Kapitel 44

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»Willst du?«
»Willst du?«
»Willst du?«

Romeos Worte wiederholten sich wie ein nie enden wollendes Mantra.
In ihren Kopf spielten sich die verschiedensten Szenarien ab.
Sie wusste, die einzig richtige Entscheidung wäre jetzt umzudrehen und die Scheune weit hinter sich zu lassen.
Oder Romeo davon abzuhalten etwas Schreckliches zu tun.
Umso überraschter war Skye als sie einige Schritte nach vorne ging.
Ihr Blick heftete sich fasziniert auf den Hammer und den Nagel die Romeo in der Hand hielt.

Sie blickte zwischen ihrem Stiefvater und Romeo hin und her während sie mit langsamen Schritten auf Romeo zulief.
Aus dem Augenwinkel konnte sie wahrnehmen wie ihr Stiefvater sich in den Fesseln wand, doch Romeo hatte schon oft genug bewiesen, dass das, was er fesselte, auch gefesselt blieb.
Sie blieb vor Romeo stehen, der ihr ruhig die Werkzeuge hinhielt. Er sagte nichts. Setzte sie nicht unter Druck. Er wartete einfach nur.

Skye nahm den Hammer in ihre rechte Hand und den Nagel in ihre Linke.
Fasziniert drehte sie beides in ihrer Hand. Alles, woran sie denken konnte, war das sie endlich die Chance hatte, die sie sich immer gewünscht hatte.
Sooft hatte sie sich vorgestellt ihrem Stiefvater das gleiche anzutun wie er ihr, oder noch schlimmeres.
Sie wusste, dass das, was sie vorhatte, falsch war, aber mittlerweile hatte sich alles in ihr auf Autopilot gestellt.
Sie konnte nur noch an Rache denken. Wie ein rotes Tuch legte sich das Gefühl über sie.
Skye stellte sie vor ihren Stiefvater, während sich die Szenen ihrer Vergangenheit wieder vor ihren Augen abspielten.

Wie er nachts in ihr Zimmer schlich, während ihre Mutter ahnungslos im Raum nebenan schlief.
Wie er sich unter ihre Decke legte, ihren Mund mit seiner Hand abdeckte, damit niemand ihre Schreie hörte.
Wie er sie manchmal fesselte, damit er mit ihrem Körper machen konnte was er wollte.
Nacht für Nacht kam er in ihr Zimmer.
Sooft hatte sie ihn angefleht sie in Ruhe zu lassen. Doch er hatte nur hämisch gelacht.
Gemeint sie hätte nichts zu sagen.
Sie solle froh sein das überhaupt jemand sie anfasste, so abstoßend wie sie war.
Seine Worte hatten sie manchmal mehr verletzt, als seine Taten.
Konnte man ihr es wirklich verübeln, dass sie das hier tun wollte?
Wer würde so eine Chance nicht nutzen?
Wenn einem niemand hilft, hat man dann nicht das Recht selbst Vergeltung zu üben?

»Ich brauch seine rechte Hand«, murmelte Skye leise vor sich hin. Ohne zu zögern und ohne Fragen zu stellen, setzte sich Romeo in Bewegung. Er ließ den Körper von ihrem Stiefvater ein wenig runter, sodass dieser wieder festen Halt auf dem Boden hatte. Dann löste Romeo seine rechte Hand, ließ die andere aber weiterhin gefesselt.
Ihr Stiefvater versuchte sich mit aller Kraft zu wehren und Romeo seinen Arm zu entziehen, aber Romeo war stärker. Er klemmte seinem Arm unter seine Achsel und hielt Skye die rechte Hand hin.
Ohne zu zögern, setze Skye den Nagel auf die rechte Hand.
Die Hand mit der er sie sooft gequält hatte.
Sie schloss noch einmal die Augen, atmete tief durch, ehe sie den Hammer hob und mit voller Kraft auf den Nagel schlug.

Mine - Obsessive LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt