Kapitel 29

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Wir lösten uns voneinander und er schaute mich mit einem Lächeln im Gesicht an. Der Moment weilte jedoch nicht lange als zwei weitere Leute den Garten betraten.
Ich erkannte Reyhan, an seiner Seite ein männlicher Begleiter, dem eine schwarze Augenbinde angebunden wurde. Demnach zu urteilen schien er nicht vom Palast zu sein. Denn nur männlichen Außenstehenden außerhalb des Palastes wurde es nicht gestattet auf die Sultans und den Harem vom Sultan auch nur einen Blick zu werfen.
Ahmed gab mir mit kurzen Worten zu verstehen dass ich mich wieder zurückziehen solle. Ich verabschiedete mich und ließ ihn hinter mir. Ich ging geradeaus an Reyhan und dem Jungen vorbei, bis ich eine Stimme hörte

"Wo befinden wir uns?" er klang eindeutig verunsichert.

Ich hielt inne.
Diese Stimme.
Ich kenne ihn von irgendwo.
Ich blickte über meine Schulter wieder zurück, doch ich konnte nichts erkennen. Reyhan forderte ihn mit einer Bewegung auf in die Knie zu gehen. Ich dachte angestrengt darüber nach doch in meinem Gedächtnis erschien kein Gesicht, dem ich diese vertraute Stimme zuordnen konnte.
Ich gab es auf und schritt meinen Weg entlang wieder zurück zum Harem. Wie in Trance bewegte ich mich und konnte gar nicht so richtig fassen was vorhin zwischen mir und ihm passiert ist.
Schon alleine der Gedanke daran, ließ mich vor Freude wieder strahlen.
Kaum betrat ich den Raum, schien ich wieder in die Realität zurückgeholt worden zu sein. Cennet ließ mich überhaupt gar nicht mehr aus den Augen seit dem Zwischenfall.

"Wohin bist du verschwunden?" hakte sie fragend nach.
"Ich war bei Sultan Ahmed" und wollte schon an ihr vorbei als sie mich an meinem Arm aufhielt. Ich war gezwungen mich wieder zu ihr umzudrehen. Auf einen Gespräch hatte ich jetzt wirklich keine Lust, vor allem nicht auf eine Standpauke.
Sie schaute mich abwägend an bevor sie mit ihrem Gesicht näher zu mir rankam und prüfend an mir roch.
Sie entfernte sich mit einem schelmischen Lächeln von mir
"irgendwas stimmt nicht mit dir. Ganz bestimmt nicht. Oder hast du etwa... am helllichten Tag?" und schaute mich wissend zu mir.
"Ah Cennet. Schäm dich. Sowas kann nicht sein. Es wird nicht passieren." Ich wandte mich weg von ihr und setzte mich auf den Diwan.
"Es ist schon, es ist schon" kam es neckend als Antwort von ihr.
Ich schaute nur grimmig rein.

Schon bald wurde ich wieder von Safiye Sultan zu ihr ins Zimmer gerufen. Ihre Haare lagen ihr nun offen um ihr Gesicht und sie sah so viel jünger aus ohne ihre Krone und ihr streng zurückgebundenen Haare. Die Nacht brach auch schon bald ein und sie setzte sich an einem Tisch auf denen bereits viele Pergametrollen ausgebreitet waren. Wahrscheinlich alles politische Geschäfte oder Gelegenheiten die das osmanische Reich betrafen. Sie nahm sich eine Feder tauchte es in Tinte und begann auf dem unbeschriebenen Blatt Pergament an in arabischen Schriftzügen zu schreiben. Ich bewahrte Ruhe, leistete ihr Gesellschaftlicher und schaute ihr dabei zu. Sie sah ermüdet aus, und dennoch ließ sie von all dem nicht ab. Ich beschloss ihr ein erfrischendes Getränk zu bringen. Auf einem runden Silbertablett schon reichte ich ihr das Glas hin. Sie schaute von ihrer Arbeit auf.
Im gleichen Moment schon betrat auch Cennet den Raum und ging mit eilenden Schritten auf uns zu.
"Cennet wo warst du und warum lässt du mich hier so lange warten?" kam es leicht aufgebracht von Safiye Sultan.
Cennet verbeugte sich
"Vergeben Sie mir, man hat mich damit beauftragt für die heutige Nacht einen Mädchen für den Sultan bereitzumachen."
"Einen Mädchen. Wen?" kam es schon hastig ohne auf meine Worte nachzudenken aus meinem Mund.
Cennet schaute mich mit einem warnenden Blick an. Augenblicklich verstummte ich. Es war mir nicht gestattet mich in diese Angelegenheiten einzumischen. Das wusste ich. Ich konnte mich einfach in Angelegenheiten die ihn betrafen nicht zurückhalten.
"Auf dem Weg hierhin habe ich Handan Sultan gesehen, sie war wieder in Halime Sultans Gemächern"  gab Cennet von sich.
Safiye Sultan nahm diese Information auf und dachte darüber nach
"Bis noch vor gestern waren sie beide wie verfeindet, jetzt jedoch scheint es als würden sich beide gegen uns verbünden" sie massierte sich die Schläfen und schaute zu mir.
"Anstatt dem ganzen hier nur zuzuhören mach mir eine Medizin. Mein Kopf ist kurz vorm explodieren"
Ich verbeugte mich und machte mich direkt an die Arbeit. Ich nahm das runde Silbertablett mit dem Getränk mit mir mit und ging von ihr weg. Cennet nahm mir es aus der Hand
"Ich werde es schon machen" gab sie leise bei.
Ich folgte ihr zu einem Tisch ein wenig weiter entfernt von ihr. Sie jedoch beauftragte mich mit einer anderen Aufgabe. "Geh in meinem Zimmer. Dort befinden sich dreckige Wäsche die zum waschen bereit stehen. Kümmere dich darum"
Ich schaute sie mit einer genervten Miene an. Meine Gedanken waren einzig und allein nur bei Ahmed.
Ich schaute über meine Schulter um, doch keiner schien uns zuzuhören.
"Wer ist das Mädchen, das für heute bereit gemacht wird? Mahfiruze?"
"Gott gib mir Geduld. Geh jetzt, komm schon geh" gab sie in einem genervten Ton bei.
Ohne mir eine Antwort darauf zu geben verschanzte sie mich aus dem Raum. Ich ging widerwillig raus, die dunklen Gänge entlang zu dem Quartier in denen sich in einem Flur die Zimmer der Bediensteten die in dem Palast arbeiteten aufreihten.
Ich öffnete die Tür die zu Cennets Zimmer führte.
Das Zimmer war klein. Ein Fenster durchflutete das Zimmer mit dem Mondlicht und ein Bett war mittig im Raum platziert. Mein Blick fiel schon direkt auf den Wäscheberg und ich machte mich direkt an die Arbeit. Ich nahm sie in meine Arme und kippte bei meiner Unachtsamkeit dabei etwas um. Etwas schepperte zu Boden. Ich legte die Wäsche auf das Bett und hob den Kerzenständer vom Boden und stellte ihn auf den Tisch. Als meine Hand jedoch den Teppich strich bemerkt ich eine Unebenheit und hielt inne. Ich klappte den rauen Teppich zur Seite und fand einen Stapel an zusammengefalteten Briefen vor mir.
Warum aber würde man diese hier verstecken?

Meine Neugierde siegte und ich nahm alle in die Hand. Ich faltete eines der Briefe auf. Mein Herz schien für einen Moment stehen zu bleiben. Ich öffnete jeden einzelnen doch meine Vermutung bestätigte sich. Keines meiner Briefe wurde auch nur abgeschickt.
Ich hatte ihr vertraut.
Ich war wie erstarrt. All diese Wochen über habe ich mich mit dem Gedanken beruhigt dass meine Familie von meinem Zustand wussten, dass sie wussten wie es mir geht. Das sie wussten das ich am Leben war.
Es war alles gelogen.
Die Briefe haben sie nie erreicht, sie waren die ganze Zeit über unter diesem Teppich verschanzt.

Ein neuer Tag und somit ein neues Kapitel. Ich hoffe ihr habt gut in den Tag gestartet.
Vielen Dank für die zahlreichen Kommentare unter den Kapiteln.
Fühlt euch alle gedrückt und bis zum nächsten Kapitel 💕
-HD-

Anastasia-The story of a Queen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt