65 Der Einbrecher im eigenen Haus

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"Verdammt Clary! Wach auf." Verwirrt riss ich die Augen auf und schaute direkt in das aufgebrachte Gesicht von Mary. "Du tust mir weh." Meine Augen wanderten zu ihrem Oberarm, in den ich mich fest gegriffen hatte. Schnell löste ich meinen eiserenen Griff. Mit schmerzverzerrtem Gesicht rieb sie sich über die Stelle. "Habe ich geschrien?", fragte ich wie schon die zwei Tage vorher. Wieder schüttelte sie den Kopf. "Das ist das dritte Mal hintereinander. Sicher dass du nicht nach hause willst?" Wie sollte ich ihr erklären, dass genau das der Grund war, warum ich Albträume hatte. Ich wünschte nur, dass ich mich an meine Träume erinnern könnte, doch immer wenn ich aufwachte waren meine Erinnerungen an den Traum weg. Eilig schüttelte ich den Kopf. Sie seufzte. "Ich weiß echt nicht, was da zuhause abgegangen ist und warum du nun schon die dritte Nacht hier schläfst, aber deine Eltern machen sich Sorgen und auch Flynn ist unerträglich, obwohl ich die letzten Tage nur ein, zwei Stunden zuhause war. Generell ist die Stimmung dort angespannt und ich schein die Einzige zu sein, die keine Ahnung davon hat, was da überha-"

"Christina ist meine Schwester." Diese vier Worte ließen sie mitten im Satz erstarren und die Augen aufreißen. "Christina ist deine was?", fragte sie geschockt nach. "Naja, um genau zu sein nicht meine richtige Schwester, sondern nur meine Halbschwester. Als ich am Sonntag die Snacks für Kewin holen wollte, habe ich mitbekommen, wie Christina meinen Vater 'Papi' genannt hat und dieser anschließend meinte, dass es vorerst ein Geheimnis bleiben sollte." Bei den Erinnerungen kamen mir wieder die Tränen. Wie hatte ich mich nur so von ihnen täuschen lassen können? 
"Ich habe nachgefragt und es kam raus, dass er etwas mit der Mum von Flynn hatte. Wir sind nicht verwandt, falls du das dachtest. Der Gedanke kam mir auch kurz, aber wir haben lediglich eine gemeinsame Halbschwester und nicht mehr. Wie sich herausgestellt hatte, wussten beide meine Eltern davon bescheid." "Und Flynn..."
"Er wusste auch davon Bescheid.", vollendete ich ihren Satz. "Ich habe ihn vorgestern in der Schule angesprochen und es hat sich herausgestellt, dass er das Aufeinandertreffen mit Ty damals geplant hat und vor ein paar Monaten bin ich in ihn reingerannt und das war angeblich auch alles nur ge-" 

Weiter kam ich nicht. Das ungleichmäßige Piepsen der Geräte ließ mich verstummen. Ich hatte mich an das regelmäßige Piepsen in der letzten Woche gewöhnt, doch es war stets regelmäßig geblieben. Erschrocken schauten Mary und ich uns an. War das jetzt gut oder schlecht? Wir sprangen gleichzeitig auf und griffen jeweils nach einer Hand von meinem Bruder. Wenige Sekunden später kam ein ziemlich müder Doktor Banks in das Zimmer. Ein Blick auf meine Uhr verriet mir, dass es erst vier Uhr morgens war. Er hatte anscheinend Nachtschicht.
"Was hat das zu bedeuten, Elias?" Er ignorierte meine Frage und kontrollierte die Werte und schaute was bei den Geräten nach. Anschließend drehte er sich zu uns zwei. Total verängstigt blickten wir ihn an. "Was habt ihr in der letzten Minute gemacht?" "Nur geredet.", übernahm ich das Reden, da Mary gerade nicht aussah, als sei sie fähig zu reden. Ihr Gesicht hatte die Farbe der Wand angenommen. "I-Ist denn alles okay? Was war mit ihm?", fragte sie total verunsichert und klammerte sich an seine Hand. Das Piepsen verlief mittlerweile regelmäßig. Was auch immer gerade passiert war, es hat sich wieder gelegt. "Er hat probiert aufzuwachen." 

Geschockt blickten Mary und ich uns an. "Wegen irgendetwas, über das ihr geredet habt, hat ihn dazu veranlasst, aufwachen zu wollen." Wir hatten über Christina geredet und dass wir nun ein neues Familienmitglied hatten. "Das inszenierte Treffen.", flüsterte Mary mir zu, doch dieses Mal zeigte es keine Wirkungen. "Setzt ihn jetzt nicht unter Druck, in dem ihr die ganze Zeit über dieses Thema redet. Es war ein guter Anfang, aber überfordert ihn nicht." Synchron nickten wir und sahen zu, wie der Arzt wegen seinem Alarm schnell aus dem Zimmer verschwand. "Er hat tatsächlich probiert aufzuwachen. Sein Anlass war zwar echt beschissen, aber trotzdem." Ich lächelte meinen Bruder stolz an und drückte seine Hand. Mary auf der anderen Seite des Bettes gähnte. "Schlaf ruhig noch einmal, Mary. Der Arzt meinte doch selbst, dass wir ihn auch ein bisschen ruhen lassen sollen." Sie zögerte. "Bist du sicher? Und was machst du solange?" Mittlerweile hatte sie akzeptiert, dass ich, egal wie früh es war, nach meinen Albträumen nicht mehr einschlafen konnte. "Ich-" Ich seufzte kurz. "Ich glaube ich gehe kurz nach hause. Gerade müsste noch niemand wach sein. Höchstens Coco und wenn das so ist, kann ich mit ihr mal wieder spazieren gehen." Mary schien nichts einwenden zu wollen, sondern ging stumm wieder ins Bett.

Badboy's DevilWo Geschichten leben. Entdecke jetzt