Erstes Training am Fluss und eine neue Freundin

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"Jojo, beeil dich!", brüllte die zarte Stimme meines älteren Bruders durch das Haus. Ich grummelte und drehte mich in meinem Bett auf den Bauch. Sekunden später zog mir jemand die Decke weg: "Man, Juli. Was soll das. Es ist doch noch mitten in der Nacht."

Juli grinste: "Haha, sehr witzig Jojo. Es ist 9 Uhr und um 10 beginnt das Training."

Geschockt sah ich auf die Uhr, um zu sehen, dass er die Wahrheit sagte: "Oh, verflixt."

Ich sprang auf, um mich anzuziehen, rutschte aber auf der Decke aus und fiel der Nase lang hin. Anstatt mir zu helfen, lag Juli natürlich lachend auf meinem Bett. 

"Ha. Ha. Wirklich sehr witzig, Huckleberry.", sagte ich, als ich mit meinen Sachen ins Badezimmer lief. Danach ging es runter zum Frühstück und um 9:40 standen wir mit unseren Fahrrädern vor der Haustür.

Juli meckerte: "Joschka! Wir müssen los! Jetzt komm endlich!" Kurze Zeit später sprang Joschka in Julis Beiwagen und wir fuhren los. Auf dem Weg trafen wir die Anderen, sodass wir alle zusammen an der Wiese - oder wie auch immer man das hier nennen wollte - ankamen. 

"Jetzt gehts los! Holt ihn euch, wenn ihr könnt!", rief Leon und schoss den Ball hoch. Brüllend rannten wir hinter ihm her, ohne auf den riesigen Baumstamm, der vor uns lag, zu achten. Raban und Joschka waren die Ersten, die fielen - und das auch noch mitten in eine Schlammfütze. Juli, Maxi, Marlon und ich stolperte über irgendwelche aus der Erde guckenden Steine und Leon und Fabi kamen ganz vorne zum Stand.

Als ich aufsah, erblickte ich Willi - auf einem riesigen Stein sitzend und grinsend. "Bravo.", sagte er an Fabi und Leon gerichtet.

Leon fand das allerdings nicht so lustig: "Das ist doch kein Fußballplatz, Willi."

"Ja! Kreuzkümmel und Hühnerkacke.", schimpfte Juli. 

Raban fügte ein: "Schau uns doch an.", hinzu.

"Hier kann man doch gar nicht trainieren.", sagte Joschka.

Leon nickte und sah sich um: "Hier kann man höchstens nur..."

"Laufen lernen?", beendete Willi für ihn.

"Wie bitte? Nimm dich doch selbst auf den Arm.", meckerte Leon.

Als Willi aber aufstand und den Ball wegschoss, war mir klar, dass das sein Ernst war.

"Hey, was soll das?", meckerte Leon weiter.

Willi blieb cool und erklärte ihm: " Den brauchen wir heute noch nicht."

"Das ist nicht fair!", schimpfte Marlon.

"Na und? Der dicke Michi und seine unbesiegbaren Sieger werden auch nicht fair spielen. Die werden euch foulen, rammen, plattwalzen und euch alle Knochen brechen.", sagte er. 

Wir sahen uns geschockt an, bis Willi uns sagte, dass wir ihm folgen sollten.

Am Ufer des Flusses hob er zwei Steine auf. Den einen hob er hoch und sagte: "Das da seid ihr. Dieser Felsbrocken da hinten sind die unbesiegbaren Sieger. Und das passiert mit euch in zwei Wochen." Er schlug den Stein gegen den Fels und er zerschellte in tausend Stücke. Ich schluckte.

Dann hob Willi den zweiten Stein an und sagte: "Es sei denn, ihr tanzt sie aus." Er warf den Stein und er hüpfte mindestens vier mal über die Wasseroberfläche. 

"Schwindelig spielen. Austricksen. Ihr lasst sie hinter euch, wie fette Quallen am Strand. Mhh, bitte meine Herren.", er ging zurück zur Wiese und signalisierte uns, dass wir ihm wieder folgen sollten.

Dort spannte er ein Steil und machte einen Rekorder an: "So, Jungs. Ihr lauft jetzt um die Wette. Immer zu zweit. Maxi und Marlon zuerst."

Maxi gewann das erste Wettrennen. Danach waren Leon und Fabi dran. Weil Fabi kurz vor dem Zeil über einen Stein stolperte, gewann Leon. Raban und Joschka taumelten über die Strecke und fielen beide häufiger hin, als ich mitzählen konnte. Und Juli und ich lieferten uns ein Kopf an Kopf rennen, nach dem Anderen. Die meisten davon gewann er. 

"Ihr müsst gucken, wo ihr hinlauft. Eure Füße müssen Augen bekommen. Den Kopf braucht ihr für den Gegner. Den entscheidenden Pass.", erklärte Willi dabei.

Am Ende rannte Maxi gegen Leon und Leon gewann das Rennen. 

"Nicht schlecht, Jungs. Und jetzt...", Willi machte den Rekorder lauter: "..tanzen wir alle. Aber noch besser ists wenn ihr das dabei tragt." 

Er warf uns Augenbinden zu, welche wir alle aufsetzten und damit anfingen zur Musik zu tanzen. Das machte echt Spaß.

"Heiliger Muckefuck. Leon, wenn mich jemand so sehen kann, dann bring ich mich um.", lachte Fabi.

Leon antwortete: "Nein. Den bringen wir um. Das versprech ich dir."

Wir tanzten weiter, bis Leon rief: "Halt! Hört sofort auf damit! Stop!"

Ich nahm meine Augenbinde ab und sah sie - ein Mädchen. Ja, ich weiß, ich bin selber ein Mädchen, aber außerhalb der Schule seh ich fast nie eins. Die Jungs schienen sich darüber aber nicht so zu freuen.

"Was um alles in der Welt ist das?", fragte Leon.

"Was?", fragte Fabi.

"Das da direkt vor deiner Nase.", sagte Leon.

Fabi nahm seine Augenbinde ab und sah zu ihr: "Oh, das."

Raban meldete sich wieder zu Wort: "Das-das-das ist ein..."

"Mädchen? Das ist ein Mädchen.", sagte Willi unbetroffen: " Wollt ihr sie nicht fragen, was sie hier will?"

"Will?", fragte Marlon: "Wieso denn? Von uns?"

Die Jungs stellten sich ziemlich blöd an, wenn ihr mich fragt.

Fabi wank ihr verträumt zu und murmelte: "Hallo. Du da."

Leon stieß ihn an: "Reiß dich gefälligst zusammen."

"Also. Was ist? Sag es und hau wieder ab.", begann Leon.

Sie sah ihn an: "Ich-ich würde gerne mit trainieren. Ich bin neu hier in der Stadt."

"Das Training ist aus. Oder Willi?", gab er kalt zurück. Willi nickte.

"Und morgen?", fragte sie.

"Morgen bist du immer noch das.", sagte Leon.

"Was?", fragte sie erneut.

"Ein Mädchen.", beendete er abwertend.

Dann verabschiedeten die Jungs sich von Willi und gingen nach Hause. 

"Jojo, was ist?", fragte Juli.

Ich zuckte: "Ich komm später nach."

Er gab mir einen warnenden Blick, aber ich wollte unbedingt wissen, wer sie ist. Als die Jungs weg waren, ging ich auf sie zu. Da fiel mir ihr Fahrrad auf.

"Boar, cooles Fahrrad!", sagte ich verblüfft. Dieses Mädchen fuhr ein nagelneues Pakka mit extrabreiten Hinterreifen.

Sie lachte: "Danke. Ich bin Vanessa."

"Jojo." Ich nickte ihr zu und gab ihr meine Hand.

"Hast du Lust mit zu mir zu kommen und eine Runde zu kicken?", fragte Vanessa.

Ohne vorher drüber nachzudenken, nickte ich und sagte: "Ja!"

Als ich merkte, wie laut meine Antwort war, entschuldigte ich mich: "Tut mir leid. Aber ich hab noch nie ein Mädchen getroffen, dass auch Fußball spielt."

"Kein Problem. Ich kenn auch nur schlechte Mädchen, die trotzdem spielen.", lachte sie.

Auf dem Weg zu ihr nach Hause erzählte sie mir von ihrem alten Team in Hamburg, eine Mädchenmannschaft. Laut Vanessa waren sie alle ziemlich unterirdisch und sie hat es gehasst. Dann haben die Jungs sie gerade eingeladen mit ihnen zu spielen und am Tag danach musste sie mit ihrem Vater nach Grünwald ziehen. Vanessas Mutter war Tod und sie lebte mit ihrem Vater und ihrer rosa-roten Oma zusammen.


Jojo Reik und die wilden FußballkerleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt