Kapitel 5

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Ilvy

Mila hatte mal wieder Glück. Natürlich konnte sie neben Newt sitzen. Es kam mir so vor, als hätte dieser Lehrer jetzt schon was gegen mich. Ich war gerade erst los gegangen, da machte er einfach mit seinem Unterricht weiter.

Ich setzte mich also neben Gally und warf meiner Schwester einen hilfesuchenden Blick zu. Die zuckte aber nur entschuldigend mit den Schultern. "Na Kleines?  Wie gehts uns denn heute so?", schrie Gally mir ins Ohr. Ein paar seiner Freunde -wenn man sie so nennen konnte- lachten. Er beugte sich ein bisschen näher zu mir, als ich es erwartet hatte. "Nein wirklich. Alles okay?", flüsterte er und wenn mich nicht alles täuschte, schwang auch ein kleiner Unterton von Sorge mit. Ich nickte also nur schüchtern, weil mir das alles sowieso schon peinlich war. "Dann ist gut.", sagte er und lächelte halbherzig. Er setzte sich wieder aufrecht hin und plapperte fröhlich auf seinen andren Sitznachbarn ein. Ich wünschte, ich hätte das selbe tun können, denn ich spürte ein paar sehr unangenehme Blicke auf mir ruhen. Aber zu meiner linken war leider nur ein Fenster. Und obwohl es zu war, kam dort ganz schön kalte Luft durch. Instinktiv krempelte ich den Kragen meines Pullovers hoch. Aber auch das half nichts und ich fröstelte. Wieder lehnte Gally sich nah -zu nah- zu mir rüber. "Sollen wir Plätze tauschen?", bot er an. "Nein, schon okay,", sagte ich. Er nickte. "Schönes Stimmchen hast du da." Und dann zwinkerte er mir allen Ernstes zu. Das hatte er nicht wirklich gerade getan oder? Der Raudi Gally, der den Mund nicht zu bekam und dauernd Ärger mit allen hatte, hatte mir tatsächlich gerade zugezwinkert.

"Gally? Möchtet ihr uns vielleicht an eurem Gespräch teilhaben lassen?", fragte Herr Jason. Mir war nicht bewusst gewesen, dass wir so laut geredet hatten. Mittlerweile starrten uns alle Schüler, einschließlich Mila, an. Und das ließ mir die Röte ins Gesicht steigen. Nicht doch! Nicht gleich am ersten Tag.  "Ne ne Alter lass ma.", sagte Gally bevor ich reagieren konnte. Er sammelte ein paar Lacher und grinste triumphierend. Wie respektlos! Ohne groß nachzudenken rammte ich ihm meinen Ellenbogen in die Rippen. Mehr geschockt als verletzt schaute er mich an und verzog sein Gesicht dann zu einem verschmizten Grinsen. "Seht mal! Sie kann es gar nicht mehr abwarten, ihre Zeit mit mir alleine zu verbringen! Kann ihre Hände nicht bei sich lassen!", rief er in die Runde. Alle, inklusive Lehrer lachten. Nein, nicht alle. Mila und ich lachten nicht. Wütend blickte sie Gally an und ich fuchtelte wild in der gegen Rum, damit sie ja nichts dummes Tat. Aber zu spät. Sie war schon aufgestanden. "Fresse jetzt!!", schrie sie. Das Lachen verstummte und Rattenmann zupfte an seinem Hemd. "Danke Mila. Es tut mir wirklich Leid, Ilvy. Kommt nicht wieder vor." Das klang aufrichtig. "Will ich hoffen.", zischte ich zwischen meinen Zähnen hindurch. Was das wirklich ich gewesen? Sowas sagte ich normalerweise nie. Und schon gar nicht gegenüber Autoritätspersonen. Aber Lehrer hatten bestimmt schon schlimmeres gehört.

Gerade als ich wieder versuchte, dem Unterricht zu folgen, beugte sich Gally schon wieder zu mir rüber. Genervt sah ich ihm entgegen. "Was willst du?", fragte ich ihn so abweisend wie möglich. "Reden.", antwortete er leise. "Tja ich will aber nicht mit dir reden." "Böses Kind.", sagte er und hob tadelnd den Zeigefinger. Ich wusste, dass es nur Spaß war aber ich war dennoch kurz davor, ihm eine zu knallen. Scheinbar spürte er das, denn er hob beschwichtigend die Hände. "Bitte komm fünf Minuten vor Pausenende hier her. Du musst auch nicht reden. Nur zuhören." "Mal sehen,", sagte ich gleichgültig aber ich war dennoch gespannt, was er mir zu sagen hatte. Ich beschloss, zu dem Treffen zu gehen und ihm eine letzte Chance zu geben.

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