Einen Monat später war es tatsächlich soweit.
An Karnevalssamstag hatte Lea ihren vorerst letzten Arbeitstag in der Apotheke gehabt. Der Mutterschutz und die anschließende Elternzeit wartete.
Bevor es zu ihren Aktivitäten mit dem Karnevalsverein ging, wurde auf ihren Abschied angestoßen. Sie verspeisten eine wahnsinnige Torte und sie bekam Geschenke von ihren Kolleginnen und Kollegen. Die werdende Mutter verdrückte auch einige Tränen.
Kaum das sie dann beim Kamelle packen beim Verein gewesen war, welches sie zwar organisiert hatte, aber sich kaum bewegen durfte, um dabei zu helfen, war sie wesentlich weniger emotional, als es noch in der Apotheke der Fall gewesen war. Dort gab es noch einige organisatorische Dinge zu klären. Mario beobachtete sie, wie sie organisierte, lachte, einfach sie war. Und er beobachtete wie sie dabei immer eine Hand auf der kleinen Babykugel liegen hatteBeide Karnevalszüge, der kleine am Sonntag und der große Rosenmontagszug, waren ihr ein persönliches Fest. Während sie am Sonntag zu Fuß dabei war, war sie am Montag nur auf dem Wagen anzutreffen. Der lange Zug war doch schon zu anstrengend für sie.
Sie hatte Spaß beim Feiern, auch in dem Wissen, das im kommenden Jahr ein Baby dabei wäre.
Ihr Baby.
Im Anschluss an die Tage, nahm sie eine Woche Resturlaub, damit dieser weg war, ehe es dann tatsächlich bereits in den Mutterschutz ging.Dann begannen die letzten stressigen Wochen.
In diese fiel auch ihr Geburtstag, den sie wahrlich nur klein feierte, mit ihrer Familie und den engsten Freunden. Trotz, das ihr Babybauch nur recht klein war, war sie öfter müde.Im Haus war das Zimmer neben dem Schlafzimmer neu eingerichtet worden. Das Büro war in den ausgebauten Dachboden gezogen, ebenso der Hobbyraum, in dem Lea oft malte oder las, wenn es ihre Zeit erlaubte.
Das Babyzimmer war überwiegend in weiß gehalten. An eine Wand hatte die werdende Mutter einige Märchenfiguren aus Disneyfilmen malen lassen. Ein weißes Bettchen stand dort, obwohl im Wohnzimmer ein fahrbarer Stubenwagen stand und im Schlafzimmer das Beistellbettchen angebracht werden würde. Auch befand sich in dem Zimmer ein Regal, ein Kleiderschrank, der Dank Oma und Opa bereits aus allen Nähten platzte. Allerdings waren es mehr neutrale und jungenhafte Kleidung, denn niemand nahm Leas Vermutung, das es ein Mädchen werden würde für voll. Und auch der Wickeltisch mit Wärmelampe war dort angebracht.
Die Hebamme kam wöchentlich zu einem Hausbesuch und würde sie auch in der Klinik betreuen. Dort waren sie für alle Fälle bereits angemeldet.
Eine Kliniktasche stand seit Beginn des Mutterschutzes neben der Tür des Hauses. Wenn es nach Mario ginge hätte jeder von ihnen eine im Auto.Eine Woche vor dem errechneten Geburtstermin begann sich die Babykugel zu verändern. Sie wurde fester und Lea schlief tagsüber gelegentlich ein.
Die Kindsbewegungen wurden träger, aber die Ärztin hatte gesagt, das da alles in Ordnung sei und sie sich keine Sorgen machen sollte. Dem Baby würde es langsam an Platz fehlen, um sich aktiv zu zeigen wie vorher sonst.
Abends lagen sie oft auf der Couch und sahen den vorhandenen Kindsbewegungen zu, genossen die letzten Momente in Zweisamkeit.Es war exakt der errechnete Geburtstermin, als Mario morgens auf dem Weg zur Praxis war. Lea hatte gerade das Bad geputzt, als ein spitzer Schmerz sie pausieren ließ. Sie wartete einige Minuten, doch er wiederholte sich nicht. Dennoch hatte sie eine Ahnung und sie ging duschen. Kaum das sie unter dem warmen Wasser stand, kam der spitze Schmerz erneut.
Sie duschte zu ende und zog sich Leggins mit einem lockeren Shirt an.
Dann kam noch ein spitzer Schmerz, dieses Mal langgezogen und sie rief Mario an, der sofort nach Hause kam. Er war aufgeregt, obwohl er bereits die Erfahrung hatte.
Sie fuhren in die Klinik und riefen von unterwegs aus ihre Hebamme Ina an. Noch während der Fahrt bewegte das Baby sich.
Lea lachte trotz der Schmerzen über die munteren Bewegungen. Sie war entspannt, strich immer wieder über den Bauch.Kaum im Krankenhaus angekommen, bezogen sie das Familienzimmer auf welches Mario bestanden hatte.
Im Anschluss wurde sie an das CTG angeschlossen. Dieses schlug augenblicklich Alarm, was allen eine Schrecksekunde bescherte. Ina beruhigte sie und gab an, das dieses Gerät in der Klinik immer wieder spinnen würde.
Sie zog das Ultraschallgerät dazu und wollte zur Absicherung einen Ultraschall machen. Sie hatte sofort ein Bild, aber ihr Gesichtsausdruck veränderte sich von fröhlich umgehend zu bestürzt. Lea sah zu Mario, der auf den Bildschirm starrte und jegliche Farbe aus dem Gesicht verlor.
„Was ist hier los?“, wollte Lea wissen. Sie sah von einem zum anderen, aber keiner sagte etwas. "Verdammt was ist los?", wollte Lea erneut wissen. Die Hebamme holte die Gynäkologin dazu, die auch noch einmal ein Ultraschall machte.
Die Ärztin wandte sich an Lea, die soeben einen weiteren spitzen Schmerz veratmete. Mario hielt ihre Hand, sein Blick versteinert.Als der Schmerz abgeebbt war, sah Lea noch einmal zu allen und dann ausschließlich zu der Ärztin. „Könnte jetzt endlich jemand sagen, was hier los ist?“, verlangte sie.
Die Ärztin ergriff das Wort. „Frau Herrlich, sie haben Wehen. Anhand der Ausschläge auf dem CTG auch sehr starke, aber leider können wir keinen Herzschlag bei ihrem Baby feststellen!“, erklärte sie ihr.Lea richtete sich leicht auf.
„Was soll das bedeuten?“, wollte sie wissen. Sie hatte sich aufgerichtet und verlangte nach einer Antwort.
„Warum das geschieht, das kann niemand sagen und vorhersehen kann man es erst recht nicht. Leider muss ich ihnen mitteilen, das ihr Baby nicht mehr lebt!“Sie sah zu Mario, dessen Augen sich verräterisch gerötet zeigten. Eine Träne wollte sich selbstständig machen, doch er wischte hastig mit dem Handrücken über das Auge.
Ihr Blick ging zu Ina, die zögerlich nickte.„Frau Herrlich, ihr Baby ist tot!“
So nah können Glück und Leid beieinander liegen.
Aber hatten sie nicht schon mit Leas Unfall genug Leid?
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Jeden Tag ein wenig mehr
RomanceSie kannten sich. Sie waren Freunde. Sie waren vergeben. Und sie hätten nie einen Gedanken an das verschwendet, was auf sie zukam!