Kapitel 12

251 12 0
                                    

Sie reckte ihm herausfordern ihr Kinn entgegen, die Tränen liefen immer noch pausenlos über ihre Wangen.

»Dann auf, worauf wartest du noch?«, fragte sie wütend, ihre Stimme zitterte dabei. »Das Schlimmste, was hätte passieren können, ist passiert. Ich habe keine Angst vor dir.«

Mit einem einzigen Schubs hatte er sie gegen die Wand befördert, knallte jetzt seine Hand neben ihren Kopf und kesselte sie ein. »Du glaubst das war das Schlimmste?« Er legte seinen Kopf schief, als sie nicht antwortete und nur nervös schluckte. Er würde sie nicht umbringen. Das war das Schlimmste, was passieren könnte nach Kayas Tod. Er hatte keine Macht mehr über sie. Sie hatte keine Angst vor ihm.

»Dann zeig mir doch was das Schlimmste ist. Worauf wartest du noch? Willst du mich wieder schlagen? Willst du mich wieder ersticken? Dann mach's eben!« Er schlug neben ihrem Kopf fest gegen die Wand und sie zuckte zusammen. Und obwohl sie am ganzen Körper zitterte und Angst hatte, vor dem, was er als nächstes tun würde, provozierte sie ihn trotzdem weiter.

»Ist das alles?« Kaum hatte sie es ausgesprochen, drückte seine Hand wieder an ihrem Kinn, und dann tiefer, an ihrem Hals. Sie lachte hysterisch unter Tränen. »Wow. Ich hab mehr erwartet, Arschloch.«

»Sieht so aus«, fing er an und drückte immer fester zu, »als hättest du vergessen, wer hier das Sagen hat.«

Einige Zeit lang noch ließ sie es zu, doch als der Griff um ihren Hals immer fester wurde spürte sie langsam, wie ihren Lungen die nötige Luftzufuhr fehlte und in ihrem Kopf wurde es langsam schummrig. Mit ihrer Hand umklammerte sie Ryus Handgelenk, da sie keinen Sauerstoff verschwenden konnte, doch er starrte nur aus kalten, unbarmherzigen Augen auf sie herab. Sie bohrte ihre Nägel in seine Haut, doch es brachte nichts, in ihrem Kopf begann es langsam weiß zu werden und sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Hilflos versuchte sie ihm auf den Fuß zu treten, ihn irgendwie abzuhalten, doch er hatte sie so im Griff, dass sie sich nicht rühren konnte.

»R...u«, presste sie hilflos hervor, kratzte weiter hilflos auf seiner Haut herum, doch sie konnte nichts tun. Nicht einmal sprechen. Oder sich entschuldigen, wenn sie das überhaupt tun würde. Und als alle Kraft langsam ihren Körper verließ und sie spürte, wie ihr Bewusstsein sie langsam verließ, ließ er sie endlich los. Sie fiel zu Boden, schnappte mit hochrotem Kopf nach Luft und hielt sich die Hände am Hals, der noch rote Abdrücke von seinem festen Griff hatte. Als die Röte endlich langsam ihr Gesicht verließ kniete er sich neben sie hin.

»Und?«, fragte er, hörte sich selbst sogar ein kleinen wenig erschöpft an. Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht, während sie sich die Seele aus dem Leib hustete. »Ist dir jetzt wieder eingefallen, wer das Sagen hat?«, fragte er barsch.

Sie nickte, da sie Angst hatte zu reden - mal abgesehen davon, dass ihr Hals viel zu sehr schmerzte, um anständige Worte hervorzubringen.

»Ich höre?« Sie sah ihn an und deutete schwer mit dem Kinn zu ihm, doch er schüttelte den Kopf. »Sag es mir.«

Tränen liefen ihr über die Wangen, denn ihr Hals schmerzte so sehr, er brannte wie die sieben Höllen zusammen, doch sie wollte ihm nicht nicht gehorchen. »Du«, brachte sie irgendwann heiser heraus, woraufhin sie noch stärker husten musste.

»Na also«, sagte er und strich ihr wieder durch die Haare, fast schon fürsorglich, als wäre nichts passiert. »Geht doch.« Er schlang seine Arme um ihre Taille und hob sie hoch. Sie schluchzte immer noch stark und zitterte vor Angst, hielt sich aber trotzdem reflexartig an seinen Schultern fest, weil ihre Glieder so schwach waren. Ryu strich ihr eine Träne von der Wange. Sie hob den Kopf und sah ihn abwertend an, traute sich aber doch nicht etwas zu sagen.

MaliceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt