Kapitel 55

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Am nächsten Morgen erwachte sie natürlich nackt im Bett, was sie rot werdend feststellte, doch Ryu war weg. Sie kam sich vor, als hätte sie einen One-Night-Stand gehabt, bis sie aus der Küche Geräusche wahrnahm. Machte er etwa Frühstück? Wie niedlich. Hoffentlich gab es nicht nur Müsli, was man ihm auch zutrauen konnte. Sie zog sich schnell etwas über und tapste dann gähnend aus ihrem Zimmer raus.

In der Küche lehnte sie sich an der Wand an, beobachtete Ryu, wie er fluchend etwas in der Pfanne umdrehte und musste leise kichern. Ryu bemerkte sie erst, als sie ihre Arme um ihn schlang und sich an ihn drückte. »Das ist mega süß von dir Ryu, aber jetzt lass mich mal lieber.«

»Du bist wach«, stellte er fest. »Und trägst kein BH.«

Alice sog scharf die Luft ein und schlug ihm gegen den Rücken. »Ryu!«

Er lachte, drehte sich um, drückte ihr einen viel zu langen Kuss auf die Lippen, und löste sich mit einem Grinsen wieder von ihr. »Morgen, Kleine.«

»Morgen, Schatz«, erwiderte sie schüchtern und fühlte ein heimisches, glückliches Gefühl in ihr aufprickeln. So fühlte sich wohl Glück an.

»Alice, ich hab drüber nachgedacht«, begann Ryu langsam, stellte den Herd nebenher aus, um seine volle Aufmerksamkeit ihr schenken zu können. »Es ist wahr, dass mein Haus zu weit entfernt ist, als dass du pendeln könntest. Aber diese Bruchbude von Studentenwohnheim ist definitiv zu klein. Also hab ich gedacht, wir suchen uns eine hübsche kleine Wohnung in der Nähe, und immer wenn du Semesterferien hast können wir ja wieder zurück zum Anwesen.«

Alice musste grinsen. »Das wäre schön«, sagte sie und legte ihre Arme um seinen Hals. »Aber ich kann meine Freundin nicht allein lassen. Sie kann die Miete ohne mich nicht zahlen ...«

Ryu verdrehte die Augen. »Was ist das für eine Freundin, Alice? Ich hab sie noch nicht einmal gesehen. Wohnt sie überhaupt hier?«

»Aber hallo«, kam es plötzlich von der Tür, Kaya betrat den Raum, warf sich ein Toast in den Toaster und hockte sich auf eines der Stühle. Ryu legte den Kopf schief und starrte sie und dann Alice verwirrt an. »Was zur ... war sie nicht ... tot?«

»I lived, bitch«, zitierte Kaya ein bekanntes Meme und hob ihre Hand zu einem Peace Zeichen, während immer noch ein Stück Toast aus ihrem Mundwinkel hing.

»Du warst tot«, wiederholte Ryu verärgert, konnte wohl nicht damit umgehen, wenn etwas gegen seine Erwartungen geschah.

»Hättest du wohl gern«, sagte Kaya mit einem bösen Blick. »Aber offensichtlich lebe ich noch«, fügte sie dann glücklich hinzu und trank einen Schluck Orangensaft, welchen Ryu für Alice hergerichtet hatte. Ryu zog es mit einem Mal von ihrem Mund weg und Kaya kleckerte ihr ganzes Oberteil voll vor Schreck. »Spinnst du??«

»Der ist für Alice«, brummte er genervt und stellte das Glas auf die andere Seite des Tisches.

»Das kann man auch normal sagen!«

»Ja, Ryu, das kann man auch normal sagen«, stimmte Alice zu und stupste ihn leicht an, denn sie fand es nicht in Ordnung, dass er so mit Kaya umging.

Grummelnd wandte sich Ryu ab und tat die Pfannkuchen, welche er für Alice gemacht hatte, lustlos auf einen Teller. »Ich lasse mir nichts von einer lebenden Leiche sagen«, sagte er dann und sah Kaya verärgert an.

»Ach Ryu, das soll aber nicht so enden wie mit Yuki, oder? Jetzt sei doch nicht son Miesepeter!« Alice hockte sich neben ihn und kickte ihm leicht mit dem Ellenbogen in die Seite.

»Wie auch immer«, meinte er nur. »Du hast noch nicht offiziell auf meine Frage geantwortet.«

Alice sah nachdenklich durch die Luft, während sie am ersten Pfannkuchen abbiss. Es war eine verführerische Vorstellung mit ihm alleine zu wohnen. Nie wieder würden sie gestört werden, sie wären immer allein zusammen ... Aber Kaya wäre auch allein. »Ich ... überlegs mir. Aber ich tendiere zu nein.«

MaliceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt