Kapitel 22 - Unter der Oberfläche

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Flackernde Schatten huschten über karge Wände, knisternde Flammen brannten mit loderndem Schein, kaltes Wasser perlte über rauen Stein. Dumpfe Stimmen hallten zwischen den feuchten Wänden wieder und Gestalten huschten in der Höhle umher. Ein Wassertropfen löste sich von der Decke und fiel neben meinen Füßen zu Boden. Ich lehnte entspannt in einer Nische und beobachtete das Treiben um mich. Die Bewohner hatten die Gastgeschenke neugierig herum gereicht und unterhielten sich darüber. Colonel Coleman trat ein paar Schritte von den Ältesten zurück und sah sich nach mir um. Ich löste mich von der Wand und trat auf ihn und Lieutenant Nolan zu, welche gerade ihr Funkgerät zurück in die Weste steckte.

"Der Funkempfang ist in diesen Höhlen ziemlich schlecht, aber ich habe den Major trotzdem erreicht. Sie haben bereits kleinere Mengen von Naquada im Stein gefunden, wollen jedoch in einigen entfernteren Gängen weitere Scans durchführen. Die bisherigen Vorkommen lagen noch zu nah an den Ahnenquellen, oder so ähnlich," teilte uns der Lieutenant mit.

"Okay, trotzdem sollten wir Bericht erstatten. Es wird den General bestimmt interessieren dass die Bewohner unsere Vorschläge positiv aufgenommen haben und nun sogar bereit sind über einen möglichen Außenposten zu verhandeln," sagte der Colonel.

Mir gefiel die Vorstellung nicht schon wieder zurück zum Stargate zu laufen, daher sah ich denn Colonel bittend an.

"Ich würde gerne hier bleiben und die Menschen näher kennen lernen. Vielleicht darf ich mich etwas umsehen und somit mehr über ihre Kultur erfahren."

Er sah mich zweifelnd an.

"Kommen Sie denn alleine klar? Es wird noch eine Weile dauern bis Doktor Sanchester und Major Warren zurück sind, ganz zu schweigen von uns."

Ich lächelte leicht.

"Ich glaube ich bin alt genug um einige Zeit alleine auszukommen, Colonel."

Er nickte und grinste kurz.

"Das stimmt wohl. Also dann, wir sehen uns gleich wieder. Wenn doch was sein sollte, versuchen Sie uns über Funk zu erreichen."

Ich nickte verstehend und sah den beiden dann kurz nach als sie von zwei Bewohnern in einen Tunnel geleitet wurden. Dann blickte ich mich neugierig in der Höhle um. Ich ließ die Umgebung zum ersten Mal seit ich hier war richtig auf mich wirken. Die Felle, die an den Wänden aufgespannt waren und auf dem Boden auslagen. Die farbigen Zeichnungen und Muster an den Wänden, die im Schein der flackernden Fackeln etwas mystisches bekamen. Die Bewohner, welche größtenteils still ihrer Arbeit nachgingen und sich nur leise unterhielten. Das tropfende Geräusch der -

"Kommst du auch von dieser anderen Welt? Dieser – Erde?"

Ich blickte überrascht zur Seite, ein paar grüne Augen starrten mich neugierig an.

"Ja," antwortete ich überrascht.

"Aber du bist anders angezogen als sie."

"Ich lebe erst seit kurzem bei ihnen."

Das fremde Mädchen vor mir starrte mich noch immer mit unverhohlener Neugierde an. Dann legte sich plötzlich eine Hand auf ihre Schulter und eine weitere Person trat aus dem Schatten hinter ihr.

"Saira, das ist unhöflich. Starr sie nicht so an."

Das Mädchen vor mir blinzelte und sah dann kurz weg, ehe sie ihren Blick wieder keck zu mir zurück schweifen ließ. Die etwas größere junge Frau hinter ihr lächelte mich vorsichtig an. Die Ähnlichkeit zwischen beiden war unverkennbar, vermutlich waren sie Geschwister.

"Tut mir leid, sie ist sonst nicht so. Wir sind es einfach nicht gewohnt Besuch zu bekommen, vor allem nicht von so weit her."

Ich winkte lächelnd ab.

"Schon in Ordnung." Ich zwinkerte Saira zu. "Freut mich euch kennen zu lernen."

"Ich bin Tema, wie heißt du?" fragte die Ältere von beiden.

"Ich bin Botschafterin Miwa Joshin, aber Miwa reicht völlig."

Wir lächelten uns kurz noch gegenseitig an, dann deutete ich auf die farbigen Linien auf Sairas und Temas Gesicht.

"Was bedeuten diese Zeichen?"

"Das sind Symbole von Schutz und Stärke, sie werden traditionell nach Reinigungsbädern aufgetragen," antwortete Tema.

"Reinigungsbäder?" fragte ich weiter.

"Wasser aus den Quellen der Ahnen. Es stärkt Geist und Körper, danach fühlt man sich viel besser."

"Von diesen Quellen habe ich vorhin schon Mal gehört, sind sie auch in diesen Höhlen?" fragte ich neugierig.

"Ja, sind sie." Tema sah mich an.

"Ich könnte dir noch andere Teile der Tunnel zeigen, das hier ist nur die Versammlungshöhle."

"Danke, das wäre toll. Ich bin ohnehin neugierig, wie ihr hier unten lebt. Woher bekommt ihr zum Beispiel eure Nahrung?" fragte ich.

Saira lief voraus und Tema winkte mich mit sich.

"Wir jagen nachts außerhalb der Höhlen und haben Tagsüber Fallen offen stehen. Aber es ist schwer dort draußen die Orientierung zu behalten, selbst für uns. Bei Vollmond dagegen ziehen fast alle von uns aus um in den Wäldern umher zu streifen."

Ich lauschte ihren Worten gebannt, merkte mir alle Informationen, die sie mir preis gab. Neugierde hatte mich gepackt, ich fand es plötzlich spannend mehr über diese mir fremde Kultur zu erfahren. Nicht bloß um mit ihnen im Namen der Tau'ri verhandeln zu können, sondern auch um ihrer selbst willen. Ihre Entwicklung und Lebensweise hatte mehr faszinierendes an sich , als ich auf den ersten Blick vermutet hatte.

Die beiden jungen Frauen führten mich durch einige dunklere Tunnel, bis wir plötzlich in eine Höhle traten, die hell erleuchtet war. Ich blinzelte, ehe ich mich an die anderen Lichtverhältnisse gewöhnt hatte, dann staunte ich offen.

Vor mir erstreckte sich eine etwas kleinere Höhle, als die erste, doch anstatt von Fackeln spärlich erleuchtet zu werden, fiel hier durch die Decke – Tageslicht. Irritiert starrte ich nach oben, ehe ich das wichtigste Detail bemerkte. Das Licht der Sonne schien nicht ungehindert hier herab, oben in der Decke waren verschieden große Glasplatten eingesetzt, welche das Licht nur gedämpft hindurch ließen, es vielleicht sogar irgendwie filterten.

Erstaunt blickte ich Tema an, die neben mir stehen geblieben war und wartete.

„Ihr sagtet doch, dass das Tageslicht euch schaden würde," sagte ich.

„Das stimmt, das tut es auch. Aber hier unten scheint sich die Wirkung aufzuheben, das Sonnenlicht muss erst diese Platten an der Decke durchdringen. Bis es dann auf dem Grund der Höhle ankommt, hat es seine grausame Wirkung verloren."

„Mir war nicht klar, dass ihr in der Lage seid, das Licht in seinen Bestandteilen zu filtern," murmelte ich überrascht und sah wieder hinauf.

„Ich weiß nicht wie es funktioniert, kaum einer unserer Generation weiß das noch. Unsere Ahnen haben diesen Ort für uns geschaffen, doch sie haben das Wissen über seine Funktionsweise mit sich genommen, als die letzten starben," erklärte Tema.

