Kapitel 29

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Mittlerweile ist fast eine Woche vergangen, es ist Donnerstag und wieder mal Zeit mich an die Arbeit zu machen. Heute kommt ein neuer Patient zu mir, der sich bei der Arbeit schwer verletzt hat und nun querschnitzgelähmt ist. Ich gehe durch seine Akte und atme tief aus. Wenn ich sowas sehe, dann kommen mir meine Probleme so klein vor. Ich meckere rum, wie scheiße es mir doch geht, weil ich meine Ex-Freund wieder gesehen habe und alte Gefühle hochgekommen sind und weiß was ich was, während es andere Menschen gibt, die wirkliche Probleme haben und ihr ganzes Leben umwerfen müssen wegen schlimmen Schicksalsschlägen. Mein Telefon bringt mich aus meinen Gedanken, da es beginnt zu klingeln. Ich schaue auf den Display und sehe das es sich um eine interne Nummer handelt. "Ljubas" melde ich mich. "Hey Niki. Emily hier und zwar ist dein 11:00 Uhr Termin da. Er hat einen jungen Mann dabei, er ist sein Sohn und möchte ihn noch zu dir hochbegleiten. Ist das in Ordnung?" höre ich die liebe Empfangsdame von der anderen Seite des Hörers.  "Ja klar, schick die beiden hoch. Danke dir." lege ich den Hörer auf. Ich suche mir die für mich relevanten Dokumente aus der Akte raus und warte auf die beiden Herrschaften. Nach einer kurzen Zeit klopft es an meiner Tür, ich stehe auf um die Tür zu öffnen.

Ein älterer Herr, ich würde ihn Mitte 50 schätzen, kommt mit seinem Rollstuhl in mein Büro reingefahren, doch sein Sohn ist nicht zu sehen. Vielleicht ist er bereits gegangen. "Hallo Herr Musa, schön Sie kennenzulernen. Mein Name ist Nikolina Ljubas" stelle ich mich meinem Neuankömmling höflich vor.  "Ich bin schon hier in diesem Ding gefangen mein ganzes Leben lang und jetzt stellen die mich noch als verrückt dar. Nicht falsch verstehen, Sie machen Ihre Arbeit bestimmt hervorragend, allerdings brauche ich Sie nicht. Ich komme gut alleine damit zurecht." murmelt Herr Musa mit einem leichten Akzent. "Wie oft ich sowas zu hören bekomme, dass können Sie sich gar nicht vorstellen, aber glauben Sie mir, darüber offen zu reden hilft meistens mehr als man sich erdenken kann." antworte ich ihm und setze mich an meinen Schreibtisch. Er sieht mich einfach nur an und nickt kurz. „Wie alt sind Sie Frau Ljubas?" hackt er nach einer kurzen Stille nach. „24 aber hier geht es nicht um mich sondern um Sie, Herr Musa. Ihre Frau und ihre Söhne machen sich Sorgen um Sie. Sie essen nicht und Ihre Familie kommt gar nicht mehr an Sie ran.." antworte ich ihm sanft. „Wissen Sie wie demütigend das ist? Das man nichts mehr tun kann? Das man von seinen Söhnen abhängig ist? Das ich mich finanziell von meiner Frau und meinen Kindern abhängig machen muss? Das ich zu sehen muss wie sich meine zwei Söhne und meine Frau Tag und Nacht kaputt arbeiten, nur weil ich zu dumm war auf einem Dach das Gleichgewicht zu halten? Ich bringe meine Familie nicht mehr weiter, besser wäre es für sie wenn ich umgekommen wäre, ich bin einfach nur eine Last für sie..." murmelt er leise. „Sagen Sie sowas nicht. Ihre Familie liebt Sie und ist glücklich darüber, dass Sie diesen schweren Unfall überlebt haben. Ihre Familie liegt es am Herzen, dass Sie aus diesem Tief rauskommen und wieder Freude am Leben sehen, auch wenn sich ihr Leben nunmal geändert hat." rede ich positiv auf ihn ein.

„Erzählen Sie mir was von Ihrer Familie, was verbindet Sie besonders mit ihnen? Welche Erinnerungen schießen Ihnen direkt in den Kopf, wenn Sie an sie denken?" frage ich ihn. So komm ich am besten mit ihm auf die persönliche Ebene, Herr Musa ist noch sehr verschwiegen und sehr verschlossen, genau das muss geändert werden. Plötzlich bildet sich ein großes Lächeln auf seinen Lippen und voller Stolz beginnt er über seine wundervolle Frau und seine perfekten Söhne zu erzählen.  Sofort wird mir das Problem klar: Er hat Angst, dass seine Familie ihn nun nicht mehr wertschätzt und er für sie nicht mehr brauchbar ist, ganz blöd gesagt. Auf meinen Besprechungszettel schreibe ich „Familiensitzung", da ich gerne ein Gespräch mit der ganzen Familie führen würde, um die Familienumstände besser einschätzen zu können. Wir unterhalten uns noch etwas über seine Familie und seinen Unfall. Unerwartet schnell öffnet sich der ältere Herr über seine Lebenswende, über den Unfall der ihn an den Rollstuhl gebunden hat. Schon ist die eine Stunde vorbei und ich begleite Herr Musa, an den Empfang wo schon seine Frau sehnsüchtig auf ihn wartet. Sie kommt auf ihn zu und küsst ihn auf die Wange, bevor sie ihn in eine kurze Umarmung schließt. Es ist so schön zu sehen wie sehr sich auch Menschen, in etwas älterem Altersklassen, sich noch so lieben können. Ich schaue auf die Uhr und merke dass ich kurz vor meiner Mittagspause stehe. Ich verabschiede mich nochmals kurz von Herrn Musa und seiner Frau, bevor ich mich auf den Weg in den Pausenraum mache. Ich hole mein Handy und mein Essen, dass ich warm mache, bevor ich mich hinsetze und zu essen beginne. Ich schaue auf mein Handy, wo ich eine Nachricht von Luna sehe, die um ein Anruf bittet. Ich beschließe erstmal kurz zu essen und sie anschließend anzurufen. Ich öffne mein Instagram und scrolle durch meine Startseite. An einem Bild bleibe ich hängen und muss kurz schlucken.

Telefon, so heißt das Lied von Nima und Dardan, was sie gemeinsam geschrieben und aufgenommen hatten

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Telefon, so heißt das Lied von Nima und Dardan, was sie gemeinsam geschrieben und aufgenommen hatten. Wie es aussieht ist es nun soweit und sie veröffentlichen es. Nima hat uns das Lied bereits gezeigt und ich muss ehrlich sagen, ich liebe es. Der Beat ist komplett was anderes und die Stimmen von den beiden harmonieren perfekt.  So perfekt wie Dardan aussieht, ich schaue mir das Bild genauer an und merke wie ich nervös werde. Gott ich komm mir vor wie im Studium, wo ich sein Instagram gestalkt habe um zu schauen ob irgendeine neue Frau ihm folgt oder seine Bilder liket und jetzt komm ich gar nicht mehr hinterher nachzuschauen, wer wie was wo.. Naja ich schließe Instagram und witme mich wieder meinen Nudeln. Nachdem ich fertig bin mit essen, rufe ich bei Luna an, um herauszufinden was sie von mir wollte.

(L: Luna, N: Niki)

L: Hey Girl
N: Hey Luna, alles klar?
L: Yes und bei dir? Ist viel los auf der Arbeit?
N: Es geht, heute hab ich nicht so viele Termine. Wieso solltest du das ich anrufe Maus? Ist alles gut?
L: Ja Ja alles super, wollte dir nur Bescheid geben, dass wir morgen feiern gehen.
N: Viel Spaß euch, aber ohne mich. Will ausschlafen
L: Nichts da! Du kommst mit, ohne Diskussion Nikolina! Die letzten Male warst du auch nicht dabei und für dieses Mal gibt es keine Entschuldigungen. Nima hat heute Nacht Release mit Dardan und wir wollen das feiern MIT DIR!
N: Ich sag dir nochmal Bescheid okay?
L: Nein, ich geb dir nochmal Bescheid wegen Uhrzeit und Treffpunkt. Tschüss
N: Luna ich weiß nicht- BIEEEEEEEEEP

Wieso legt sie einfach auf!? Omg ist das ihr Ernst? Ich packe meine Sachen zusammen, da meine Mittagspause sich dem Ende zuneigt. Ich will nicht feiern gehen man, vor allem nicht zu diesem Anlass. Ich freue mich für Nima, ganz klar aber so wie es sich raushören lassen hat, ist Dardan auch dabei und ich will es nicht raus provozieren ihn nonstop jetzt sehen zu müssen.. Mir hat das auf der Verlobungsfeier wirklich schon gereicht. Meine Gefühle stehen seit diesem Tag komplett Kopf, ich hab mir eigentlich vorgenommen ihm so gut wie es geht aus dem Weg zu gehen, damit ich mich nicht unnötig wieder kaputt mache.. Ich finde schon einen Weg wie ich mich da rausrede. Hoffe ich zumindest..

𝐋𝐨𝐨𝐤 𝐚𝐭 𝐦𝐞...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt