Kapitel 51

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Mit jedem Piepsen ihres nutzlosen Handy wurde es ihr mehr bewusst, sie war nichts, einfach nichts ohne ihn und sie spürte, wie die Hoffnung ihrer Seele entwich, bis nichts mehr übrig blieb als ihr dummes, verdammtes Herz.

»Ist alles okay?«, fragte irgendein Mädchen neben Alice, beißender Zigarettenrauch wehte zu ihr hinüber, er roch so anders als Ryus Zigarren, ganz anders. Sie dachte immer, alle Zigaretten und Zigarren müssten gleich reichen, aber das war wohl nicht der Fall.

»Hey«, wiederholte das Mädchen, kniete sich mit der Zigarette neben ihr nieder und spähte in Alices Gesicht. »Du bist blass. Soll ich jemanden für dich anrufen? Ist einer deiner Freunde noch drinnen?«

»N-nein«, sagte sie plötzlich ein wenig verwirrt, denn eigentlich wollte sie nur hier sitzen und sich selbst bemitleiden und in den Himmel starren und sich fragen, warum sie so blöd gewesen war jemanden wie Ryu gehen zu lassen, doch am Ende war es doch vielleicht besser hier nicht alleine rum zu hocken. »Mir geht's gut. Also, meine Freundin wartet drin ich brauch nur etwas ... frische Luft.«

»Da drin isses ganz schön stickig, was? Da bin ich glatt froh Raucherin zu sein und nicht verloren hier draußen zu stehen um etwas frische Luft zu bekommen.« Alice hätte gelacht, aber ihr war nicht zum Lachen zumute. Sie senkte den Blick und spielte mit dem kühlen feuchten Gras unter ihr. Wahrscheinlich war ihr Kleid am Po längst durchgenässt, doch sie spürte es durch das ganze Alkohol nicht einmal.

»Willst du nicht doch lieber wieder rein? Es ist ganz schön kalt und du hast nicht einmal eine Jacke.«

Alice schniefte ein wenig, merkte, wie kalt ihr doch eigentlich war, und dass das einzige, was ihr Wärme vermittelte der Alkohol und die besorgte Stimme der Studentin war. »Vielleicht hast du Recht. Ich glaube, ich gehe lieber rein und suche meine Freundin.« Sie machte Anstalten, aufzustehen, doch das Gras war rutschig und sie wäre beinahe ausgerutscht, wenn die Studentin sie nicht festgehalten hätte.

»Pass auf, ich bring dich rein und setze dich dann an die Bar und suche deine Freundin. Wie heißt sie und wie heißt du?« Sie nahm Alices Hand und führte sie wieder in das warme Haus hinein, wo die Stimmung immer ausgelassen wurde. Es wäre kein Wunder, wenn die Polizei bald auftauchen würde.

»Alice, heiße ich. Und meine Freundin ist Kaya«, erklärte Alice laut und presste sich an die Studentin, als sie sich durch die immer noch dichten Menschenmassen drängten.

»Kaya aus dem Kunstzug? Die kenne ich, meine Freundin ist mit ihr befreundet!«, rief die Studentin und lächelte Alice über die Schulter hinweg an. »Ich bin übrigens Emma. Studiere Germanistik.«

»Hallo Emma!«, schrie Alice über den Lärm hinweg und brachte das Mädchen damit ein wenig zum Lachen. Bei der Bar angekommen setzte sie Alice vorsichtig auf einen Stuhl ab und drückte kurz ihre Hand.

»Bleib schön hier, okay? Ich suche Kaya. Habe sie vorhin glaube ich mit Ian gesehen.« Emma machte sich davon und Alice blieb zurück, starrte wieder gedankenverloren in die flimmernden Neonlichter und ließ sich von der viel zu lauten wummernden Musik einlullen, was ihr plötzlich doch nicht so behagte und sie hatte das Gefühl sie musste kotzen. Vielleicht sollte sie doch schnell irgendwo hin gehen, damit sie sich nicht gleich vor der Bar übergeben musste. Aber sie sollte ja sitzen bleiben ...

Nervös wippte sie mit dem Fuß und stand dann auf, ging auf die Zehenspitzen und suchte in der Menschenmasse nach Emma oder Kaya, doch sie sah niemanden. Panisch lief sie einige Schritte durch die Menge, nur nicht allzu weit von der Bar, damit Emma sie auch wieder finden konnte, doch da verschluckte sie die Menschenmenge schon und drängelte sie in die falsche Richtung.

»Hey!«, rief sie, doch es ging in der lauten Musik unter. Keiner schaute auf sie, alle waren zu beschäftigt mit sich selbst und vor ihren Augen drehte sich plötzlich alles und die Menschen lachten überall neben ihr. Unten wurde plötzlich oben und ihre Augen drohten wegzurollen, als sie plötzlich zwei Hände mit festem Griff packten und sie so fest hielten, dass sie gar nicht umfallen konnte. Mit einem Mal war das Szenario von gestern wieder in ihrem Kopf. Tora hatte sie auch so gehalten, als sie fast gefallen war ... Sie wehrte sich, schlug die Arme von sich weg. Kaya oder Emma konnte es definitiv nicht sein. Hielt sie da tatsächlich ein fremder Junge?! Panik kam in ihr auf und sie schlug wie wild um sich herum, als die Arme sie plötzlich ganz umklammerten und sie festhielten.

MaliceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt