Kapitel 34

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Ich ging die dunklen Gänge gedankenverloren entlang. Es war schon bereits wieder dunkel geworden. Am Eingang zu unseren Räumlichkeiten im Harem bemerkte ich das Dudu und ein weitere männlicher Aufseher, den ich zuvor noch nicht gesehen hatte standen und mich beobachteten.
Als ich den Raum betrat saßen alle Mädchen in ihren weißen Nachtkleidern an den Stufen und schienen auf eine bestimmte Person gewartet zu haben.
Sie alle standen auf als ich den Raum durchschritt und beobachteten mich. Ich schritt mit erhobenem Kopf an alle vorbei und ließ die Blicke auf mir schweifen, während ich die Treppen emporstieg und in mein Zimmer ging.
Die Tür wurde mir von einer Bediensteten geöffnet und ich ging in das Zimmer rein, welcher bereits mit vereinzelten Kerzen an kleinen Halterungen an der Wand angebracht
waren und das Zimmer beleuchteten.

Ich war nicht alleine.
Im hinteren Teil des Zimmers stand eine dunkle Gestalt mit dem Rücken zu mir gekehrt. Als ich dem näher kam, bemerkte ich die rötliche Kopfbedeckung die Gölge heute auf dem Kopf trug. Es war ähnlich dem eines Turban. Als sie sich umdrehte erkannte ich nun auch ihr Gesicht.
Sie war es tatsächlich.
Sie lächelte mich munter an und schaffte es auch mir ein kurzes Lächeln ins Gesicht zu zaubern.
Wenn ich hier einem vertrauen konnte dann war es sicherlich sie. Sie ist mir mittlerweile sehr ans Herz gewachsen. Ich ging weiter auf sie zu und setzte mich auf dem Diwan das vor eines der vielen Fenster angebracht war.

Als ich sie wieder anschaute nickte sie mir zu.
Was meinte sie damit?
"Zu was sagst du ja?" gab ich sichtlich verwirrt von mir.
Mit einer Handbewegung deutete sie an "fliehen"
Ich konnte es nicht glauben.
Gölge wollte mir helfen?!
Helfen von hier zu fliehen?
"Du willst mir helfen zu fliehen?" so aufgeregt wie ich über diese Nachricht war konnte ich nicht mehr stillsitzen und stand auf.
Sie nahm meine Hände in ihre um mich in meiner Vermutung zu bestätigen.

Gölge hatte mir versprochen am nächsten Morgen mich aufzufinden und darüber über den Plan genauer zu reden. Ich nickte ihr zu und legte mich zum ersten mal nach dem sie gegangen ist und nachdem ich mich umgezogen hatte mit einem leichteren Kopf zum schlafen.

Dieses mal werde ich es schaffen.

Die Sonnenstrahlen schienen ins Zimmer und ich wachte gut gelaunt auf. Sie würde mir helfen können. Ich war mir sicher dass sie Kontakte zu Leuten hatte, so lange wie sie im Palast schon war.
Ich aß etwas kleines zum Frühstück und machte mich bereit.
Nicht auch wenig später war Gölge schon bei mir.

Wir beide gingen die Gänge entlang, bis wir an der Wand ankamen, hinter der sich der versteckte Gang befand.
Anscheinend war ich nicht die einzige die von diesem Gang hier wusste. Das würde dann natürlich auch erklären warum sie mich so schnell vor dem ertrinken retten konnte. Gölge tätigte den Stein an der Wand und die Wand öffnete sich soweit um uns durchzulassen.
Ich gab ihr den Vorsprung und mit ihrer Größe war es nicht so einfach den Gang entlangzugehen.
Obwohl ich bereits zweimal hier war, war es unmöglich alle Gänge entlanggeschritten zu sein. Jeder einzelne von ihnen, jede einzelne Abneigung führte zu einem anderen Ort.
Es gleichte schon fast einem Labyrinth.
Wir kamen an einem Ausgang an, was von einem schwarzen Gittertor versperrt war. Dieser war jedoch nicht versperrt und gab nach etwas Kraft nach und führte uns nun zu einem etwas kleineren Gang.
Dieses mal musste auch ich meinen Kopf einziehen. Am Ende des Ganges bot uns eine hölzerne Tür, die jedoch verschlossen war.
Sie rüttelte daran, doch etwas von außen, ich vermutete eine Blockade verhinderte das öffnen.
"Wie hast du vor diese Tür zu öffnen?"
Sie schüttelte verneinend den Kopf.
Ich vermutete dass sie nicht in der dafür vorgesehenen Position war.
"Ich verstehe dass du es nicht kannst, aber wie sollen wir es sonst tun?"
Sie deutete mit dem Handzeichen dass es eine andere Person tun wird.
Ich befürchtete dass es einer aus dem Palast sein wird.
"Wer? Jemand von außen?"
Ein nicken folgte.
Schritte waren zu hören.
Sie kamen immer näher.
Ich schreckte hoch. Wenn uns jemand hier sehen wird, wird es eine harte Strafe für uns beide geben.
Mein Herz klopfte mir bis zum Hals.

Gölge stellte sich vor mich hin und bedeckte mich. Die Schritte und ein dazugehöriger Schatten bogen in den Gang ab in dem wir uns befanden.
Ich hielt mein Atem an.
Am Saum erkannte ich dass es ein Mädchen war.
Sie kam immer näher.

Es war Şaheste.
Doch was suchte sie hier?

"Şaheste?" fragte ich sichtlich verwirrt.
Mit großen Augen und einem gesenkten Blick kam sie auf mich zu und blickte mich an.
"Was machst du hier?" hakte ich nun nach.
Sie schaute erst auf den Boden und blickte mich nach einer Weile wie ein verängstigtes Tier an.
"Ich weiß dass du von hier entfliehen willst" kam es dann leise von ihr zurück

Mir stockte der Atem und ich wurde leicht panisch.
Wir waren aufgeflogen.
"Aber habt keine Angst, ich werde es keinem verraten. Ich schulde dir ein Leben. Bitte lass mich dir helfen"
Gölge und ich tauschten verwirrte Blicke aus.
Nach dem was sie mir gestern angetan hatte, war sie nun jetzt bereit mir zu helfen?
Ich wusste nicht ob ich ihr trauen sollte.

Sie versicherte uns erneut dass sie es keinem sagen würde und wir ließen sie vorerst ohne Antwort stehen, denn länger konnten wir hier nicht bleiben. So belebt wie der Palast am Tag war, so schnell würde schon bald einer den offenen Gang sehen und es melden gehen.
Wir beschlossen vorerst zurückzukehren und das weitere im Nachhinein zu besprechen. Ich hoffte darauf dass Şaheste wirklich ihren Wort hielt und unseren Plan zu entfliehen nicht auffliegen lässt.
Wir gingen wieder zurück zum Harem und ich verzog mich wieder zurück in meinem Zimmer.

Ich saß mich wieder hin und nahm einen runden Spiegel dass sich auf dem Tisch neben meinem Bett befand und schaute mir mein Gesicht an.
Ich strich mir durch die Haare, doch erst jetzt im kalten Tageslicht bemerkte ich wie viele Schnitte ich im Gesicht davongetragen hatte. Es waren mehr als sechs. Diese waren auf meinem Gesicht verteilt. Meine Stirn, Wange, Nase, Kinn sie alle jetzt zierten längliche Schnitte.
Die Tür öffnete sich ein weiteres mal und Cennet betrat gemächlich das Zimmer.
Ich legte den Spiegel zur Seite.
Nach unserer Auseinandersetzung und in diesem Zustand, war sie wirklich die letzte mit der ich reden wollte.
Sie setzte sich zu mir hin. In ihren Händen hatte sie einen Stoffbündel.
"Du bist ja wirklich die Favoriten des Sultans, selbst in so einem Zustand. Ich sage wirklich überhaupt nichts mehr dazu" gab sie neckend.

Ihre Kommentare über mein Aussehen konnte sie sich wirklich sparen. Doch ihrem Gesicht zu urteilen scheint ihr das Spaß zu machen mir noch mehr Salz in die Wunde zu streuen.
Ich wandte meinen Gesicht genervt von ihr weg.
"Es ist sehr weich, es sieht so aus als hätte er es von seinen feinen Seidenstoffen ausgewählt. Es ist wirklich wertvoll und noch sehr leicht dazu. Nimm es an"
Sie reichte mir den in ein schwarzen Stoff gekleideten Bündel entgegen.
Ich zögerte zuerst doch legte es dann neben mich ohne es zu öffnen.
"Was wartest du noch, öffne es doch" kam es schon ungeduldig von ihr.
Ich überhörte ihre Worte gekonnt und schaute leer durchs Zimmer.
Mit ihr hatte ich nichts mehr zu bereden.
"Oh Gott oh Gott. Mach dann eben was du willst" sie stand genervt auf und verließ das Zimmer.

Endlich.

Ich wartete einen Augenblick bevor ich mich dem Geschenk wendete.
Ich öffnete den Knoten und streifte den Stoff beiseite.
Es kam kein seidener Stoff, wie sie es vermutet hatte, sondern ein Blumenstrauß aus weißen Lilien.

Der geheime Garten.

Ich steckte mir eines der Lilien ins Haar und machte mich schnellen schrittens auf den Weg dorthin.
Die Sonne blendete mich wieder und ich hob eine Hand vor meinem Gesicht um mich dagegen abzuschirmen.
In der Mitte des Garten stand er und ich kniff meine Augen zusammen um ihn besser zu sehen.
Mein Herz setze immer einen Schritt aus, wenn ich in seiner Gegenwart war.
Ich kam ihm immer näher und legte meine Hand herab.

Seine Blicke trafen dem meinen, doch es war nicht Ahmed den ich hier antraf.
Mir schwirrten so viele Fragen im Kopf herum.

Ich hatte ihn so lange nicht mehr gesehen gehabt, hatte gedacht dass er mich vergessen hatte, doch nun stand er hier vor mir.

Es war Alexander.

Anastasia-The story of a Queen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt