Leo

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Leo wachte keuchend auf. Wo war er? Er sah sich um. 

In seinem Bett, in der Hephaistos Hütte. Er strich sich mit einer Hand über's Gesicht. 

"Hey, Leo. Alles ok?", fragte eine Stimme aus der Dunkelheit. Es war Nyssa Barrera, eine seiner Halbschwestern. 

"Sorry, ich wollte dich nicht wecken." 

"Hast du nicht, alles gut. Ich hab auch schlecht geträumt.", antwortete sie müde. Leo versuchte sich zu beruhigen, doch er bekam immer schlechter Luft. 

"Ich glaube, ich muss mal an die frische Luft.", sagte er und stieg aus seinem Bett. Er bemühte sich langsam zur Tür zu gehen, doch als er die Tür dann hinter sich geschlossen hatte, wurde er immer schneller. Er lief den leeren Weg zwischen den Hütten entlang. Wo sollte er hin? 

Er wollte einfach nur weg. Egal wohin. Er konnte nicht mehr. Er musste den Traum vergessen. Er war wieder in der Werkstatt gewesen, zusammen mit seiner Mutter. Er hatte neben dem Geschehnis gestanden. Er hatte gewusst, dass seine Mutter jeden Moment sterben würde und er hatte nichts machen können. Genauso wie damals. Er hatte sein jüngeres Ich angeschriehen, er solle Gaia nicht mit Feuer bekämpfen, doch er hatte ihn nicht gehört. Er hatte gesehen, wie seine Mutter erneut starb. 

Ohne jeglichen Plan rannte er den Weg entlang. Er war barfuß und hatte nur seinen Schlafanzug an, doch das war ihm egal. Die kleinen Kieselsteine auf dem Weg bohrten sich bei jedem Schritt in seine Fußsohlen, doch er bemerkte den Schmerz garnicht richtig. Es regnete, was zwar seltsam für das Camp war, aber machmal musste es auch hier regnen. Seine Wangen waren nass, doch er wusste nicht, ob das an den Tränen lag, oder an dem unablässigen Regen, der auf sein Gesicht fiel. 

Es hatte schon den ganzen Tag geregnet. Die Luft war zwar warm, doch trotz allem klamm und feucht. Das Atmen fiel schwer. Er war an den Hütten vorbei und rannte nun in Richtung Wald. Vielleicht würde es ihm in Bunker Neun besser gehen. 

Er rannte, als gäbe es kein Morgen, als könne er seine Vergangenheit vergessen, oder abschütteln, wenn er nur schnell genug rannte. Als könne er vergessen, dass seine Mutter gestorben war, oder wie verletzt er jedes Mal gewesen war, wenn er von einer Pflegefamilie, in die nächste hatte ziehen müssen. Als könne er sein altes Leben vergessen. Wie oft er sich das schon gewünscht hatte. 

Doch schließlich musste er stehen bleiben, um Luft zu holen und seine Vergangenheit holte ihn ein. Bei dieser nassen und doch warmen Luft fiel das Atmen schwer.

Durch die Tränen verschwamm seine Sicht, sodass er nichts mehr sah. Er beugte sich blind nach unten und stütze sich auf seinen Beinen ab. Er war blind vor lauter Wasser in seinen Augen und konnte nur grob erahnen, wo seine Füße waren. Ein warmer Windzug wehte durch das Camp. Es war dunkel. Mindestens 23 Uhr. Der Mond beleuchteten seinen Weg nur spärlich. Er wankte alleine durch den Wald. Alleine. So wie immer. Er war immer alleine. Kraftlos sackte er auf den Boden und schluchzte haltlos. 

Er war zu weit im Wald, als das ihn jemand hören konnte. Seine Maske, die er jeden Tag aufsetzen musste, zerbrach. Es war alles seine Schuld. Seine Mutter war wegen IHM gestorben. Die kleine Stimme, die ihn an Gaias Mittwirken erinnern wollte, ignorierte er und so kauerte er kraftlos und alleine auf dem dunklen Waldboden und weinte, bis er keine Tränen mehr übrig hatte. 

Die Sonne ging gerade auf, als er sich müde zurück in seine Hütte schleppte. 

"Hey, du bist gestern garnicht mehr wiedergekommen. Ist wirklich alles ok?", fragte Nyssa erneut und sah ihn besorgt an. Leo rang sich ein Lächeln ab. Er hatte sich über die Jahre ein fast perfektes falsches Lächeln und Lachen antrainiert. 

"Aber ja doch, alles bestens."

Percy Jackson HeadcanonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt