Kapitel 20

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Alice versuchte panisch ihn wieder aufzuwecken, rüttelte an ihm, rief seinen Namen, bis Alois den Raum betrat. »Alice. Weg«, sagte er knapp und sie stolperte beinahe schon zur Seite um ihm Platz zu machen. »Ich krieg das hin«, sagte er, während er das ganze Zeug auspackte. »Ich krieg ihn wieder hin. Beruhige dich, Alice. Alles wird gut.«

»A-aber sollte er nicht lieber in ein Krankenhaus?«, fragte sie unsicher, konnte sich nicht vorstellen, dass Alois alle Instrumente besaß, um Ryu wieder zusammenzuflicken. Doch Alois antwortete bereits nicht mehr, hatte aus seinem riesigen Arztkoffer allerlei Dinge herausgeholt und Alice drehte sich weg, konnte es nicht mit ansehen.

»Alice«, sagte Alois nach einer kleinen Ewigkeit. »Ich bin fertig. Er wird's packen.«

Alice drehte sich um, brach beinahe in Tränen aus, als sie einen nun ruhig schlafenden Ryu auf dem Bett sah. »Danke, Alois. Danke.«

Erschöpft ließ er sich auf den Boden plumpsen und seufzte laut. »Kein Ding.«

»Ryu?«, sagte sie leise und weinerlich, als sie sich neben ihn setzte und strich ihm die verschwitzten Strähnen aus dem Gesicht.

»Er braucht ein bisschen Ruhe. Am besten du lässt ihn erst mal schlafen«, erklärte er, als er wieder aufstand und sein ganzes Zeug zusammenpackte.

»I-Ich kann aber schon bei ihm bleiben, oder?«, schluchzte sie.

Alois lächelte müde. »Klar doch.«

Erleichtert seufzte sie auf. »Danke, Alois. Wie kann ich das jemals wieder gut machen?«

»Ryus Geld regelt das schon, Alfred«, lachte er und tätschelte ihren Kopf.

Sie sah schmollend auf. »Ich heiß nicht Alfred.«

»Weiß ich doch, Alfred.«

»Hey«, sagte sie, musste aber dennoch lachen, auch wenn es ziemlich hilflos klang nach all dem und ihr immer noch Tränen übers Gesicht liefen.

»Also«, sagte er dann. »Ich lass Schmerzmittel da. Falls was ist ruf mich an. Wir sehen uns.«

Alice nickte und winkte ihm noch zu, als er schon zur Tür raus lief. Dann legte sie sich seitlich neben Ryu und sah ihn eine Weile an, verhinderte den Gedanken daran wie es wohl wäre plötzlich ohne ihn leben zu müssen und wischte sich noch eine Träne weg, bevor sie sich vorsichtig an ihn kuschelte. »Gute Nacht, Ryu«, flüsterte sie leise und schlief ein.

Als sie einige Stunden später morgens aufwachte, war die Stelle neben ihr leer. »Ryu?«, rief sie panisch. Wo war er denn hin in seiner Verfassung? Doch nachdem sich die erste Panik gelegt hatte hörte sie stetiges Rauschen aus dem Bad und atmete erleichtert auf. Er nahm nur eine Dusche ... aber schaffte er das überhaupt?! Gestern Nacht wäre er beinahe gestorben, der Junge sollte sich mal ausruhen!

Alice lief ungeduldig durch den Raum und zuckte bei jedem lauteren Geräusch aus dem Bad zusammen. Bis die Dusche sich endlich abstellte und sie gespannt zur Tür schaute, hoffend, dass es ihm gut ging.

»Ryu?«, fragte sie nochmal besorgt direkt an der Tür, doch es kam keine Antwort. Kurz danach aber öffnete sich die Tür und sie trat einen Schritt zurück.

»Alles gut, Kleine«, sagte er, als er sich nur im Handtuch aus dem Bad quälte und sich ein wenig erschöpft gegen die Wand lehnte.

»Gott, warum musstest du unbedingt jetzt duschen?«, fragte sie fast schon wieder weinerlich, als sie den durchnässten, blutverschmierten Verband um seine Taille anstarrte.

Ryu lächelte schwach und schnappte nach ihrer Hand. »Komm her«, sagte er sanft, zog sie an sich ran und drückte sie fest, aber trotzdem noch schwächer als sonst.

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