„Diese Ahnen mussten mehr gewesen sein, als nur einfache Sklaven der Goa'uld, wenn sie ein solches Verständnis für Technologie und Physik aufgebracht haben. Schade, dass sie es nicht an ihre Nachkommen weiter gegeben haben," überlegte ich.

„Wir führen ein einfaches, aber selbstbestimmtes Leben," sagte Tema schulterzuckend.

„Wir sind hier unten sicher, selbst bei Tag und was wir nachts nicht jagen können, bauen wir in dieser Höhle an."

Sie deutete auf die Beete und kleinen Felder, die sich vor uns etwas tiefer erstreckten. Ich erblickte Kornähren, Gemüse und sogar kleinere Obstbäume.

„Der Boden scheint hier anders zu sein, als in der anderen Höhle von vorhin," überlegte ich und bückte mich hinab.

„Ja, wir haben ihn über viele Jahrzehnte immer wieder aufgelockert und auch Erde von draußen hinein getragen. Wir wässern die Pflanzen mit dem Wasser aus den Quellen und die Ahnen schenken uns jedes Jahr ertragreiche Ernten."

Tema sah mich stolz an. Ich lächelte ihr zu. Der Glaube dieses Volkes war tatsächlich stark und irgendwo in ihren Geschichten über den Segen der Ahnen, war mit Sicherheit etwas Wahrheit verborgen. Auch wenn ich ihren Ursprung woanders vermutete.

„Komm," sagte Saira und ich folgte ihr weiter am Rand der großen Höhle entlang.

Nun hier im helleren Licht fiel mir auf wie hell die Haut der Bewohner war. Ich hatte dem erst keine große Beachtung geschenkt, auch weil sie diese Zeichen aufgemalt hatten. Doch im gedämpften Sonnenlicht wurde es mir deutlicher. Kam das von dem Leben in den dunklen Höhlen? Hatte ihre Haut deshalb keine so starke Pigmentierung?

Wir traten wieder zurück in einen dunkleren Gang, Tema und Saira schienen nicht so viel Zeit zu brauchen um sich an die wechselnden Lichtbehältnisse anzupassen wie ich. Sie liefen zielsicher mir voraus, ich dagegen wäre fast gegen eine Wand geprallt, als sich der Gang plötzlich zur Seite bog. Sie schienen wesentlich besser im Dunkeln sehen zu können als ich es tat.

Als wir eine weitere kleine Höhle passierten, fiel mir etwas bestimmtes an den Wänden ins Auge. Neugierig trat ich näher und schaltete meine Taschenlampe an. Tema und Saira waren sehen geblieben und sahen zu mir zurück. Doch ich betrachtete die farbigen Linien und Muster an den Wänden, welche ein großes Gesamtbild ergaben.

„Die Geschichte unserer Welt," sagte Tema.

Tatsächlich stellten die Zeichnungen Bilder dar, die in einer bestimmten Reihenfolge angeordnet waren. Zuerst zeigte die Szenerie Menschen, welche gebückt und mit schwerer Ware beladen dahinzogen und eine große dunkle Gestalt, welche die Hand über die ausgestreckt hielt. Ich nahm an, dass dies die Herrschaft der Goa'uld darstellen sollte. Dann folgte ein Bild, in dem alle Menschen und auch der Herrscher zum Himmel blickten, wo die Sonne gezeigt wurde. Farbe und Größe sahen unnatürlich aus, ihre Strahlen richtete sich intensiver auf den Planeten als zuvor.

Als nächstes ein Bild, wie der dunkle Herrscher durch das Sternentor abzog, die Menschen zurück lassend, welche bereits zur Hälfte tot am Boden lagen. In der nächsten Szenerie zogen die Verbliebenen sich in dunkle Höhlen zurück, während die Sonne unbarmherzig auf die Oberfläche brannte. Das letzte Bild zeigte die neue Zivilisation, mit Nachkommen und freien Menschen. Ich besah mir diese Zeichnungen genauer.

„Was sind das für hellblaue Pflanzen um die Menschen herum?" fragte ich dann.

Tema war neben mich getreten.

„Wir nennen sie Hai'tare. Sie wachsen nur in den Teilen der Höhlen, in denen sich die Quellen der Ahnen befinden und sie leuchten leicht. Wenn sich einer von uns verletzt, schicken die Ahnen uns ihre Kraft durch diese Pflanzen und es ist uns möglich uns damit zu heilen."

Ich schwieg. Ich wollte diese Höhlen jetzt umso mehr sehen, doch ich wusste, dass dieser Ort für Tema und Siara heilig war. Ich wollte sie nicht drängen, sie sollten mir vertrauen. Ich fragte nicht erneut nach, ob sie mich dorthin führen konnten. Stattdessen folgte ich ihnen weiter durch die dunklen Höhlen. Irgendwann hörte ich das Rauschen von Wasser und schließlich bogen wir in eine kleinere Höhle ein, in der es ein größeres Becken mit Wasser gab, ein kleiner Wasserfall sprudelte aus einer Öffnung in der Wand. Die beiden Schwestern sagten, dies wäre eines der Bäder. Hier würden zwar nicht die traditionellen Reinigungen abgehalten, doch das Wasser wäre auch so erfrischend. Nach einer Weile, in der ich noch etwas herum geführt wurde, kamen wir wieder zurück in die große Versammlungshöhle. Dort warteten bereits Doktor Sanchester und Major Warren auf mich. Ich verabschiedete mich dankbar von Saira und Tema, dann stellte ich mich zu den beiden dazu.

Scheinbar waren sie fündig geworden, Major Warren hatte auf einer selbstgezeichneten Karte die Stellen mit den höchsten Naquadavorkommen markiert. Ein größeres Vorkommen lag in einem entlegenem Gang, etwas weiter entfernt von den Quellen. Nach einiger Zeit kamen auch der Colonel und der Lieutenant zurück. Wir teilten unserer Erfahrungen miteinander, ich berichtete von dem Garten, der Geschichte des Planeten, der Heilpflanze und meiner Theorie über die unterirdische vulkanische Aktivität.

Doktor Sanchester schien sich vor allem für die Zeichnungen an den Wänden zu interessieren, denn sie wollte sie ebenfalls sehen und auch gleich mit ihrer Kamera dokumentieren. Der Colonel stimmte zu und schlug vor sie zu begleiten.

Uns anderen schickte er an die Oberfläche. Wir sollten einen guten Platz für ein Lager finden, an welchem sich ein Außenposten errichten ließe. Offenbar war der Platz ums Sternentor herum zu bewaldet, aber einige Bewohner hatten ihnen von alten Ruinen erzählt, wo die Ahnen früher gelebt hatten und die alten Zivilisationen gewesen waren.

Wir trennten uns wieder uns machten uns auf den Weg. Ich war neugierig auf diese Ruinen, auch die Goa'uld mussten dort gelebt haben, vielleicht bekam ich a endlich mal deren Technologie zu sehen. Tema, welche wieder zu uns getreten war, führte uns aus der großen Höhle in einen entlegenen Gang hinein.

Ich hing gerade meinen Gedanken nach, als es plötzlich eine Veränderung gab. Erst war es nur wie leises Zittern, welches durch die Wände lief. Dann begannen Kieselsteine zu unseren Füßen über den Boden zu springen und in den Wänden knirschte es. Der Gang erbebte, wir suchten erschrocken irgendwo nach Halt. Gesteinsbrocken lösten sich von der Decke und fielen auf uns herab.

Schützend hob ich die Arme über meinen Kopf, Tema hatte sich an der Wand auf den Boden gepresst. Ein Krachen hallte in dem Gang wieder, dann stürzten weitere Steine auf uns herab. Staub wirbelte auf und mischte sich mit dem Rauch der verlöschenden Fackel. Dann war das Beben wieder vorbei und der Gang lag abermals ruhig dar, in völliger Finsternis.

10.000 Jahre im Eis (Stargate SG1 FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt