Kapitel 13

250 12 0
                                    

Am nächsten Morgen wachte sie alleine in Ryus Zimmer auf und zerknüllte vor Wut den Laken unter sich in ihrer Faust. Ihr Hals schmerzte so sehr, dass sie nicht reden konnte, kein Laut wollte aus ihr herauskommen. Sie hasste ihn. Sie hasste ihn so abgrundtief ...

Ihr Blick schnellte zum Fenster, doch sie seufzte innerlich. Es hatte doch alles keinen Zweck mehr. Sie war verloren.

Als sie barfuß und mit zerzausten Haaren aus dem Zimmer tapste, war alles still. Es war ihr egal, was Ryu denken würde, wenn sie nicht mehr im Zimmer war und ihr Hals schmerzte wie die Hölle, sie brauchte dringend etwas gegen die Schmerzen. Also lief sie ziellos durch das Gebäude, mit dem Ziel, das Krankenzimmer zu finden, stieß aber vorher auf Lui.

Seine Augen waren rot, als hätte er geweint, doch er schenkte ihr trotzdem ein Lächeln. »Na, alles klar?« Sie schüttelte den Kopf und deutete auf ihren Hals. Konnte ja nicht sprechen.

»Oh.« Er starrte einige Sekunden lang die roten Abdrücke an. »Brauchst du was? Ne Schmerztablette oder Milch mit Honig oder so?« Sie nickte begeistert und wagte es, ihn ebenfalls anzulächeln. Er winkte mit dem Kopf in die andere Richtung. »Komm mit.«

Ein paar Gänge weiter fanden sie die Küche und Alice ging direkt auf den Teekocher zu und schaltete diesen ein.

»Doch ein Tee?«, fragte er und holte Honig aus einem der Schränke. Sie nickte nur. Lui machte ihr einen Kamillentee und verschwand dann aus der Küche. Einige Momente später kam er mit einer Packung Schmerztabletten wieder, dessen Verpackung er sich ordentlich durchlaß und beinahe gegen eine Tür gelaufen wäre.

Er fluchte leise. »Böse Tür«, sagte er dann zur Tür. Alice hätte am liebsten gelacht, aber das tat zu sehr weh, weswegen sie den Kopf schief legte, wie um zu fragen, ob es ihm gut geht.

Er winkte ab und reichte ihr zwei Tabletten. »Nimm erstmal die. Die Packung kannst du behalten, aber du darfst nur alle 8 Stunden je zwei nehmen sonst wird's wohl gefährlich.«

»Danke«, flüsterte sie bemüht und nahm die Packung entgegen. Lui starrte nur ganz kurz auf ihre zitternden Finger, dann auf sie, doch sie wandte schnell den Blick ab.

»Geht's dir sonst gut?« Sie nickte schnell und versteckte ihr Gesicht hinter ihrer warme Tasse Tee, die ihre Finger aufwärmte. Lui ließ sich auf eines der Stühle neben ihr fallen und starrte die Wand an.

»Hast du ... sie gesehen?« Er sah sie nicht an, als er sprach. Erst, als sie nicht antwortete, aber das konnte sie ja auch gar nicht. Sie nickte bedrückt und deutete dann auf ihn, als Frage. Er nickte. »Ich hab sie weg gebracht ...«

Sie presste die Lippen aufeinander, weil sie sonst Angst hatte, sie würde wieder anfangen zu weinen. Doch es war schon zu spät. Die Tränen sammelten sich automatisch, als sie an Kaya dachte. Wo war sie jetzt? Hatten sie sie wenigstens anständig begraben? Oder haben sie Kaya einfach irgendwo liegen gelassen? Sie schniefte und legte den Kopf in den Nacken, um irgendwie die Tränen zurückzuhalten. Am liebsten würde sie Lui fragen, aber sie hatte nicht mal mehr was zum Schreiben.

Lui starrte sie mit roten Augen an und atmete tief durch. »Hey«, sagte er leise. »Ich ... Ich hab sie nach Hause gebracht, okay? Ihre Eltern werden sie finden und ... begraben.« Alice wischte sich schnell die Tränen weg und nickte. Dann nahm sie ihren immer noch heiße Tee, exte die Hälfte der Tasse leer und stellte die Tasse mit einem lauten Seufzen wieder auf den Tisch.

Lui starrte sie mit großen Augen an und dann die Tasse, sagte aber weiter nichts und stand auf um eine Küchenrolle zu holen, mit der er sich wieder neben sie setzte, ein Stück abtrennte und es ihr in die Hand drückte, damit sie sich die Tränen abwischen konnte. Sie musste über die nette Geste lächeln, und obwohl es gar nicht mehr nötig war, wischte sie sich über die Augen.

MaliceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt