Kapitel 6

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Ich wollte ihr nachlaufen, doch Cennet zog mich wieder am Arm zurück und zog mich in eine andere Richtung.
Wie groß war es denn hier eigentlich?
Wenn ich von hier raus möchte, ohne dass mir jemand helfen wird, musste ich mich in den Gängen dieses Palastes auskennen.Und das kann ich noch nicht.
Wir gingen eine steile Treppe hinab, die in einen weiteren Gang führte.
Durch die grossen Fenster strömte Licht hinein.

"Sprich du von Glück, dass unsere Safiye Sultan von ihrer guten Seite heute morgen aufgestanden ist.Ich werde dir die Knochen brechen, wenn du dich demnächst nicht zu benehmen weißt"sprach sie auf mich ein.

Sie hielt an eine der Türen an, die sie öffnen wollte als sie eine ältere Stimme daran aufhielt
"Cennet wohin bringst du sie?"
hinter uns stand eine Frau in einem langen lilanen Kleid, sie stand da mit strammer Haltung und stellte so ihre Macht über Cennet deutlich zur Schau.
"Es ist das Befehl von Safiye Sultan sie wird in einem getrennten Raum untergebracht"brachte Cennet zu ihrer Verteidigung wieder.

Ich guckte zwischen den beiden hin und her und mir schien aufzufallen, dass beide anscheinend getrennten Personen dienten.
Sie kam mit langsamen Schritten auf uns zu und ließ dabei Cennet nicht einmal aus ihren Augen.Als würde sie damit versuchen Cennet einzuschüchtern.
Es blieb erfolglos.
"Hier in diesem Palast gibt es nur einen Sultan und die ist Handan Sultan.Es wurde befohlen sie in die selben Räume zu begeben wie die anderen Mädchen.Gibt es da etwas was dir nicht passt, Cennet?"gab sie provozierend zurück.

Cennets Gesicht nach zu urteilen, schien ihr dies nicht zu gefallen, doch wie es scheint war diese Handan Sultan, von der sie sprachen die mächtigere von den beiden Sultans.

Wir gingen weiter und die ältere Frau begleitete uns.Wir kamen in einem großen Raum an, der hohe Decken hatte.Auf beiden Seiten war eine Stufe die zu den vielen Schlafplätzen auf dem Boden führte.Die vielen Mädchen die hier untergebracht waren, hielten in ihren Handlungen inne und guckten mit neugierigen Blicken zu mir.
Der neuen hier.

Die ältere Frau ließ ihren Blick über die Mädchen gleiten und rief nach einer von ihnen.
"Zeig ihr ihren Schlafplatz und du gehe dir danach Kleidung holen"wies sie mich an.
Sie wandte sich zum gehen, als Cennet sie aufhielt
"Dudu, mach von mir aus dass was du für richtig hälst, aber ich sage es dir, dieses Mädchen ist nicht gleichzusetzen mit all den anderen Mädchen hier im Raum.Safiye Sultan hat sie vom anderen Ende der Welt hierhergebracht.Sie ist ein persönlicher Geschenk an unserem Sultan"

Safiye hat mich also hier her bringen lassen.
Aber warum?Und warum ausgerechnet ich?

Die Mädchen warfen mir tödliche und neidische Blicke zu.
Um nicht ganz so verloren auszusehen hob ich meinen Kopf und guckte ihnen in die Augen.
Sie werden mich ganz bestimmt nicht ausstehen können.Ausgesucht habe ich mir dieses Leben hier aber nicht.

Cennet wandte sich mit ihrem ganzen Körper den Mädchen zu.
"Ihr alle sollt von nun an das so wissen und benehmt euch dementsprechend ihr gegenüber"
Sie raffte ihren Kleid hoch und stolzierte davon.
Dudu, die ältere Frau, ließ ein letztes Mal ihr Blick über uns gleiten, bevor sie Cennet nach draußen folgte.

Ich ließ meinen Blick über all die Mädchen gleiten, die auf beiden Seiten des Raumes aufgereiht waren, doch sie alle entgegneten mir mit dem selben Blick.
Hass und Neid.
Und ich wusste es wird hier für mich nicht leicht werden.

Den ganzen Tag verbrachte ich damit mir die nötige Kleidung aus dem Palast zu holen und die Mädchen zu beobachten.Keiner von ihnen näherte sich mir.
Sie tuschelten in kleineren Gruppen und warfen mir immer wieder hasserfüllten Blicke zu.

Was haben die alle nur gegen mich?
Ich habe es ja nicht gewollt in einer höheren Position zu stehen als sie und bevorzugt zu werden.Können sie das denn nicht verstehen und sehen?
Anscheinend nicht.

Es wurde Nacht und jeder zog sich um.Man gab mir einen weißes Kleid für die Nacht, die ich mir anzog.Ich schnürte es vorne am Dekolleté zu.
Dienerinnen in einfachen blau-weißen Gewändern kamen in den Raum und zündeten Kerzen und Öllampen an.
Sie warfen den großen Raum in ein schwaches warmes Licht.

Ein Mädchen mit braun gewellten Haaren kam mit einem Korb mit Wäsche auf mich zu und stellte es auf ihrem Bett, was neben meines war.Sie guckte mich arrogant an und betrachtete mich eine Weile bis sie ihre Nase kräuselte und eine Bemerkung über mich abgab
"Du wurdest also für unseren Sultan hier her gebracht?Du siehst noch nicht Mal nach etwas besonderem aus"und fiel dabei in einem provozierenden lachen.
Ich ließ mich nicht darauf ein und blieb ruhig.

Den anderen Mädchen im Raum weckte dies die Aufmerksamkeit und jeder beobachtete uns.
"Im Harem gibt es so schöne Frauen, hatten die denn nur sie gefunden?"
Ich legte mich hin und zog mir die Decke bis zum Kinn
"Ich wollte es nicht, von mir aus kann der Sultan euch gehören"

Die Mädchen warfen sich Blicke zu bevor einer von ihnen wieder anfing zu reden
"Achh wir wollten es doch auch nicht.Hast du ihn denn gesehen?"
Ich schüttelte meinen Kopf
"Wenn du ihn ja sehen solltest, erschrecke dich bloß nicht, okay.Wenn du Angst vor ihm kriegst, wird er dich nur noch mehr bedrängen"
"Ich habe keine Angst.Vor niemanden"brachte ich entschlossen hervor.
Was für einen Person scheint er denn zu sein, dass jeder so von ihm redet.
Ein bisschen mulmig wurde mir dabei schon.

"Es gab da Mal ein jüngeres Mädchen vor dir, sie war ihm begegnet und sie hatte sehr viel Angst vor ihm"
Ich rappelte mich auf und Stütze mich an meinem Ellbogen ab.Was wollen die mir damit sagen?

"Was für ein kleines Mädchen?"
"Schhht sei nicht so laut.Man könnte dich hier hören.Das was ich dir jetzt sage bleibt jetzt unter uns hast du mich verstanden?"
Ich nickte mit meinem Kopf.

Die Mädchen die uns zuhörten, verfielen in ein leises Gekicher und hörte auch genauso schnell wieder auf.
Irgendwie will ich dem ganzen hier kein Glauben schenken.
Das scheint mir einfach zu absurd.

"Der Sultan, möge Gott ihm langes Leben schenken, ist ein bisschen gewichtig und sehr alt.Frag nicht was wir alles so über ihn gehört haben"

Immer mehr Mädchen versammelten sich um uns und bestätigten ihre Aussagen mit dem Nicken ihrer Köpfe.

"Er soll wohl sehr viel gefallen an jüngere Mädchen haben. Mädchen wie du.Ihm gefällt es wohl wenn sie vor ihm zurückschrecken und keiner von ihnen kam wieder lebend zurück.Er soll sehr gewalttätig und brutal sein"

Das kann nicht einfach wahr sein.
Sie lügen gerade, oder???!

"Gibt es denn gar keinen Ausweg ihm auszuweichen?"

"In der Tat, das gab es.Da war so ein Mädchen, sie hatte es aus Glück geschafft, die Nacht zu überstehen und ist dann einfach verschwunden und man hat nie mehr wieder etwas von ihr gehört"

Ich legte mich wieder schlafen und die anderen Mädchen taten es mir nach.
Ich hatte alles erwartet, aber nicht so einen blutrünstigen und gewalttätigen Herrscher der sich an der Angst jüngerer Mädchen gefallen lässt um sie dann am Ende umzubringen.

Ich bin gestorben.Zu hundertprozent.Denn schon bald werde ich ihm gegenübertreten und ich weiß nicht was dann mit mir passieren wird.

Anastasia-The story of a Queen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt