Wenn ich schon eher daran gedacht hätte, meine ID-Karte intensiver zu benutzen, als nur alleine zum Besprechungsraum und zurück zu fahren, dann wäre ich vielleicht weniger depressiv geworden innerhalb der grauen Mauern. Oder lag es vielleicht daran, dass Sergeant West mir erst vor kurzem die sonst unscheinbaren, hinter schweren Metalltüren verschlossenen Röhren mit dem Leitersystem gezeigt hatte?
So oder so – ich war nun zum ersten Mal alleine außerhalb des Stargate-Centers und hatte blauen Himmel über mir, ohne den Planeten zwanghaft verlassen zu müssen. Es war regelrecht eine Erleichterung gewesen, als ich die obere Schleuse einer der Röhren per Hand aufgekurbelt und an die Oberfläche geklettert war.
Der plötzliche Windstoß, der meine Haarsträhnen durcheinander wirbelte und mir den Geruch von Erde und Wald entgegen trug, schien auch die trüben Restgedanken innerhalb des Betons fortzutragen.
Sicher, ich hätte auch den Aufzug an die Oberfläche nehmen und mich offiziell bei den Wachen im Tunnel auschecken können. Aber wohin hätte ich dann schon gehen sollen? Ich war immer noch neu auf der Erde und mir stand kaum der Sinn nach Sightseeing in einer fremden Stadt ohne dabei zumindest Daniel dabei zu haben. Zumal ich ja wirklich nur für einige Stunden in Ruhe an die frische Luft wollte und sich der Wald auf dem Chayenne Mountain dafür gut eignete.
Also war ich kurzerhand – durch die Röhren geklettert.
Ich hatte allerdings keineswegs vor irgendeine Art von Ärger zu verursachen, schließlich wollte ich nicht, dass Sergeant West dafür belangt wurde – ich war mir nicht mal sicher, ob er mir die Einstiege zu den Leitern überhaupt hätte zeigen dürfen. Er sagte mir „für den unwahrscheinlichen Fall einer Invasion durch die Goa'uld – oder andere Gründe“ und hatte dabei kurz gezwinkert. Der Soldat wurde mir immer mehr sympathisch.
Ich war natürlich auch nicht unvorbereitet hier hoch gekommen, sondern hatte ein Funkgerät eingepackt, um weiterhin erreichbar zu sein. Es war jetzt kurz nach Sonnenaufgang, ich hatte bereits eine Stunde meditiert und dem leisen Erwachen der Natur um mich herum gelauscht. Sobald es etwas heller wurde, hatte ich aus meiner mitgebrachten Umhängetasche einen Zeichenblock und Graphitstifte geholt – ein Geschenk von Sam – und begonnen zu zeichnen.
Ähnlich wie das Meditieren, wirkte es beruhigend auf meinen Geist und machte die Gedanken klarer. Es war nun eine Woche her, dass wir die Mission mit dem dunklen Virus abgeschossen hatten und die Dinge normalisierten sich wieder. Ich hatte meine schleppenden Schuldgefühle hinter mir gelassen – nicht zuletzt dank dem Gespräch mit SG-1 und vor allem Jack – und begonnen das Geschehene frei von Gefühlen und logisch zu betrachten.
Das Virus brachte in jedem Volk das schlechteste an die Oberfläche. So tief es auch verborgen war, so offensichtlich wurde es. Wir Lantianer wirkten auf andere Völker und bisweilen auch unter einander weise und erhaben. Unsere fortschrittliche Technologie und das Beschützen anderer Völker imponierten anderen.
Gleichzeitig hatte es uns hochmütig gemacht und stolz. Ich hatte es selbst erlebt, hatte diese Gefühle gespürt. In unseren dunkelsten Stunden hielten wir Fremde für primitiv und wir mischten uns nicht in die Geschichte anderer ein, selbst wenn ganze Zivilisationen untergehen mochten.
In gewisser Weise hatte mir die Erfahrung mit dem Virus die Augen geöffnet. Es war eine Wahrheit, mit der ich versuchen lernte umzugehen, anstatt sie zu verdrängen. Nur so konnte ich daran wachsen und versuchen es besser zu machen. Ich fragte mich, ob die Aufgestiegenen das ebenfalls taten oder ob ihre Entwicklung in dieser Hinsicht zu einem Stillstand gekommen war.
Die Menschen hatten meines Empfindens nach auf den Virus heftiger reagiert. Während er mir dunkle Kälte brachte, schien es, als ob in ihnen zu diesem Zeitpunkt ein dunkles Feuer gebrannt hätte. Auch sie sprachen ohne Grenzen direkt ihre tiefsten Gedanken aus, doch sie taten es viel emotionaler und mit einer lodernden Wut. Die Tau'ri waren eine neugierige Spezies, doch auch sie hatten noch viel zu lernen und zu verstehen.
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10.000 Jahre im Eis (Stargate SG1 FF)
Fiksi PenggemarSie war jung, erfahren, ein festes Mitglied der lantianischen Gesellschaft. Sie hatte Freunde, Familie und einen Job. Sie wusste wo sie hingehört. Und dann hat sie 10.000 Jahre in Stasis verbracht. Erst als SG1 einen unbekannten Planeten erforscht u...