leben angetan. Du wusstest ganz genau was Erencan mit mir gemacht hat und was ich für Vertrauensprobleme dadurch habe. Dann dachte ich wirklich, dass du es ernst meinst und so schnell geht es dass selbst die Person für die man gestorben wäre und es eigentlich dachte das diese Personen genauso für einen sterben würde, dich selber einfach sterben lässt." gebe ich von mir. Mir laufen die Tränen die Wangen runter bei der Vorstellung, dass alles zwischen uns einfach nicht real war. Ich blicke zum ersten Mal zu ihm rüber und bin etwas geschockt von dem Anblick. Er sieht total mitgenommen aus, als hätte er seit Tagen nicht geschlafen. Seine Augen sind glasig und so voller Reue. So voller Trauer und Leid. "Niki bitte hör mir einfach nur zu. Ich weiß das du mich jetzt hasst. Ich kann das wirklich verstehen, aber lass es mich dir bitte erklären" er fährt sich durch die Haare und schaut mich erwartungsvoll an. "Dardan ich will es gar nicht wissen. Das einzige was ich weiß, dass du mich hintergangen hast. Anstatt hier bei mir zu sitzen, solltest du zu deiner Ehefrau gehen und versuchen deine Ehe zu retten. Vielleicht hat das ja eine Zukunft weil ich weiß sicher, dass ich dir nie wieder in meinem Leben vertrauen könnte und im Endeffekt hast du eine Ehefrau mit mir betrogen. Ich hoffe dir ist bewusst, dass ich das ganze auch nie mit dir eingegangen wäre, wenn ich das gewusst hätte.." das Ende bricht leicht ab, da meine Stimme das ganze nicht mehr mitmacht. Ich schluchzte laut auf, bevor ich mir versuche die Tränen wegzuwischen, was aber nicht sonderlich viel bringt, da immer wieder neue den Weg meiner Wange runter finden. "Niki Marigona ist mir scheißegal und ich bin ihr auch scheißegal. Bitte du musst mir das glauben, dass ich dich immer aufrichtig geliebt habe und es immer noch tue. Das mit Marigona und mir ist kompliziert, aber das tut auch momentan nichts zur Sache. Bitte zweifle nicht an dem was ich dir gesagt habe. Ich liebe dich mit jeder Faser meines Körpers und ich hasse mich selber dafür zu wissen, dass ich dir so weh getan habe. Ich konnte es dir einfach nicht sagen, weil ich wüsste dass du mich dann von dir weggestoßen hättest und ich habe solange darauf gewartet endlich deine Aufmerksamkeit zu gewinnen und mir mit dir was aufzubauen. Vielleicht war das in diesem Moment etwas egoistisch so zu denken, aber ich kann einfach nicht ohne dich Niki. Ich meine das ernst. In letzten Wochen fühle ich mich als hätte mir jemand das Ruder aus der Hand gerissen, als würde ich auf dem offenen Meer treiben ohne Aussicht auf Land." gibt er verzweifelt von sich. Er fährt durch die Haare, bevor er sich über die Wangen wischt. "Sag mir nur eine Sache Dardan. Wenn du ihr doch so scheißegal bist und du ihr so wenig bedeutest, wieso hat sie den ganzen Zirkus hier dann veranstaltet? Wieso sollte sie sowas tun außer aus Rache weil sie herausgefunden hat, dass ihr Ehemann sie mit einer anderen Frau betrügt während sie ein halbes Jahr nichts von ihm hört?" schaue ich ihn an. Er atmet tief aus, scheint kurz nachzudenken.

"Gut ich werde es dir erzählen. Eigentlich hatte ich es dir nie vor so ausgiebig zu erzählen, aber wenn es hilft, dass du mich verstehst und mir eventuell auch verzeihst, dann werde ich das tun. Diese Geschichte weiß niemand außer meine engsten Familienmitglieder und die Familie von Marigona... Ich fang von Anfang an, unsere Familie kommt ursprünglich aus Kosovo, dort haben wir auch gelebt bevor wir hier her gekommen sind, aber das weißt du ja schon. In Kosovo hat mein Vater ein reichen Bankkaufmann kennengelernt und sie haben immer Witze darüber gemacht, dass entweder Alban oder ich seine jüngste Tochter heiraten werden. Dann kam das eine zum anderen und wir gingen nach Stuttgart. Unser ganzes Dorf kam damals hier her, sprich die Familie des Bankkaufmannes auch. Wir zogen alle in ein Haus, damals hatten wir nicht so viel Geld um uns allen eine eigene Wohnung oder gar ein Haus leisten zu können und dieser Bankkaufmann meinte, dass er ein Haus kauft, was groß genug für seine Familie, unsere Familie und die Familie von Granit ist und so war es auch dann letztendlich der Fall. Wir lebten alle zusammen in Feuerbach (Stadtteil in Stuttgart) in einem monströsen Haus. Alles war gut, wir haben uns alle normal verstanden bis wir dann 18-19 Jahre alt wurden und Marigona ihr wahres Gesicht gezeigt hat. Sie hatte sich in mich verliebt und ich habe sie jedes Mal abblitzen lassen. Irgendwann mal begann sie dann aus Rache uns alle untereinander aufzuhetzen und schaffte es irgendwie dass Granit sein Bruder Albi sich in sie verliebt. Albi war hin und weg von ihr, so kam es dazu dass sie eines Abends zu meinem Cousin ging und meinte ich habe sie angemacht, wir wussten alle dass das nicht stimmt, selbst Granit stand auf meiner Seite, nur Albi war geblendet von ihrer Art und hat sich komplett von ihr beeinflussen lassen. Er hörte auf mit mir zu sprechen und zog sich komplett zurück von mir, was mich emotional sehr mitnahm, da man uns vier nur im Quartett bekam, wir waren einfach unzertrennlich und das sich einer mal abwendet war undenkbar für uns alle..

Zu dem ganzen kam noch ein großes Schicksalsschlag auf unsere Familie zu. Sie diagnostizierten einen Gehirntumor bei meinem Vater. Er musste eine Operation machen, für die wir aber kein Geld hatten. So wurden wir Kinder von der Straße. Wir verkauften Drogen und raubten Menschen aus, nur um diese wichtige Operation für meinen Vater finanzieren zu können. Natürlich wussten unsere Eltern nichts von unserer Geldquelle. Im Nachhinein ist uns klar, dass das nicht der gerade Weg war aber es war uns so egal zu der Zeit. Wir wollten einfach nur meinem Vater helfen. Dann kam Granit ins Gefängnis wegen Drogenhandel und schwerer Körperverletzung, weil ihn die Affäre seiner Ex-Verlobten bei der Polizei angeschwärzt hat wegen dem Drogenhandel und danach haben wir ihn erledigt. Nicht im Sinne von umgebracht, er wird einfach kein Fuß mehr hier her setzen. Dafür mussten wir aber auch blechen, dass Geld was wir verdient hatten für meinen Vater, mussten wir dann als Geldstrafe abgeben und da waren wir wieder bei 0. Dann suchten uns auch noch das die Drogenhändler auf und fragten wo das Geld ist. Heutzutage haben wir noch Probleme mit ihnen, da sie der Meinung sind wir schulden ihnen noch Geld. Meinem Vater ging es immer schlechter und die Zeit rannte uns davon. So kam eines Tages Marigonas Vater auf mich zu und meinte wenn ich seine Tochter heirate, wird er die Kosten der Op übernehmen. In diesem Moment gab es für mich nichts zu überlegen und ich stimmte zu. Sie hatte im Endeffekt das was sie wollte und zwar mich und ich hatte ebenfalls das was ich wollte, das mein Vater den Krebs besiegt... Es kam auch Gott sei dank so, seitdem bin ich an sie gebunden. Schon oft genug wollte ich die Scheidung einreichen, doch jedes Mal wenn ich das erwähnt habe, verschwand sie und tauchte erst wieder weiß Gott wann auf. Deshalb auch das halbe Jahr. Es ist nicht so, dass ich mich ein halbes Jahr nicht bei ihr gemeldet habe, sondern sie ist wieder verschwunden nachdem ich ihr die Scheidungspapiere auf den Tische gelegt habe. Seit dem Tag der Hochzeit verlor ich meinen Cousin. Albi redete nie wieder nur ein Wort mehr mit mir. Er zog nach Mannheim, wo Granit ihn oft besucht doch hier kommt er nicht mehr her.. Wegen dieser Frau verlor ich ein Teil meines Herzens.. Schon alleine deshalb verabscheue ich sie zu tiefst, ich habe sie einfach nur geheiratet um meinen Vater ein unbeschwertes Leben zu schenken, dass das so viele Opfer mit sich bringen würde, erst Albi dann dich, hätte ich nicht gedacht und dann gibt es Momente wo ich es zu tiefst bereue das getan zu haben, doch wenn ich an den eigentlichen Grund denke und meinen Vater lachen sehe, dann wird es mir klar wieso ich es nicht bereuen sollte. Er sagt mir so oft, dass er mir ein Leben zu verdanken hat und dass ist das was zählt.. " beendet er seine ehrlichen Worte und atmet tief aus. Er wischt sich die Tränen aus seinem Gesicht. "Willkommen in meinem kaputtem Leben und es tut mir leid, dass ich es dir nicht schon am Anfang gesagt habe und ich dir selber nicht die Möglichkeit gegeben habe, nach dem du das erfahren hättest, zu entscheiden ob du überhaupt ein Teil von so einem abgefuckten Leben sein möchtest oder nicht " fügt er am Schluss noch leise zu. Ich hätte wirklich mit allem gerechnet außer damit und schaue ihn sprachlos an.

𝐋𝐨𝐨𝐤 𝐚𝐭 𝐦𝐞...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt