So schnell ihn seine Füße trugen, so schnell lief er vom Parkplatz an den Eingang der Ambulanz. Diese war geöffnet, dort musste er nicht auf das Öffnen warten.
Durch das Treppenhaus stürmte er zur Intensivstation, nahm immer zwei Stufen auf einmal.Und dann stand er vor der Tür.
Jene Tür, durch welche er in den letzten Wochen täglich gegangen war.
So schnell er herkommen wollte nach dem Anruf, desto mehr zögerte er nun.Mario legte die Hand auf die Klingel.
Er atmete mehrfach tief ein und aus.
Was wäre, wenn er zu spät käme?
Wenn er sie wirklich gehen lassen müsste?
Und doch, er drückte den Knopf.
Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, jeder Schlag pochte.Eine ihm unbekannte Pflegekraft öffnete die Tür. Er desinfizierte sich die Hände und ließ es hibbelig über sich ergehen, das sie ihm den Besucherkittel schloss.
Sie nickte ihm lächelnd zu und er ging zum Überwachungsraum.
Schritt für Schritt.Dort warteten der diensthabende Arzt und der Pfleger, der ihn kontaktiert hatte.
Beide lächelten sie, aufmunternd wie er annahm.
Und er sah, das der Überwachungsmonitor von Lea ausgeschaltet war.„Kann ich zu ihr?", wollte er wissen.
Lukas winkte in die Richtung, in welche er dann ging.Leise betrat er den Patientenraum, in dem Lea lag.
Das Beatmungsgerät war weg, aber das hatte er erwartet. Sie erhielt nur noch eine zusätzliche Unterstützung über die Nasenbrille.
Der Monitor zeichnete ihre Werte auf, aber der Alarmton war ausgeschaltet.Er betrachtete sie.
Sie sah anders aus.
Man hatte den Oberkörper hochgestellt und sie hatten ihre Locken ausgebürstet und über eine Schulter gelegt. Er wusste, das er diese Locken vermissen würde.
Die letzte Drainage und der Katheter waren gezogen, aber als Palliativmediziner begrüßte er das.
Sie trug das schlichte weiße Tshirt, welches er von sich mitgebracht hatte.Der Stuhl, auf dem er immer saß, stand bereits neben dem Bett und er ließ sich darauf nieder.
Mario blickte in ihr Gesicht. Er fand, das sie friedlich aussah, entspannt.
Ihre Brust hob sich leicht, aber regelmäßig.
Vorsichtig nahm er ihre Hand in seine, führte sie an seine Wange und schloss die Augen.
Er spürte den Kloß im Hals und das Brennen in den Augen.
Es erklang ein kurzes Aufschluchzen.
Mit tränenerstickter Stimme flüsterte er: „Du warst es mein Liebling. Du bist es, aber wenn Du gehen möchtest, dann geh."
Dann ließ er den Kopf sinken und seine Schultern bebten ob der lautlosen Schluchzer.Die Bewegung nahm er nicht wahr.
Das Drehen des Kopfes nahm er nicht war.
Das tiefe Atmen tief in ihrem Brustkorb, jetzt wo er da saß , das spürte er, aber diese zeitweisen tiefen Atemzüge waren nicht ungewöhnlich.
Die hauchzarte Stimme, die flüstersanft ertönte: „Wenn ich gehe, dann nur mit Dir!"
Die nahm er wahr.Ruckartig sah er auf, sein Kopf schnellte hoch.
Das Gesicht von Lea lag ihm zugewandt, sie blickte ihn an.
Sie lächelte matt, ihr müder Blick ruhte auf ihm. Sie sah seine Tränen.
Und aus ihrem Augenwinkel löste sich auch eine einzelne Träne.Er wagte es kaum, aber seine Hand wanderte zu ihrer Wange und legte sie sanft nieder, stoppte die eine Träne.
Zögerlich schloss die ihre Augen, schmiegte sich an die Handfläche.
„Du bist wach!", wisperte er.
„Wie lange habe ich geschlafen?", wollte sie leise wissen. Sie machte die Augen wieder auf und Mario war mit dem Gesicht ganz nah dem ihren.
„Zu lange", erwiderte er.Und dann legte er seine Lippen zaghaft auf die ihren.
Er schmeckte sie, fühlte die Wärme.
Als sie beide erzitterten, löste er sich von ihr.
Seine Lippen schwebten kaum über ihren. „Bitte, lass mich nie wieder so lange allein!", bat er leise und küsste sie erneut.
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Jeden Tag ein wenig mehr
RomanceSie kannten sich. Sie waren Freunde. Sie waren vergeben. Und sie hätten nie einen Gedanken an das verschwendet, was auf sie zukam!