Kapitel 37

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Der Moment hielt nicht lange an.
Ein Räuspern erfolgte und wir lösten uns voneinander.
Es war Handan Sultan, Ahmed's Mutter.
Wir beide standen auf und ich entfernte mich mit ein paar Schritten und einem gesenkten Blick von seiner Seite. Ich grüßte Handan mit einem Knicks.
"Ich denke ich kam an einem ungünstigen Zeitpunkt" ihren missachtenden Blick auf mir ließ ich dabei nicht unbemerkt.
"Du bist willkommen Mutter" entgegnete Ahmed.
Handan Sultans wartender Blick lag immernoch auf mir und ich verstand ihre Aufforderung eindeutig.

Da ich beide in ihren Gesprächen nicht stören wollte verabschiedete ich mich von beiden und entfernte mich.
Ahmeds Lächeln lag dabei immernoch auf mir.
Wenn er nur wüsste.
Wenn er doch nur wüsste das diese unser letzter Moment war, würde er immernoch so zu mir schauen?

Als ich mich in seinem Zimmer befand drehte ich mich ein letztes mal um und versuchte mir sein Gesicht einzuprägen.
Ich wusste es würde irgendwann dazu kommen, doch dass es so schwer sein würde hätte ich jetzt, da die Zeit gekommen ist, nie gedacht.
Als ich mich aus seinem Blickfeld entfernte, ging ich auf seinen Arbeitstisch zu und holte den Brief aus meinem Ärmel hervor.
Ich legte ihn sichtbar auf den Tisch und stellte einen Kerzenständer drauf.
Mit einem letzten Blick schaute ich mich im Zimmer um und schritt anschließend zur Tür.

Es ist die richtige Entscheidung Anastasia.
So sollte es immer gewesen sein.
Du gehörst zu deiner Familie nicht hierher.

Die Tür wurde mir nach einem klopfen geöffnet.
Ich ging die Fluren entlang und traf auch schon bald auf Gölge die hinter einer Wand auf mich gewartet hatte.
'Hast du den Brief hingelegt?'
Ich bejahte ihre Frage mit einem Nicken.
Sie reichte mir einen dunklen Umgang den ich mir umlegte. Die Kapuze zog ich dabei soweit es geht ins Gesicht.
Sie Schritt voraus und ich eilte ihr wenig später nach.
Je mehr wir uns unserem Ziel näherten umso mutiger und entschlossener wurde ich.
Meine Entscheidung stand fest.
Als wir endlich den geheimen Gang betraten und an der verschlossenen hölzernen Tür ankamen, klopfte mir das Herz bereits bis zum Hals.
So wie wir es besprochen und geplant hatten, sollte Alexander auf der anderen Seite der Tür auf uns warten, diese öffnen um uns den Weg freigeben.
Ich atmete tief auf und klopfte an.

Einige Sekunden vergangen, doch es kam nichts.

Ich bin mir sicher.
Alexander hatte es mir versprochen.
Er wird rechtzeitig da sein.

Auf Gölge's Gesicht sah ich schon Misstrauen.
"Du brauchst gar nicht so zu schauen Gölge. Alex hatte es mir versprochen. Er wird sicherlich erscheinen"

Ein weiteres klopfen meinerseits... Doch wieder kam keine Antwort.

So langsam machte auch in mir sich die Nervosität breit.
"Komm schon Alex, wo bist du?"
Meine Stimme nahm schon einen verzweifelten Ton an.
'Lass uns gehen er wird nicht mehr erscheinen' kam es signalisierend von Gölge.
"Lass uns bitte noch ein wenig warten. Ich flehe dich an."
"Es geht nicht. Wir müssen jetzt von hier raus"
Auch wenn ich es nicht zugeben wollte sie hatte recht.
Ich versuchte es ein letztes mal.
Doch auch jetzt kam nichts.
"Wie konnte ich auch nur so naiv sein und ihm vertrauen"

Gölge nahm mich an dem Arm mit und begleitete mich wieder zurück zum Ausgang.
Ich legte die Kapuze ab.
Die Flucht war gescheitert.
Meine Gedanken gingen plötzlich zu einer Stelle des Abends.

Der Brief!!!

Er lag immernoch auf dem Tisch. Ich muss es holen gehen bevor Ahmed es zur Gesicht bekommt.
Ich hielt Gölge mit einem festen Griff am Arm auf.
"Der Brief! Ich muss ihn holen gehen bevor er es liest. Wenn er es schon gelesen hat, werde ich nie mehr in der Lage sein von hier zu entkommen"
Kaum tat ich einen Schritt so hörte ich auch meinen Namen.
Es war Bülbül. Safiye Sultans rechte Hand.

Nicht jetzt, so bitte nicht jetzt.

"Wo warst du die ganze Zeit?"kam schon die erste Frage
Ich schaute unsicher zu Gölge.
"Ich habe nach dir überall gesucht. In deinem Zimmer warst du nicht und keiner wusste wo du warst. Was eigentlich soll dieser Aufzug?" kam es mit einer Handgeste deutend auf den Umgang.
"Ich war im Garten nach den Blumen schauen" gab es locker über meine Lippen.
"Im Garten warst du also. Wirst du also in diesen Kleidern vor dem Sultan erscheinen?"

Der Sultan? Ahmed?!
"Der Sultan?" kam es lauter und fast schon panisch von mir.
"Ja der Sultan. Er hat nach dir gefragt. Du sollst im Garten erscheinen. Soll ich ihn jetzt extra wegen dir warten lassen? Diese Kleidungen wirst du ihn jetzt selber erklären müssen, denn wir haben keine Zeit mehr"
Mit einem Schnipser zeigte er auf einer der männlichen Bediensteten hinter ihm.
"Du, begleite sie bis zum Garten"
Mit einer Geste, deutete der Bedienstete mir den Vorsprung zu bilden.

Als ich im Garten ankam, würde ich umso nervöser, denn nicht Ahmed war hier sondern Reyhan war es den ich ihm im ersten Blick sah.
Als ich mich umschaute, bemerkte ich, dass auch der Bedienstete, der mich bis hierhin begleitet hatte nicht mehr anwesend war.
Ein unwohles Gefühl machte sich in mir breit.
Irgendetwas in seinem Blick hatte sich geändert, doch ich konnte nicht deuten was es war.
Er deutete mir weiter zu gehen und zeigte auf seine linke Seite.
Als ich niemanden ausfindig machen konnte wurde ich panischer.
Meine Handflächen begannen zu schwitzen und meine Atmung wurde flacher.
"Ahmed... Ahmed" kam es schon verängstigend von mir.

Irgendwas war hier eindeutig falsch. In meiner Magengegend legte sich ein mulmiges Gefühl.
Kaum hatte ich diesen Gedanken gehabt, da spürte ich die Präsenz von Reyhan direkt hinter mir.
Die Haare stellten sich an meinem Nacken auf und ich versuchte Abstand zu gewinnen, doch er zog mich an sich und hielt mir mit der einen Hand den Mund zu.
Meine Hilfeschreie wurden von seiner Hand gedämpft. Ich versuchte mich mit beiden Händen zu befreien, doch sein Griff war viel zu stark.
Sein Mund kam meinem Ohr immer näher.
"Ich habe deine Brief gesehen und weiß auch dass du dich sehr wohl an alle Sachen erinnen kannst. Du bist ein schlaues Mädchen... hättest du damals geredet hätte ich keine weitere Sekunde gezögert und dir bereits dort das Leben genommen. Doch das Ende wird diese mal nicht anders sein, denn du bist nunmal zu einem Stein in meinem Weg geworden, den ich nun mal loswerden muss. Jetzt geh!"
Mit diesen Worten zog er mich immer weiter zu der Mauer, hinter der es meterweit nach unten ging.
Den Sturz würde hier keiner überleben.

"Ich werde dich vernichten" kam es zischend von ihm.

Panische Angst machte sich in mir breit. Ich werde nicht erlauben dass es so enden wird.
Mit einer Hand Griff ich an seinem Ohrring, dass sich an seinem rechten Ohr befand und riss ihn herunter.
Ein schmerzvoller Schrei brachte ihn endlich dazu, mich loszulassen.
Kaum hatte ich mich befreit, schloss er seine Hand wieder um meinen Hndgelenk und zog mich wieder zu sich.

Seine Augen loderten vor Wut und er drückte mich mit seinem Gewicht an den Rand des Abgrundes und drückte mit seiner Hand an meinen Hals. Mit zuwachsendem Druck, fiel mir das Atmen immer schwerer und mir tanzten schon bald schwarze Punkte vor meiner Sicht.

Nicht schon wenig später hüllte mich die mir bekannte Dunkelheit ein.

Anastasia-The story of a Queen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt