Kapitel 9

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Ilvy

Nachdem Mila und ich unser Gespräch beendet hatten, kam auch schon die Lehrerin und schloss die Klasse auf. Ohne sich vorstellen begann sie einfach mit dem Unterricht. Mathe. Endlich etwas, das ich konnte. Ich meldete mich durchgehend, was mich etwas davon ablenken konnte, dass mich die anderen die ganze Zeit anglotzten. Als wir etwas aufschreiben sollten, schaffte Gally es, seinen Stift quer über den Tisch zu katapultieren. Der landete dann zwischen unseren Stühlen auf dem Boden. Instinktiv bückte ich mich danach und stieß prompt mit Gally zusammen. "Oh je. Entschuldigung", sagte er und legte seine Hand auf meinen Oberarm, der sich dadurch anfühlte,  als würde er in Flammen stehen. Sofort wurde ich knallrot und er ließ die Hand stinken. Schnell wandten wir uns wieder den Aufgaben zu, bevor den anderen noch die Augen aus den Köpfen fielen. Hin und wieder warf er mir verstohlene Blicke zu und lächelte zufrieden, wenn er mich dadurch dabei erwischte,  wie ich ihn beobachtete.

"Gally?" fragte ich, als ich mir sicher war, dass ich keine komischen Quietscher der Aufregung dazwischen setzte. "Ja?" Ich musste lachen, weil er derjenige war, der quietschte. Schnell schaute ich zur Lehrerin, die uns aber ignorierte und gelangweilt im Klassenbuch blätterte. "Hast du ein Taschentuch?", sagte ich und schniefte. "Äh ja klar. Warte." Er bückte sich und kramte in seiner Schultasche. "Hier." Er öffnete die Packung und reichte mir eines.  Unsere Hände berührten sich und wir verharrten so einen Moment. Wir verhakten unsere kleinen Finger und legten unsere Hände nebeneinander auf den Tisch. Die Blicke der anderen bohrten sich in meinen Rücken und ich dachte, ich würde vor Scham explodieren. Aber ich putzte mir nur die Nase und ignorierte die anderen. Ein Glück saß Mila vor uns und würde wohl kaum etwas davon mitbekommen

Eigentlich hatte ich vorgehabt, mich den Rest der Stunde auch noch zu melden wie zuvor aber als Gally unsere Hände drehte, um alle unsere Finger zu vereinen, fing mein Herz an, so schnell zu schlagen, dass ich kollabiert wäre, wenn ich meine Hand nicht weggezogen hätte. Als Vorwand verschränkte ich die Arme vor der Brust. Somit war ich den Rest der Stunde damit beschäftigt, Herzschlag und Atmung wieder in meinen gewohnten Rhythmus zu bekommen. Es war so seltsam. Wir kannten uns gerade eine Stunde und er hatte nicht den besten ersten Eindruck hinterlassen.  Und schon ließ ich mich auf diese Weise von ihm anfassen.

Als es mir endlich gelungen war, klingelte es und ich stand ohne ihn zu beachten auf und eilte zu meiner Schwester. Mein Herzschlag beschleunigte sich aber wieder, als sie mir erzählte,  dass wir als nächstes Sport hatten. Und dann auch noch eine Doppelstunde. Oh nein! So viel zum Thema, nicht am ersten Tag blamieren. Ich war geliefert.

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